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Recht

Apothekenwerbung: So sind Sie auf der ­sicheren Seite

Teil 4: Keine Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel und homöopathische Arzneimittel

Ein Ziel des Heilmittelwerberechts ist, die Interessen an der Werbung für Heilmittel zur Absatzförderung und das mit der Werbung unter Umständen verbundene Risiko von Fehl­verschreibungen oder Fehleinnahmen von Heilmitteln in Ausgleich zu bringen. Wo aus Sicht des Gesetzgebers die mit der Heilmittelwerbung einhergehenden Risiken für die Gesundheitsbelange der Allgemeinheit zu hoch sind, hat er Werbeverbote oder -beschränkungen erlassen; so auch hinsichtlich der Werbung für nicht zugelassene Fertigarzneimittel und homöopathische Arzneimittel.

Die Werbung für zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene Fertigarzneimittel ist nach § 3a Heilmittelwerbegesetz (HWG) generell verboten. Mit diesem Werbeverbot befasst sich der erste Teil dieses Beitrags. Wer sich fragt, wie man auf die Idee einer solchen Bewerbung kommen könnte, wird sehen, dass ein Verstoß durch eine unzutreffende Produktklassifizierung sehr schnell verwirklicht sein kann. Der zweite Teil widmet sich den registrierten bzw. von der Registrierung freigestellten homöopathischen Arzneimitteln. Für diese darf nicht mit der Angabe von Anwendungsgebieten geworben werden.

Nicht zugelassene Fertigarzneimittel

Zulassungspflichtige Fertigarzneimittel dürfen nach dem Arzneimittelgesetz ohne Zulassung nicht in den Verkehr gebracht werden. Die mit dem Zulassungsverfahren verbundene Kontrolle hat den Zweck, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten und die Allgemeinheit vor Arzneimitteln zu schützen, die schädlich sind oder deren therapeutische Wirksamkeit fehlt. Diesem Zweck dient auch das Werbeverbot in § 3a Satz 1 HWG. Für Arzneimittel, die der Zulassungspflicht unterliegen, aber nicht im Sinne der arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten, darf nicht geworben werden. Dies soll verhindern, dass die Adressaten der Werbung über die Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels getäuscht und/oder zur Anwendung nicht zugelassener Arzneimittel animiert werden. Häufig geht die Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel mit einer Irreführung über die Verkehrsfähigkeit einher und verstößt somit gleichzeitig gegen das Verbot irreführender Werbung für Heilmittel nach § 3 HWG (s. dazu Kieser/Buckstegge, AZ 2019, Nr. 11, S. 5). Die Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel ist nach § 3a HWG allerdings unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer Irreführung der Verbraucher kommt, verboten. Insofern helfen auch klarstellende Hinweise in der Werbung, dass die notwendige Zulassung (teilweise) fehlt, nicht über das Verbot hinweg.

Der praktisch häufigste Fall eines Verstoßes gegen § 3a HWG sind Fehlvorstellungen von Herstellern, Händlern und Apothekern über den Produktstatus: Sie gehen davon aus, dass es sich bei dem beworbenen Produkt um ein Kosmetikum, Medizinprodukt oder Lebensmittel handelt, tatsächlich ist es aber aufgrund der pharmakologischen Wirkweise ein Funktionsarzneimittel oder aufgrund der Anpreisung einer heilenden Wirkung ein Präsentationsarznei­mittel. Das als unproblematisch ange­sehene Kosmetikprodukt ist dann auf einmal ein zulassungspflichtiges und nicht zugelassenes Fertigarzneimittel, für das unzulässigerweise geworben wird (und dessen Inverkehrbringen ohne Zulassung gegen § 21 AMG verstößt). Ein Verschulden ist für die wettbewerbsrechtliche Ahndung eines Verstoßes nicht erforderlich.

Rezeptur- und Defektur­arzneimittel

Gegenstand des Werbeverbots sind (nur) zulassungspflichtige Fertigarzneimittel. Für Rezepturarzneimittel, die im Einzelfall aufgrund einer Verschreibung oder Bestellung einer einzelnen Person nicht im Voraus hergestellt werden (§ 1a Abs. 8 ApBetrO), gilt das Werbeverbot aus § 3a HWG hingegen nicht. Dabei handelt es sich nicht um ein Rezepturarzneimittel, wenn Arzneimittel von der Apotheke nur neu verteilt werden, ohne dass das Endprodukt von der ge­lieferten Bulkware abweicht (BGH, Urt. v. 23.06.2005, Az. I ZR 194/02 – Atemtest I, Rdnr. 25). Das Irreführungsverbot nach § 3 HWG gilt aber weiter; es hat bei der Bewerbung von Rezepturarzneimitteln mit Indikationshinweisen besondere Bedeutung. Bei der Bewerbung – gerade gegenüber Ärzten – kann herausgestellt werden, dass die werbende Apotheke in der Lage ist, bestimmte Rezepturarzneimittel, für die es ggf. besondere Raum- und Personalanforderungen gibt (§ 35 ApBetrO), herzustellen. Eine Indikationswerbung ist möglich, wenn diese wissenschaftlich ab­gesichert ist und keine anderen Werbeverbote verletzt werden; so darf nicht für verschreibungspflichtige Rezepturarzneimittel außerhalb der Fachkreise geworben werden (§ 10 Abs. 1 HWG, den wir in einem Folgebeitrag noch näher beleuchten werden). Empfehlenswert ist auch, auf die individuelle Herstellung im Einzelfall hinzuweisen.

Das Werbeverbot nach § 3a S. 1 HWG gilt auch nicht für Defekturarzneimittel, die in den wesent­lichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden (§ 1a Abs. 9 ApBetrO). Der Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs steht es nicht entgegen, wenn die Apotheke die Arznei­mittel überregional, beispielsweise mittels eines Versandhandels, vertreibt. Defekturarzneimittel sind von der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG befreit und werden auch nicht im Rahmen eines industriellen Verfahrens in der Apotheke hergestellt (BGH, Urt. v. 09.02.2017, Az. I ZR 130/13 – Weihrauch-Extrakt-Kapseln II, Rdnr. 24).

Verbotene Werbehandlungen

Handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel, ist jede produktbezogene Werbung verboten, bevor das Fertigarzneimittel eine Zulassung erhält. Gleiches gilt, wenn ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel etwa aufgrund einer Rücknahme, eines Widerrufs, eines Ruhens oder Er­löschens keine arzneimittelrechtliche Zulassung mehr hat.

Ist ein Fertigarzneimittel zugelassen, darf deshalb nicht unbegrenzt Werbung dafür betrieben werden. § 3 Satz 2 HWG stellt klar, dass sich die Werbung für zugelassene Fertigarzneimittel nicht auf Anwendungsgebiete oder Dar­reichungsformen beziehen darf, die von der Zulassung nicht erfasst sind. Werbung bezogen auf Anwendungsgebiete oder Dar­reichungsformen darf also nicht über den im Zulassungsbescheid bestimmten Umfang hinausgehen. Es empfiehlt sich daher, Werbeangaben zu Indikationen, Dosierung und Darreichungsformen eng am Wortlaut der Fachinformationen zu orientieren. Abweichende Formulierungen bergen das Risiko, einen unzulässigen werblichen Überschuss zu enthalten.

Homöopathische Arzneimittel

Homöopathische Arzneimittel unterliegen häufig nicht einem Zulassungs-, sondern einem Registrierungsverfahren. Dieser Besonderheit trägt die Werbebeschränkung in § 5 HWG Rechnung. Danach darf für homöopathische Arzneimittel, die registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, nicht mit der Angabe von Anwendungsgebieten geworben werden. Der Gesetzgeber wollte damit Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung aufgrund von indi­kationsbezogener Werbung für homöopathische Arzneimittel ausschließen. Der Verbraucher soll vor einer fehlerhaften Selbstmedikation geschützt werden.

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Nach der Werbebeschränkung in § 5 HWG darf für homöopathische Arzneimittel, die registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, nicht mit der Angabe von Anwendungsgebieten geworben werden.

Jede auch nur indirekte Aussage zu Anwendungsgebieten ist bei der Werbung für homöopathische Arzneimittel, die registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, kritisch. Unzulässig sind neben der Angabe zu Anwendungsgebieten unter anderem auch Bezugnahmen auf Krankheiten und Symptome. Das betrifft nicht nur wörtliche Angaben, sondern auch Abbildungen, z. B. von Körper­teilen, Symbole und Kürzel, mit denen der Betrachter klar ein bestimmtes Anwendungsgebiet in Verbindung bringt. Einige Wett­bewerbsverbände haben auf die Einhaltung dieses Verbots ein wachsames Auge, sodass es diverse gerichtliche Entscheidungen zur Nichteinhaltung gibt.

Das Verbot gilt auch für die Werbung gegenüber Fachkreisen und unabhängig davon, ob in der Werbung die Pflichtangabe „Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation“ enthalten ist (BGH, Urt. v. 28.09.2011, Az. I ZR 96/10 – INJECTIO, juris-Rdnr. 24 f.).

Zulässig ist es in der Apotheke aber natürlich, auf individuelle Anfrage des Kunden auch zu registrierten homöopathischen Arzneimitteln Indikationsangaben zu machen. § 1 Abs. 5 HWG nimmt solche Handlungen aus dem Anwendungsgebiet des Verbots heraus.

Fazit und Ausblick

In der Apothekenwerbung sind die Werbeverbote und -beschränkungen des Heilmittelwerbegesetzes zu beachten. Anderenfalls drohen unter anderem Bußgelder und Abmahnungen. Für zulassungspflichtige Fertigarzneimittel ohne Zulassung darf nicht geworben werden. Bei registrierten oder von der Registrierung befreiten homöopathischen Arzneimitteln ist die Werbung für Anwendungsgebiete untersagt. Auch der nächste Beitrag wird sich mit einzelnen Werbeverboten befassen. |

Dr. Timo Kieser und Dr. Svenja Buckstegge, Oppenländer Rechtsanwälte Stuttgart

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