Arzneimittel und Therapie

Transparenz ohne Konsequenz

Kritik am Umgang mit Interessenkonflikten von Leitlinien-Autoren

jb | Leitlinien-Autoren müssen ihre Interessenkonflikte offenlegen. Das wird in der Praxis auch weitestgehend so gehandhabt. Organisationen wie MEZIS, Transparency Deutschland und NeurologyFirst geht das allerdings nicht weit genug. Sie fordern, dass Interessenkonflikte von Leitlinien-Autoren nicht nur erklärt, sondern auch reguliert werden müssen.

Die Kernforderungen lauten:

  • Mindestens 50% der Leitlinien-Autoren dürfen keine (oder allenfalls geringfügige) Interessenkonflikte haben – langfristig soll dies für alle Autoren und Autorinnen gelten.
  • Der federführende Autor darf keine Interessenkonflikte haben.
  • Zur Bewertung der Schwere von Interessenkonflikten werden Regeln erarbeitet.
  • Autoren müssen sich bei Abstimmungen enthalten, wenn ein Interessenkonflikt besteht.
  • Entwürfe von Leitlinien müssen in der Fachgesellschaft breit diskutiert werden.

Aktueller Anlass für diese Forderungen ist die AWMF-Leitlinie „Sekundärprävention ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke“, an der Vertreter von 19 Fachgesellschaften und Verbänden beteiligt waren. Die Leitlinie, so heißt es in einer Pressemeldung, entspreche dem höchsten methodischen Niveau S3. Die Interessenkonflikte der Leitliniengruppe würden transparent beschrieben, jedoch keine ausreichenden Konsequenzen gezogen. Zu diesem Vorwurf führen MEZIS und Co. auch ein konkretes Beispiel an. Die Leitlinie empfehle beispielsweise den bevorzugten Einsatz der neuen oralen, deutlich teureren Antikoagulanzien gegenüber den herkömmlichen Vitamin-K-Ant­agonisten. Die Entscheidung sei mit zehn zu neun Stimmen bei vier Enthaltungen äußerst knapp ausgefallen. Unter den 23 stimmberechtigten Mitgliedern der Leitliniengruppe gaben 16 Interessenkonflikte wie Beraterverträge mit den Herstellern oder Vortragshonorare an. Zwar wisse niemand, ob die finanziellen Beziehungen zur Industrie die Entscheidung tatsächlich beeinflusst haben, sie seien aber als Risiko für eine Beeinflussung anzusehen, heißt es in der Meldung. Dies wecke Zweifel an der Glaubwürdigkeit einzelner Empfehlungen. |

MEZIS

MEZIS steht für „Mein Essen zahl ich selbst“. Die Organisation engagiert sich für eine Industrie-unabhängige Medizin.Gemeinsam mit Transparency Deutschland und NeurologyFirst startet sie nun eine Kampagne, um die Unabhängigkeit von Leitlinienempfehlungen zu sichern. Adressat sind die medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland und ihre Dachorganisation AMWF.

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