Management

Filiale im Fokus

Teil 4: Rechtliche Positionierung des Filialleiters

Um ein von vornherein funktionierendes Verhältnis im Dreiklang Inhaber – Filialleiter – ­Filialangestellte zu schaffen, ist zunächst der Inhaber gefordert. Er muss sich genaue Vorstellungen davon machen, was er an Verantwortung abgeben kann und will und welche Rolle der Filialleiter konkret ausfüllen soll. Diese Vorstellungen sollten in einer gemeinsam mit dem Filialleiter ausgearbeiteten Stellenbeschreibung im Rahmen des Arbeitsvertrags schriftlich fixiert werden. Von Iris Borrmann

Die üblicherweise im Arbeitsvertrag geregelten Allgemeinplätze, wie z. B. „Der Filialleiter übernimmt die Leitung der XY-Filiale mit Ausnahme der wirtschaftlichen Entscheidungen, der Personalentscheidungen und der Entscheidungen über das Warensortiment“, reichen für eine störungsfreie und dynamische Zusammenarbeit nicht aus.

Stellenbeschreibung als Anhang zum Arbeitsvertrag

Eine ausführliche Stellenbeschreibung als Anhang zum Arbeitsvertrag bietet für alle Seiten so viele Vorteile, dass der dafür aufzubringende Zeitaufwand ein relativ geringes Opfer darstellt. Wenn im Vertrag lediglich festgehalten wird: „A leitet die XY-Filiale. Näheres wird in einer (oder der an­liegenden) Stellenbeschreibung geregelt“, können beide Parteien sich neben den harten Fakten des Arbeitsvertrages auf den Teil, der das Arbeitsverhältnis tagtäglich ausmacht, fokussieren.

Selbstverständlich können sich die Vertragsparteien, wenn ein Vertrauensverhältnis vorhanden ist, auch darauf einigen, dass der Filialleiter zunächst einmal seine Tätigkeit aufnimmt und in der ersten Zeit sammelt und notiert, was für die Filialleitung in dieser speziellen Apotheke notwendig ist. Bei einem größeren Mitarbeiterstamm kann es sich hier z. B. um besondere Weisungsrechte den Angestellten gegenüber handeln. Auch kann es in einer Apotheke, die viele hochpreisige Arzneimittel abgibt, um eine größere finanzielle Dis­positionsfreiheit gehen. Beide Aspekte sind möglicherweise von Be­deutung in einer Apotheke, die erst einmal „auf Vordermann gebracht“ werden muss.

Allerdings sollten bei einer solchen Vorgehensweise auch die zeitlichen Grenzen des Nach­weisgesetzes beachtet werden; eine längere Zeit als einen Monat bis zum definitiven Ausarbeiten einer Stellenbeschreibung ist nicht ­zielführend und bietet für beide Seiten keine hinreichende Rechtssicherheit.

Selbstverständlich kann auch sofort – bei Abschluss des Arbeitsvertrages – ein Gerüst ausgearbeitet werden, welches dann einen Monat später ergänzt wird. Eine solche Ergänzung sollte auch noch nach einiger Zeit, angeregt durch eine der beiden Vertragsparteien, auf dem Einigungswege möglich bleiben.

Da es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, können die inhaltlichen Ausgestaltungen so vielfältig wie die unterschiedlichen Filialapotheken sein.

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Alles geklärt? Bei Unterschrift des Vertrages sollten die Rechte und Pflichten des Filialleiters genau feststehen.

Wirtschaftlichkeit und Qualität

So können inhaltliche Schwerpunkte, die der Inhaber setzen will oder die vom Filialleiter als sinnvoll erachtet werden, in diesem Vertragsannex geregelt werden.

Auch wenn in der Filiale ein QMS aufgebaut werden muss, ist dies unbedingt in der Stellenbeschreibung zu berücksichtigen, da dies neben der inhaltlichen auch einer zeitlichen Disposition bedarf. Welche Vorgaben es in Bezug auf die Hauptapotheke gibt, sollte bereits hier detailliert geklärt werden.

Besonders wichtig ist die Höhe der finanziellen Dispositionsfreiheit des Filialleiters im Fall von Einkäufen, Bestellungen, Reparaturen, Anschaffungen etc. Der Inhaber kann sich nicht mehr um die wesentlichen Dinge kümmern, wenn er über jeden zu ersetzenden Bewegungsmelder entscheiden soll. Ebenso braucht der Filialleiter die Sicherheit, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch das Tätigen notwendiger Anschaffungen be­lastet wird. Zwar können sinnvolle Ausgaben für die Apotheke nicht dem Filialleiter in Rechnung gestellt werden, da er das Geld ja nicht für sich selbst verwendet hat, doch sollten Auseinandersetzungen darüber schon im Vorfeld vermieden werden. Es gebietet sich daher zu überlegen, ab welcher Summe und bei welcher Art von Ausgaben vorher Rücksprache gehalten werden muss.

Personaldisposition und Weisungsrecht

In den meisten Filialapotheken hat der Filialleiter für die ordnungsgemäße Besetzung der Apotheke zu sorgen. Damit ist es seine Aufgabe, die wöchentlichen Öffnungszeiten so zu besetzen, dass zum einen immer hinreichend qualifiziertes Personal anwesend ist und dass zum anderen die Mitarbeiter entsprechend ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit eingesetzt werden.

Hinweis: Hierzu bedarf es natürlich der Information durch den Inhaber, wer welche Arbeitszeiten hat und ob die Mitarbeiter sich vertraglich dazu bereit erklärt haben, Überstunden zu leisten. Um auch die finanzielle Komponente einschätzen zu können, ist ebenfalls die Information erforderlich, ob und welche Überstundenzuschläge vereinbart wurden und welches Gehalt der Mitarbeiter bekommt. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn der Filialleiter eine Erfolgsbeteiligung nach Abzug der Personalkosten erhält. Denn nur so kann er entscheiden, ob er z. B. Überstunden von anderen Mitarbeitern verlangen möchte oder ob es sich rechnet, bestimmte Extrazeiten selbst zu leisten.

Wenn es aufgrund von Krankheiten, Urlaubszeiten und Kündigungen von Mitarbeitern der Filiale notwendig wird, Überstunden anzuordnen, so sollte der Filialleiter auf jeden Fall in der Stellenbeschreibung dazu ermächtigt werden. In all den Fällen, in denen der Inhaber als Arbeitgeber Überstunden anordnen dürfte, muss dies auch der Filialleiter können, da er ansonsten ggf. seiner Verpflichtung, für eine ordnungsgemäße Besetzung der Apotheke zu sorgen, nicht nachkommen kann.

Rechtstechnisch überträgt der Inhaber so einen Teil seines Direktionsrechts bzw. Weisungsrechts gem. § 106 Gewerbeordnung (GewO) auf den Filialleiter.

Ebenfalls muss geregelt werden, ob auch Einstellungen, Entlassungen oder Abmahnungen vom Filialleiter vorgenommen werden dürfen. Zwar behalten sich Inhaber Einstellungen und Entlassungen üblicherweise vor, jedoch sollte der Filialleiter in den Auswahlprozess neuer Mitarbeiter einbezogen werden, da diese in das Team passen müssen. Zumindest ein Vetorecht sollte dem Filialleiter zugestanden werden. Dies gilt ebenfalls für Kündigungen eines Mitarbeiters aus dem Filialteam. Filialleiter können – selbst bei wirtschaftlich angespannten Situationen – beurteilen, ob Mitarbeiter verzichtbar sind oder nicht. Handelt es sich um Kündigungen wegen Schlechtleistungen oder Fehlverhaltens, ist üblicherweise ohnehin der Filialleiter Initiator der Trennung.

Ob der Filialleiter berechtigt sein soll, schriftliche oder mündliche Abmahnungen auszusprechen, hängt von der Größe des Filialteams und des Filialverbundes ab. Wenn es nur selten Besprechungen mit dem Inhaber gibt, sollte sich der Filialleiter vorbehalten, auch Abmahnungen aussprechen zu können, da er nur so in einem adäquaten zeitlichen Zusammenhang auf absichtliches Fehlverhalten oder Provokationen reagieren kann. Zur Abmahnung berechtigt ist der Filialleiter immer dann, wenn er dem abgemahnten Ar-beitnehmer auch Weisungen er­teilen kann.

Letztendlich muss bei der Vereinbarung einer Stellenbeschreibung bedacht werden, dass sie eine gewisse Verbindlichkeit besitzt, da sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag auch Vertragsinhalt wird und nur im Zusammenspiel beider Parteien oder durch Änderungskündigung des Inhabers (oder des Filialleiters) wieder geändert werden kann.

Gibt es ein Thema aus dem Bereich Apothekenfilialleitung, über das Sie gerne mehr wissen würden? Schicken Sie uns eine E-Mail an daz@deutscher-apotheker-verlag.de, Stichwort Filialleitung!

Zum Auftakt eine Teambesprechung

Nachdem in der Stellenbeschreibung bereits vieles geregelt wurde und sich Inhaber und Filialleiter weitgehend einig sind, muss dies auch den Mitarbeitern der Filialapotheke vermittelt werden – und zwar am besten in einer „Auftakt-Teambesprechung“. Insbesondere sollte dabei die Position des Filialleiters als „Primus inter Pares“ den übrigen Mitarbeitern, die ja auch Angestellte des Inhabers sind, vor Augen geführt werden. Dies gilt vor allem dann, wenn der Inhaber die Filiale zuvor als Hauptapotheke selbst geleitet hat.

Es darf bei einer solchen Team­besprechung kein Zweifel daran gelassen werden, welche Kompetenzen – bis hin zur Abmahnungsbefugnis – der Filialleiter hat. Es ist für den Filialleiter zermürbend und untergräbt seine Autorität, wenn der Inhaber zulässt, dass Mitarbeiter der Filiale zuerst ihn ansprechen, wenn etwas nicht rund läuft oder wenn es um organisatorische Dinge wie z. B. Urlaubsanträge geht. Auch deshalb ist eine erste Teambesprechung, in der der Inhaber seine neue „rechte Filialhand“ vorstellt, die künftig alles im Zusammenhang mit der Filiale regeln soll, unerlässlich. |

Iris Borrmann, Rechtsanwältin

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