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Unter Verdacht

Foto: DAZ/Kahrmann

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Ein neues Virus, das Zika-Virus, sorgt für Angst und Schrecken, die WHO hat den globalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Übertragen wird das Virus vor allem durch die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti), und eine Infektion in der Schwangerschaft soll in Brasilien für einen rasanten Anstieg von Neugeborenen mit Mikrozephalie verantwortlich sein (s. a. Was ist eigentlich eine Mikrozephalie? S. 38).

Beide Bilder – die überlebensgroße Überträgermücke und die berührenden Bilder von Babys mit deformierten Köpfen – beherrschen unsere Vorstellung, wenn wir an das Zika-Virus denken. Schnell gehen nachdenkliche Stimmen unter, die darauf hinweisen, dass es sich bei den bis zum 30. Januar in Brasilien bekannt gewordenen 4783 Fällen von Mikrozephalie und ZNS-Fehlbildungen erst einmal um Verdachtsfälle handelt, die zum Großteil noch gar nicht näher untersucht worden sind. Nur 1113 Fälle wurden bis zu dem Stichtag überprüft. Dabei konnte die Verdachtsdiagnose Mikrozephalie in 387 Fällen bestätigt, in rund 709 Fällen ausgeschlossen werden. Und nur bei 17 der 387 bestätigten Verdachtsdiagnosen war eine Zika-Virus-Infektion auch labordiagnostisch verifiziert worden. In vielen Fällen konnte der Infektionsverdacht noch gar nicht überprüft werden, weil einfach die dazu notwendigen Tests fehlen. Doch selbst wenn sich bestätigen sollte, dass ein Großteil der Frauen, deren Kinder von ZNS-Fehlbildungen betroffen sind, während der Schwangerschaft eine Zika-Virus-Infektion durchgemacht hat, fehlt immer noch der Nachweis dafür, dass die Infektion tatsächlich für die Missbildungen verantwortlich war. Es herrscht einfach große Ungewissheit. Eine ausgesprochen schwierige Situation für alle Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch in den betroffenen Ländern. Die Abbruchraten steigen. Vorsorglich wird empfohlen auf eine Schwangerschaft zu verzichten.

Die „Pille“ ist da ein probates Mittel. Doch auch sie ist nicht ohne Risiken. Sie erhöht das Thromboembolierisiko, je nach Gestagen mehr oder weniger stark (s. a. Schöne Gefahr? S. 46). Das bestätigen die Risikoanalysen der Überwachungsbehörden. Gerade die bei jungen Frauen beliebten neuen Gestagene, die weniger zur Gewichtszunahme führen sollen als die älteren und zudem aufgrund ihrer antiandrogenen Eigenschaften auch noch die Probleme mit Akne und unreiner Haut zu lösen versprechen, kommen schlecht weg. Das Risiko, innerhalb von einem Jahr ein thromboembolisches Ereignis zu erleiden, ist bei Drospirenon-, Gestoden- oder Desogestrel-haltigen Kontrazeptiva (9 bis 12 von 10.000 Frauen) im Vergleich zu Levonorgestrel (5 bis 7 von 10.000 Frauen) nahezu doppelt so hoch. Und auch die anderen neuen Gestagene stehen unter Verdacht. Zwar kann das Risiko für Chlormadinon, Dienogest oder Nomegestrol nicht beziffert werden, weil Daten fehlen. Doch sollte die Hypothese stimmen, dass die androgenen Eigenschaften z. B. von Levo­norgestrel den prokoagulatorischen ­Effekten der Estrogene entgegenwirken und dieser Schutzeffekt durch antiandrogene Eigenschaften neuer Gestagene verloren geht (s. S. 46), dann muss auch hier mit einem im Vergleich zu Levonorgestrel erhöhten Thromboembolierisiko gerechnet werden. Solange dieser Verdacht ­besteht, sollte dringend der Rat des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) befolgt werden, bei Frauen unter 30 Jahren auf Levonorgestrel-haltige Präparate zurückzugreifen.

Dr. Doris Uhl


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