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Arzneimittel und Therapie
„Metaanalysen sind nicht beweisend für einen Sachverhalt“
Kardiovaskuläre Sicherheit der Antidiabetika ist ein Dauerthema. Die vor Kurzem veröffentlichte TECOS-Studie zeigte, dass Sitagliptin weder positive noch negative Effekte auf das kardiovaskuläre Risiko hat. Nun zeigt die weitere Auswertung einer anderen Studie (SAVOR) Auffälligkeiten bei der Anzahl an Todesfällen unter Saxagliptin verglichen mit der Kontrollgruppe (siehe auch Beitrag zu Gliptinen auf Seite 22). Auch bei einer weiteren Wirkstoffgruppe, den Sulfonylharnstoffen, gibt es Ergebnisse die Fragen aufwerfen. Während eine Metaanalyse vor zwei Jahren sowohl eine erhöhte Gesamtmortalität als auch eine erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit unter Sulfonylharnstoffen zeigte, sieht eine aktuelle Auswertung, die vor Kurzem beim Kongress der American Diabetes Association (ADA) vorgestellt wurde, diesbezüglich keine Risikoerhöhung. Wir haben Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), gebeten, die Lage zu bewerten.
DAZ: Gibt es in Ihren Augen Hinweise, was der Grund für die abweichenden Ergebnisse bei den Gliptinen sein könnte? Gibt es Unterschiede zwischen den Substanzen, die tatsächlich ein unterschiedliches Risiko begründen, oder signifikante Unterschiede im Design von TECOS und SAVOR, die Verzerrungen oder Zufallsbefunde begünstigen könnten?
Gallwitz: Alle drei kardiovaskulären Sicherheitsstudien mit DPP-4-Inhibitoren, die veröffentlicht sind (EXAMINE für Alogliptin, SAVOR-TIMI 53 für Saxagliptin, TECOS für Sitagliptin) haben bezüglich des primären Endpunkts (kardiovaskuläre Sicherheit gemessen an einem zusammengesetzten Endpunkt aus unterschiedlichen kardiovaskulären Ereignissen) die diesbezügliche Sicherheit für diese DPP-4-Inhibitoren gezeigt. Es ist derzeit noch nicht geklärt, ob die unter Saxagliptin vermehrt aufgetretenen Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz, die nicht mit einer erhöhten kardiovaskulären Sterblichkeit verbunden waren, und in den anderen Studien nicht beobachtet wurden, auf Unterschieden in den Studiendesigns der einzelnen Studien oder auf Unterschieden der jeweiligen DPP-4-Inhibitoren beruhen oder ein „Zufallsbefund“ sind. Dies müssen weitere Untersuchungen klären. Die Untersuchungen zur erhöhten Sterblichkeit durch Infektionen unter Saxagliptin müssen ebenfalls abgewartet werden.
DAZ: Kardiovaskuläre Sicherheit ist auch bei anderen Wirkstoffgruppen der Antidiabetika ein Thema. So kommt eine Gruppe um Dr. Dimitris Rados in ihrer Metaanalyse im Gegensatz zu früheren Untersuchungen zu dem Schluss, dass kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko durch Sulfonylharnstoffe besteht. Wie ist diese Metaanalyse zu bewerten? Wird sie zu einer Rehabilitation dieser Wirkstoffgruppe beitragen? Auch vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, die es in Deutschland mit den neuen Antidiabetika durch die Nutzenbewertung gibt.
Gallwitz: Die Metaanalyse von D. Rados hat insgesamt 47 Studien mit einer jeweiligen Studiendauer von mehr als 52 Wochen zusammengefasst und in der Gesamtanalyse keinen signifikanten Unterschied in der kardiovaskulären Mortalität für die 2. und 3.-Generations-Sulfonylharnstoffe (Glibenclamid, Gliclazid und Glipizid) gefunden, auch keine Erhöhung des Risikos für Schlaganfall und Myokardinfarkt. Eine Subgruppenanalyse in der Metaanalyse zeigte jedoch für Glipizid (das in Deutschland nicht erhältlich ist) eine erhöhte Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Mortalität.Die Ergebnisse wurden bei der Vorstellung beim ADA kontrovers diskutiert, zumal in anderen früher durchgeführten Metaanalysen, Beobachtungsstudien und Registeranalysen eine deutliche Erhöhung des kardiovaskulären Risikos mit der Einnahme von Sulfonylharnstoffen assoziiert war (z. B. Metaanalyse von Forst T. et al. aus dem Jahr 2013, Observationsstudie von Bannister CA. et al, von 2014, Schramm TK. et al, von 2011). Metaanalysen haben grundsätzlich das methodische Problem der retrospektiven Betrachtung eines Sachverhalts und das Problem der Studienauswahl und der Gewichtung einzelner Datensätze bei der Auswertung. Sie sind daher einer prospektiv randomisierten Studie klar unterlegen, und die Aussagefähigkeit ist nicht beweisend für einen Sachverhalt, sondern eher hypothesengenerierend. Die Daten von Rados liegen noch nicht als Vollpublikation vor. Unabhängig von der noch nicht abgeschlossenen Diskussion über die kardiovaskuläre Sicherheit von Sulfonylharnstoffen ist deren Hypoglykämierisiko zu erwähnen, das gegenüber nicht hypoglykämisierenden Therapieformen (z. B. DPP-4-Inhibitoren, SGLT-1-Hemmern) deutlich erhöht ist und für Patienten ein zusätzliches Risiko darstellt.
DAZ: Vielen Dank für das Gespräch. |
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