Wirtschaft

TK für dynamischen Evidenzpreis

Neue Therapien sollen mit neuem Verfahren finanzierbar werden

bj | Heilung für bislang unheilbar Kranke und Kostenexplosion bei der Krankenversicherung – das sind die zwei Seiten neuar­tiger Therapien. Die Techniker Krankenkasse (TK) hat nun einen Vorschlag zu deren Finanzierung vorgelegt.

Etwa 300.000 Euro kostet die CAR-T-Zelltherapie gegen Blutkrebs von Novartis. Roche will Hämophilie künftig mit einer Gentherapie für 1 Million Euro heilen – würden damit alle rund 4000 Betroffene in Deutschland behandelt, müssten die Krankenversicherungen dafür 4 Milliarden Euro ausgeben. Sogenannte ATMPs (= advanced therapy medicinal products) bewegen sich preislich in höheren Dimensionen als klassische Arzneimittel. Die Zahl der ATMP-Zulassungsver­fahren wächst, die Datenlage zu diesen Behandlungsmethoden ist meistens dünn.

Aus Sicht der TK eignet sich das AMNOG-Verfahren nicht zur Preisbildung dieser Technologien. „Wir brauchen einen schnellen Marktzugang für diese vielversprechenden Therapien und eine regelmäßige Überprüfung ihrer Erfolge und Kosten“, erklärte TK-Chef Jens Baas auf einer Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch. Um die zu erwartende Kostenexplosion zu kontrollieren, hat die TK ein Konzept entwickelt, den „dynamischen Evidenzpreis“.

Preisobergrenze schon beim Marktzutritt

Danach soll zunächst der Gemeinsame Bundeausschuss entscheiden, ob ein neues Medikament den AMNOG-Prozess durchlaufen oder nach dem Verfahren „dynamischer Evidenzpreis“ bewertet werden soll. Im Gegensatz zum AMNOG-Verfahren soll es für innovative Technologien direkt bei Marktzutritt eine Preisobergrenze geben, die zunächst für zwei Jahre gilt und sich an einem europäischen Referenzwert orientiert.

Ab Zeitpunkt der Zulassung soll von unabhängiger Stelle ein fortlaufendes und unabhängiges Register geführt werden, in das die Behandlungserfahrungen mit der neuen Technologie einfließen. Diese Erhebungen sollen primär von den Kassen finanziert werden, die sich die Kosten von den Herstellern durch Preisabschläge zurückholen. Nach 24 Monaten sollen Hersteller und Kassen auf Basis der Registerdaten erstmals einen Erstattungspreis auszuhandeln, der im Folgenden alle zwölf Monate neu verhandelt wird – unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus den kontinuierlichen Daten­erhebungen.

Unabhängig vom Hauptziel der Kostenkontrolle will die TK Europa als Forschungsstandort stärken: Pharmafirmen, die in Europa forschen und entwickeln, sollen in den ersten 24 Monaten einen Aufschlag auf ihren Preis nehmen dürfen.

Das TK-Konzept ist an einigen Stellen noch recht holzschnittartig. So ist noch unklar, in welcher Form die Ergebnisse einer nicht-interventionellen Registerstudie in die Preisberechnung einfließen sollen. Ferner ist noch nicht definiert, wie eine Unabhängigkeit, etwa beim Studiendesign, gewährleistet werden kann, wenn die Kassen primär die Studie finan­zieren sollen.

Die TK würde ihre Idee gerne noch in dieser Legislaturperiode in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren untergebracht sehen. Eignen würde sich dazu das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Ein entsprechender Änderungsantrag liegt allerdings noch nicht vor. |

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