- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 43/2018
- Schenken, aber richtig
Geschenke aus der Apotheke
Schenken, aber richtig!
Was bei Zugaben und Geschenken beachtet werden sollte
Zugaben und Geschenke gelten als Unterfälle der sogenannten Wertreklame. Der Begriff besagt, dass ein Kaufmann nicht nur mit Worten, sondern vor allem mit Werten Werbung treibt, dass er also z. B. etwas verschenkt. Das kann auch eine nicht an das eigentlich gewünschte Produkt gekoppelte Ware sein, sei es eine Zugabe oder eine andere Ware aus seinem Sortiment, für deren entgeltlichen Absatz er damit zugleich wirbt.
Eine solche Wertreklame ist nicht automatisch wettbewerbswidrig, sie kann aber im Einzelfall – etwa unter dem Gesichtspunkt einer Preisverschleierung, eines übertriebenen Anlockens oder eines psychischen Kaufzwangs – ausnahmsweise gegen die Regeln lauteren Wettbewerbs verstoßen. Dabei hat sich der rechtliche Rahmen für Wertwerbung insgesamt im Vergleich zu früher deutlich gelockert. Geschenke, die ein Unternehmer unabhängig vom Erwerb einer Ware oder Bezug einer Dienstleistung macht, sind ebenso zulässig wie Zugaben, die ein Kunde nur erhält, wenn er eine Ware erworben oder Dienstleistung bezogen hat. Seit der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes im Jahr 2001 sind die hierin definierten strengen Beschränkungen entfallen. Die Zugaben- und die Rabattgewährung muss sich allerdings am Maßstab des (im Juli 2004 geänderten) Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) messen lassen. Maßgebliches Rechtskonstrukt sind der § 4, Satz 1, 2, und 4 UWG:
- Nach § 4 Nr. 4 UWG müssen „bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben werden“.
- Wenn der Verbraucher durch Ausübung von Druck oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss beeinträchtigt wird, kann die Zugaben- und Rabattgewährung ebenfalls wettbewerbswidrig sein (§ 4 Nr. 1 UWG).
- Vor der Ausnutzung ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit sollen insbesondere Kinder und Jugendliche, aber auch Verbraucher, die sich in einer Ausnahmesituation, wie Angst oder einer sonstigen Zwangslage befinden, geschützt werden (§ 4 Nr. 2 UWG).
Bei Apotheken muss zusätzlich das Heilmittelwerbegesetz (HWG) berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund des Auftrags der Apotheken sieht das Heilmittelwerbegesetz ein vergleichsweise umfassendes Verbot von kostenlosen Vorteilen oder Rabatten vor. Eine kostenlose Weitergabe darf sich in einem Wertbereich zwischen 1 und 2 Euro abspielen. Zudem müssen die verschenkten Gegenstände mit dem Namen der werbenden Apotheke versehen werden (falls die Apotheke nur im Namen Dritter ein Geschenk abgibt mit dem Namen dieser Unternehmen). Dies hat damit zu tun, dass für diese aufgeführte Norm nicht der Herstellungs- oder Einkaufswert entscheidend ist, sondern der Wert nach Aufdruck des Namens. Es wird gemeinhin von einer Wertminderung ausgegangen, wenn ein Werbeaufdruck angebracht wird.
Für einen Anbieter stellen sich im Zusammenhang von Zugaben und Geschenken nun mehrere strategische Fragen:
1. Kommen Zugaben oder Geschenke oder beides für das Unternehmen infrage?
Zugaben oder Geschenke verfolgen den Zweck Menschen stärker an ein Geschäft zu binden (Kundenbindung) oder gegebenenfalls auch Menschen für ein Geschäft erstmals zu gewinnen (Neukundengenerierung). Ersteres ist deutlich häufiger feststellbar als zweites, wiewohl beide Motive einleuchten. Dadurch, dass dem Besuch in einem Geschäft ein Zusatznutzen zur Seite gestellt wird, soll der Besuch stärker im Gedächtnis des Kunden oder potenziellen Kunden verankert werden als ohne.
Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass Wertreklame irgendwann zur Selbstverständlichkeit verkommen kann, je nachdem wie intensiv diese betrieben wird. Dass Wertreklame immer noch ihren Wert entfacht, hängt damit zusammen, dass immer weniger Geschäfte darauf zurückgreifen oder dies als selbstverständlich ansehen. Die hochwertigen Miniflacons in Parfümerien sind kleinen Standard-Behältnissen gewichen, um neue Düfte hoffähig zu machen. Dem Handel dienen diese Parfüm-Zugaben als Kundenbindungs-Instrument, dem Hersteller als Chance sich ins Bewusstsein potenzieller Kunden einzupflanzen. Hier wird der Handel sogar aufgefordert, die Proben breit zu streuen, um als Hersteller überhaupt die Chance zu erhalten mit diesem Produkt auf Dauer erfolgreich zu sein.
2. Wenn ja, welche Art von Zugaben sind zu bevorzugen?
Die zweite Frage, ob es eher Zugaben oder eher Geschenke sein sollen, ist schon etwas diffiziler. Geschenke – wie z. B. ein kostenfreier Wasserspender oder ein Bonbonglas – sind nette Gesten, ebenso das Mini-Brötchen oder die Scheibe Wurst für Kinder. Hier hat der Bäcker oder Metzger natürlich auch vor Augen, dass es einer Mutter, einem Vater oder einer Begleitperson natürlich gut gefällt, wenn dem Kind mit viel Sympathie begegnet wird. Hier ist nur die Frage relevant, ab wann man mit diesem Dienst aufhört. Versteht der nunmehr fünfzehnjährige Junge, dass es mit dem Minibrötchen oder der Scheibe Wurst vorbei ist, ist er sogar froh, weil er damit in den Bereich der Erwachsenen eingeführt wird oder wird er tendenziell enttäuscht sein, dass er diese kleine Geste nun nicht mehr erhält?
Bei Zugaben stellt sich tatsächlich die Frage, welcher Art diese sein sollen. Der Bügel beim Kostüm- oder Anzugkauf war lange Zeit wohlgelitten und passt zu dem Produkt. Kommt die Zugabe also vom Produkt und sollte zu diesem passen oder sollte die Zugabe losgelöst vom Produkt einen Nutzen für den Kunden stiften, über den Kauf hinaus? Je nachdem, wie man sich entscheidet, sollte die Zugabe aber zum Unternehmen passen. Wer also Reformwaren verkauft, kann als Zugabe schlecht etwas mit der Reformhausidee nicht Kompatibles zugeben. Die Tabelle strukturiert die Möglichkeiten.
Geschenke |
Zugaben |
|
---|---|---|
Dauerhaftes Angebot(„standardmäßig“) |
|
|
Punktuelles, vorüber-gehendes (Aktions-) oder anlassbezogenes Angebot |
|
|
Dass die Zugabe am besten zum Geschäft passen sollte, leuchtet ein. Andererseits sollte sie aber auch dem Kunden einen echten Nutzen stiften. Der Jahreskalender ist als Zugabe in Apotheken nach wie vor beliebt, obgleich der Kalender im engeren Sinne mit Arzneimitteln nichts zu tun hat. Nun könnte man nach einem Kalender suchen, der als Monatsmotive Bilder zeigt, die zum Beispiel Heilkräuter aufführen. Hier stellt sich die Frage, ob es aus Sicht des Kunden nun wichtiger ist, etwas Kompatibles zum Unternehmen zu erhalten oder Motive, die es aufzuhängen lohnt.
Beliebt bei vielen Kunden sind auch sog. kleine Haushaltshelfer also z. B. Haftzettel, Notizblöcke, Heftklammern, Zahnstocher, Streichhölzer usw. Diese mit dem Logo des Unternehmens, z. B. der Apotheke versehen, haben so für die Dauer der Nutzung dann auch einen zwar bescheidenen aber konstanten Werbeeffekt.
3. Wovon ist die die Abgabe eines Geschenks oder einer Zugabe abhängig?
Sollen Regeln eingeführt werden, ob jemand etwas erhält oder nicht? Zunächst einmal gilt als einfachste Regel der Kauf. Ansonsten fragt sich der regulär Beschenkte zu Recht, warum jeder etwas bekommt und nicht nur der, der kauft. Die zweite Frage lautet, ob erst ab einem gewissen Kaufbetrag oder einer gewissen Kaufmenge eine Zugabe oder ein Geschenk verteilt werden soll. Dies ist dann sinnvoll, wenn es konsequent durchgehalten wird. Wenn natürlich jeder Mitarbeiter in der Apotheke nach Gutdünken macht, was er will, könnte es eher kontraproduktiv wirken, denn bei Zugaben und Geschenken verstehen Kunden wenig Spaß, wenn sie sich übervorteilt vorkommen. Dritte Regel könnte sein, dass die Art des Geschenks oder der Zugabe von der Höhe des Einkaufsbetrages oder der Menge an gekauften Artikeln abhängt, also je höher der Kassenbon oder je mehr Abrechnungszeilen, desto wertiger die Zugabe. Dies setzt auch klar voneinander abgrenzbare Zugaben voraus und eine überprüfte Übereinstimmung bei Kunden wie das Ranking aussieht. Wenn ein Kunde für einen höheren Kassenbon die gefühlt schlechtere Zugabe erhält, wird die Argumentation schwierig. Lösen könnte man dies dadurch, dass der Kunde ab einem gewissen Kaufbetrag aus den denkbaren Zugaben auswählen kann. Durchaus üblich sind auch Kooperationsmodelle mit Herstellern, sodass eine Zugabe immer dann abgegeben wird, wenn ein bestimmtes OTC-Präparat gekauft wird. Dies setzt aber voraus, dass dies alle Apotheken-Mitarbeiter durchdringen, denn der Hersteller dürfte wenig zufrieden sein, wenn das Produkt auch abgegeben wird, wenn etwas anderes gekauft wird oder nicht abgegeben wird, wenn das entsprechende Produkt verlangt wurde.
4. Soll nach Zielgruppen unterschieden werden?
Sinnvoll könnte es sein, wenn die Apotheke eine Definition von Stammkunden hat und dann klar unterscheidet, ob ein Stammkunde oder ein sonstiger Kunde kauft. Hier könnte man allen Kunden gegenüber signalisieren, dass es Sinn macht seine Käufe auf diese Apotheke zu verdichten. Dies sollte sich aber nicht ausschließlich auf die Abgabe von Zugaben beschränken, sondern müsste in ein Gesamtpaket an für Stammkunden besonderen Marketing-Maßnahmen münden.
Andere Zielgruppen könnten gezielt gefördert werden. Bei den oben beschriebenen Brötchen und Wurstscheiben werden via Kinder auch Erwachsene gebunden. In Apotheken sind es die Traubenzucker oder auch die auf Kinder ausgerichteten Publikationen. Auch der Senioren-Ratgeber oder indikationsgestützte Periodika dienen als vergleichbare Beispiele. Natürlich könnte man auch gezielt Zugaben auswählen, die für bestimmte Zielgruppen einen überdurchschnittlichen Nutzen stiften, also z. B. Kosmetika (wie Handcreme oder Lippenbalsam) für Frauen.
5. Wie wird sichergestellt, dass die Regeln für die Abgabe von Zugaben und Geschenken von allen Mitarbeitern gleichermaßen eingehalten werden?
Eines der größten Probleme könnte die Stringenz in der Abgabe von Zugaben oder auch das Verteilen von Geschenken in der Apotheke sein. Dies sollte auch nicht bagatellisiert werden, da gerade in diesen Punkten Verbraucher ausgesprochen sensibel reagieren. Warum hat Kunde X etwas bekommen, was mir versagt bleibt? Wenn sich die Apotheke bereits in der Erklärungsnot sieht, ist erster Flurschaden bereits entstanden. Viele antworten mit einer vermeintlichen Großzügigkeit, auch das will überlegt sein. Wie oben geschildert, wollen die Menschen Transparenz und Gerechtigkeit. Wenn demnach die Großzügigkeit darin mündet, dass wieder Kunden ohne erkennbaren Anspruch auf eine Zugabe diese auch erhalten, ist das Gegenteil des Ziels erreicht worden.
6. Kommt es zu regelmäßigen Überprüfungen, ob sich die „Zugabenpolitik“ verändern sollte?
Bei den Zugaben und Geschenken sollte es regelmäßig zu Überprüfungen kommen. Zum einen sollte das „Ob“ einer kontinuierlichen Kontrolle unterliegen. Kommen Kunden, die etwas zubekommen haben wieder? Was wird von diesen Kunden gekauft? Steht der Kauf in einem wahrnehmbaren Zusammenhang zur Zugabe oder zum Geschenk? Wäre dem so, würde daraus ableitbar sein, dass man das Kaufverhalten zumindest partiell in eine gewollte Richtung beeinflussen könnte. Genauso wie das „Ob“ sind auch das „Was“ und das „Wann“ laufend zu checken. Bei den Zugaben darf es zu Auswechslungen kommen, es darf aber auch Evergreens geben und es darf Editions geben, die gegebenenfalls eine Art Sammlung initiieren könnten. Der jährliche Punschbecher mit einem entsprechenden Apothekenmotiv könnte so zu einem Renner werden, der frequenzstiftend wirkt. |
Weitere Artikel zum Thema "Geschenke aus der Apotheke" in dieser DAZ:
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.