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Beratung
Fit im Job dank gutem Schlaf
Strategien zur Verbesserung der Nachtruhe
„Gut schläft, wer nicht merkt, dass er schlecht schläft.“ Dieser Spruch stammt von Publilius Syrus (um 90 bis 40 vor Chr.), einem römischen Moralisten und Possenschreiber. Er ist ein Hinweis dafür, dass man sich schon damals mit schlechtem Schlaf auseinandergesetzt hat. Schlechter bzw. guter Schlaf ist damals wie heute ein wichtiger Bestandteil unseres Wohlbefindens. Zu merken, dass man schlecht schläft, das heißt morgens aufzuwachen und sich nicht ausgeruht zu fühlen und über Tag andauernd schläfrig zu sein, ist ein Zustand, der mittlerweile immer mehr Menschen betrifft – und Folgen hat. Andauernder Schlafmangel mindert die Leistungsfähigkeit und steigert die Reizbarkeit. Beides sind sehr schlechte Voraussetzungen vor allem für Erwerbstätige, die im Job fit sein wollen und müssen. Außerdem sind Ein- und Durchschlafstörungen auch riskant für die Gesundheit. Es gilt als erwiesen, dass chronische Schlafstörungen neben dem Risiko für Unfälle auch kardiovaskuläre Erkrankungen nach sich ziehen können. Demenz, Übergewicht, Schwächung des Immunsystems, Diabetes Typ 2 und sogar Depressionen können durch Schlafstörungen gefördert werden.
Auslöser
Daher ist es wichtig, frühzeitig etwas dagegen zu tun und vor allem zu erkennen, wo die Ursachen liegen. Es gibt verschiedene Auslöser für Schlafstörungen. Man unterscheidet dabei Patienten mit organischer oder nicht organischer Insomnie.
Hat eine Schlafstörung organische Ursachen (siehe Kasten „Organische Erkrankungen, die zu Schlafstörungen führen können“), sollte ein Besuch beim Arzt empfohlen werden. Für eine nicht organische Schlafstörung gelten folgende diagnostische Kriterien:
- Es liegen Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder eine schlechte Schlafqualität vor.
- Die Schlafstörungen treten wenigstens dreimal pro Woche über einen Zeitraum von einem Monat auf.
- Die Betroffenen denken vor allem nachts viel an ihre Schlafstörung und machen sich während des Tages übertriebene Sorge über deren negative Konsequenzen.
- Unbefriedigende Schlafdauer oder -qualität verursachen entweder einen deutlichen Leidensdruck oder wirken sich störend auf Alltagsaktivitäten aus.
Organische Erkrankungen, die zu Schlafstörungen führen können
- chronische Nieren-Erkrankungen/Magen-Darm-Erkrankungen
- chronischer Schmerz z. B. bei rheumatischen Erkrankungen
- endokrinologische Erkrankungen
- Epilepsien
- extrapyramidalmotorische Erkrankungen
- Herz- und Lungen-Erkrankungen
- Kopfschmerzen
- maligne Erkrankungen
- Polyneuropathien
- Schlaganfall
- multiple Sklerose
- starker Juckreiz bei Hauterkrankungen
[nach S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen]
Auch Arzneistoffe können eine Schlafstörung verursachen. Dazu gehören z. B. Diuretika, Antihypertonika, Antiasthmatika, antriebssteigernde Antidepressiva, Arzneimittel gegen Parkinson und Hormonpräparate (siehe Kasten „Substanzen, die zu Schlafstörungen führen können“).
Substanzen, die zu Schlafstörungen führen können
- Alkohol und andere Rauschmittel
- Antibiotika (z. B. Gyrasehemmer)
- Antidementiva (z. B. Piracetam)
- antriebssteigernde Antidepressiva (z. B. SSRI)
- Antihypertensiva (z. B. Betablocker)
- Antiasthmatika (z. B. Theophyllin, β-Sympathomimetika)
- Diuretika
- dopaminerge Therapie bei Morbus Parkinson
- Hormonpräparate (z. B. Thyroxin, Steroide)
- stimulierende Substanzen (Coffein, synthetische Substanzen, z. B. Amphetamine, Ecstasy)
[nach S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen]
Liegt nach einer gründlichen Durchsicht der verordneten Arzneimittel, z. B. mit Hilfe eines Medikationsplans, der Verdacht nahe, dass diese den Nachtschlaf stören, sollte auch hier an den verordnenden Arzt verwiesen werden.
Manchmal kann schon allein der Wechsel des Einnahmezeitpunktes helfen. Zum Beispiel führen Diuretika bei abendlicher Einnahme oft zu nächtlichem Harndrang und provozieren daher eine Durchschlafstörung. Eine morgendliche Einnahme kann dies verhindern. Bei anderen Arzneimitteln können Dosierungswechsel oder Wechsel der Arzneistoffgruppen hilfreich sein. Das sollte nicht eigenmächtig erfolgen, sondern immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt.
Schlafhygiene entscheidet über guten Schlaf
Treten tagsüber Müdigkeit und deutliche Leistungs- und Konzentrationsprobleme auf, die weder organische Ursachen haben noch auf Arzneimittelnebenwirkungen beruhen, sollte zunächst über die richtigen Verhaltensweisen für einen gesunden Schlaf informiert werden. Ein großer Teil der Schlafprobleme kann durch die Einhaltung folgender Hinweise schon beseitigt werden:
- nach dem Mittagessen bzw. drei bis vier Stunden vor der Schlafenszeit keine Coffein-haltigen Getränke (Kaffee, schwarzen Tee, Cola) mehr trinken
- Alkohol weitgehend vermeiden und nicht als Schlafmittel einsetzen (vermindert die Tiefschlafphasen)
- keine schweren Mahlzeiten am Abend, kein Nicotin
- regelmäßige körperliche Aktivität am Tag
- allmählich körperliche und geistige Anstrengung vor dem Zubettgehen verringern (dazu zählt auch im Internet aktiv zu sein oder fernzusehen)
- regelmäßige Schlafenszeiten und ein persönliches Einschlafritual (Tee, Musik, Duftlampe, Meditation, Entspannungstechniken)
- die Schlafumgebung optimieren (ruhig, dunkel, gute Matratze, ideale Raumtemperatur bei 16 bis 18°C)
- in der Nacht nicht auf Wecker oder andere Uhren schauen
- abends zu Bett gehen, wenn man schläfrig ist
- das Bett nur zum Schlafen benutzen – nicht tagsüber im Bett lesen, fernsehen, handyspielen oder arbeiten
- tagsüber möglichst nicht schlafen, wenn doch, dann maximal 20 Minuten vor 15 Uhr
Schlafarchitektur
Eine lange Schlafdauer, die in Abhängigkeit vom Alter zwischen sieben und elf Stunden liegen kann, und frühes Schlafen sind keine Garantie für einen guten und erholsamen Schlaf. Entscheidend ist die Schlafarchitektur. Diese baut sich aus 90-minütigen Schlafzyklen auf. Diese Zyklen wiederholen sich vier- bis sechsmal in der Nacht. Jeder Zyklus besteht aus fünf Schlafstadien (Abb. 1): Das sind die Einschlafphase, die Leichtschlafphase, die mitteltiefe und die sehr tiefe Tiefschlafphase. Sie bilden den Non-REM-Schlaf. Zuletzt folgt die Traumphase (REM-Schlaf). Im Laufe der Nacht variiert die Dauer der einzelnen Stadien innerhalb der 90-minütigen Zyklen. Zu Beginn des Schlafes sind die Tiefschlafphasen länger und nehmen im Laufe der Nacht in ihrer Dauer zugunsten der Traumphase ab. Ein erholsamer Schlaf zeichnet sich durch einen ausreichenden Tiefschlafanteil aus. Um den Tiefschlaf möglichst wenig zu stören, kann es nützlich sein, sich den Wecker kurz vor dem Einschlafen auf ganzzahlige Vielfache von 90 Minuten zu stellen (z. B. 4 × 90 Minuten = 6 Stunden). So kann verhindert werden, dass man im Tiefschlaf geweckt wird.
Zu welcher Uhrzeit man zu Bett geht, sollte idealerweise der individuelle Chronotypus festlegen, der durch die Gene und das Alter bestimmt wird. Dabei wird zwischen Frühaufstehern (Lerchen) und abendaktiven Spätaufstehern (Eulen) unterschieden. Jugendliche neigen zum Spätaufstehen, im Alter werden viele zu Frühaufstehern. Erzwungenes Frühaufstehen kann sehr schnell zum Leistungsabfall führen.
Jetlag und Schichtarbeit
Schlafstörungen können auch dadurch verursacht sein, dass der zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus gestört wird. Das ist vor allem bei langen Flügen der Fall. Je mehr Zeitzonen überflogen werden, desto ausgeprägter der Jetlag. Eine gute Strategie zur Vorbeugung ist es, den Schlaf-Wach-Rhythmus auf das Reiseziel abzustimmen. Dazu sollte man bei Reisen nach Westen schon wenige Tage vor Reisebeginn ein bis zwei Stunden später schlafen gehen. Vor Ort ist es vorteilhaft abends ans Tageslicht zu gehen. Bei Reisen nach Osten gilt dies umgekehrt, das heißt früher schlafen gehen und vor allem morgens ans Tageslicht gehen. So kann de Jetlag reduziert werden. Sollten Geschäftsreisende trotzdem mit der Zeitumstellung zu kämpfen haben, können kurzfristige medikamentöse Unterstützungen (Melatonin, Coffein) hilfreich sein. Bei Schichtarbeit ist es viel schwieriger, eine geeignete Strategie zu finden. Hier können Schichtpläne mit einem Wechsel von der Tag- über die Abend- hin zur Nachtschicht helfen. Auch ein nach vorne Verschieben der Schlafzeiten in Vorbereitung auf die nächste Schicht kann hilfreich sein. Viele nützliche Tipps dazu findet man auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) www.dgsm.de, einer wissenschaftlichen Gesellschaft, die sich mit der Erforschung des Schlafes und seinen Störungen befasst. Neben vielen Fachinformationen (S3-Leitlinie Schlafstörungen/nicht erholsamer Schlaf, Fragebögen, RKI-Bericht Schlafstörungen usw.), werden auch Informationen für Patienten (Ratgeber, Buchtipps, Selbsthilfegruppen) angeboten. So steht eine umfängliche Liste mit Patientenratgebern zur Verfügung, die auf unterschiedliche Schlafstörungen eingehen wie Schlaf im Alter, Ein- und Durchschlafstörungen und auch Schlafstörungen bei Schichtarbeit. Geben Sie den Webcode Q2QS7 in die Suchfunktion auf DAZ.online unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de ein und Sie gelangen direkt zum Ratgeber „Schlafprobleme bei Schichtarbeitern“.
Umgang mit digitalen Medien
Hier gilt „Weniger ist Mehr“. Das Gehirn kann nur entspannen, wenn es nicht von zu vielen Informationsquellen gleichzeitig überflutet wird. Daher sollte zum Beispiel die parallele Nutzung eines zweiten Bildschirms (second screen = Smartphone, Tablet) während eines laufenden Fernsehprogrammes nicht zur Gewohnheit werden. Der Wechsel zwischen zwei Bildschirmen kann das Gehirn überanstrengen und somit die Vorbereitung auf die Nachtruhe stark stören.
H1-Antihistaminika
Sollten diese Tipps und eine konsequent eingehaltene Schlafhygiene keine ausreichende Hilfe sein, so kann eine kurzzeitige Unterstützung mit Arzneimitteln sinnvoll und nötig werden. Neben Phytopharmaka sind in der Selbstmedikation gegen Schlafstörung H1-Antihistaminika eine wesentliche Arzneimittelgruppe. Auf dem deutschen Markt gibt es Präparate, die Diphenhydramin und Doxylamin enthalten. Bei ihnen schätzt die S3-Leitlinie der DGSM die Studienlage als unzureichend ein. Zusätzlich sind sie aufgrund ihrer anticholinergen und antiadrenergen Wirkungen mit vielen Nebenwirkungen und Kontraindikationen belastet. Sie können zu Mundtrockenheit, Sehstörungen und Schwindel führen. Bei Engwinkelglaukom, Nebennierentumor, Prostatahyperplasie, Epilepsie und akutem Asthma sind sie kontraindiziert. Außerdem sollten sie maximal zwei Wochen verwendet werden, da es schnell zu einer Toleranzentwicklung kommt und die Schlafstruktur verändert werden kann. Daher sollte gut überlegt werden, für wen diese Arzneimittelgruppe geeignet ist: Für eine akute Schlafstörung, bei der man nicht wochenlang auf den Wirkungseintritt wie bei den Phytopharmaka warten möchte, können sie Mittel der Wahl sein, sofern Nebenwirkungen und Kontraindikationen kein Problem darstellen (siehe Tabelle „Hinweise zu den nicht verschreibungspflichtigen H1-Antihistaminika“). Diphenhydramin und Doxylamin sollten 30 bis 60 Minuten vor dem Schlafen gehen genommen werden. Ebenso muss eine ausreichende Schlafdauer (ca. acht Stunden) mit einberechnet werden, damit es am nächsten Tag nicht zu einem Hangover kommt.
Diphenhydraminhydrochlorid | Doxylaminhydrogensuccinat | |
Indikation | zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen | zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen |
Wirkstoffmenge | 25 mg/Tablette bzw. 50 mg/Tablette | 25 mg/Tablette bzw. 30 mg/Tablette |
Dosierung | 1 × 1 bis 2 Tabletten bzw. Höchstdosis: 50 mg | 1 × 1 bis 2 Tabletten Höchstdosis: 50 mg |
Halbwertszeit | 3 bis 9 Stunden | 3 bis 6 Stunden |
unerwünschte Wirkungen (ohne Angabe der Häufigkeit) | Somnolenz, Konzentrationsstörungen und Benommenheit am Folgetag, Schwindel, Muskelschwäche, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Mundtrockenheit, Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, verlängertes QT-Intervall, erhöhte Lichtempfindlichkeit, Erhöhung des Augeninnendrucks, Leberfunktionsstörungen, Änderung des Blutbildes, paradoxe Reaktionen (Unruhe, Nervosität) | Müdigkeit (vor allem am Folgetag), Schläfrigkeit, Schwindel, Benommenheit, verlängerte Reaktionszeit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Depressionen, Tinnitus, Halluzinationen, Zittern, Mundtrockenheit, Erhöhung des Augeninnendrucks, Magen-Darm-Beschwerden, EKG-Veränderungen, Herzrhythmusstörungen, Hypo- und Hypertension, verlängertes QT-Intervall, Beeinträchtigung der Atemfunktion, Photosensibilität, Leberfunktionsstörungen |
Kontraindikationen |
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Einnahmehinweise |
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besondere Hinweise |
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Präparat (Beispiele) | Betadorm®, Dormutil® N, Halbmond®, Hevert Dorm, Vivinox® sleep, Vivinox® sleep stark | Gittalun® Trinktabletten, Hoggar® night, Schlafsterne®, Schlaftabs® ratiopharm |
Baldrian und Co.
Phytopharmaka werden zwar in der S3-Leitlinie der DGSM nicht empfohlen, da in klinischen Studien keine ausreichende Wirkung festgestellt wurde. Doch Extrakte aus Melissenblättern, Passionsblume und Baldrianwurzel haben vom verantwortlichen Ausschuss (HMPC, Committee on Herbal Medicinal Products) der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine Empfehlung unter der Bezeichnung „traditionelle Anwendung“ bei Schlafstörungen bekommen. Da sie weder zu einem Hangover noch zu einer Veränderung der Schlafstruktur führen, gut vertragen werden und nicht mit Wechselwirkungen assoziiert sind, ist ein Therapieversuch durchaus sinnvoll. Dabei ist unbedingt auf eine ausreichend hohe Dosierung zu achten. Es wird empfohlen z. B. bei Baldrian solche Produkte zu wählen, in denen zwischen 400 mg und 800 mg Trockenextrakt enthalten sind und die mit Ethanol 40 bis 70% (V/V) als Extraktionsmittel hergestellt wurden. Bei der Abgabe des gewählten Präparates sollte der Hinweis gegeben werden, dass das Arzneimittel mindesten 30 Minuten vor dem Einschlafen und einige Tage bis Wochen zu nehmen ist, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. So können frühzeitige Therapieabbrüche vermieden werden. Kombinationen von Extrakten aus Baldrian mit anderen Pflanzen (z. B. mit Hopfenzapfen, Melissenblättern, Passionsblumenkraut) sind nach jetzigem Wissensstand nicht stärker wirksam als Baldrian allein.
Auch wenn es keine ausreichende Studienlage dazu gibt, so können auch Präparate mit Lavendelöl angewendet werden. Sie werden nicht als Schlafmittel eingesetzt, da sie nicht sedierend wirken. Sie helfen jedoch, Angstzustände und nervöse Anspannung zu reduzieren und können sich somit auf die Schlafqualität positiv auswirken.
L-Tryptophan
Seit vielen Jahren wird die Aminosäure L-Tryptophan bei Schlafstörungen eingesetzt. Seitens der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin hat sie keine Empfehlung für die Behandlung von Schlafstörungen erhalten. Es ist umstritten, inwieweit L-Tryptophan Einfluss auf Stimmung und Schlaf hat. Da die Aminosäure aber im ZNS zu Melatonin und Serotonin verstoffwechselt wird, werden Schlafstörungen und sogar leichte Depressionen immer wieder als Anwendungsgebiete genannt. Auch hier ist ein Therapieversuch möglich, da es nicht zur Gewöhnung kommt und die Schlafarchitektur nicht gestört wird. Allerdings gilt zu beachten, dass L-Tryptophan unter anderem bei schweren Leber- und Nierenerkrankungen nicht angewendet werden darf. Eine Kombination mit MAO-Hemmern, Serotonin-Wiederaufnahmehemmern und Dextromethorphan ist ebenfalls zu vermeiden, da sich ein Serotonin-Syndrom entwickeln kann. Auch L-Tryptophan sollte 30 Minuten vor dem Einschlafen genommen werden. Die Anwendungsdauer beschränkt sich auf vier Wochen.
Auf einen Blick
- Viele Erwerbstätige sind von Schlafstörungen betroffen.
- Sehr häufig kann allein das Wissen und konsequente Umsetzen der Tipps zur Schlafhygiene die Schlafstörungen mildern oder ganz beheben.
- Sollten organische Gründe und der Einfluss von Arzneimitteln keine Rolle spielen, kann zur Selbstmedikation geraten werden.
- Bei der Wahl des richtigen Arzneimittels sollte beachtet werden, welche individuellen Anforderungen zu berücksichtigen sind (schnelle Hilfe für kurze Zeit, längerfristige sanfte Unterstützung).
- Phytopharmaka, H1-Antihistaminika und auch Präparate mit L-Tryptophan stehen zur Auswahl.
Fazit
In unserer modernen Leistungsgesellschaft ist es besonders wichtig, ausgeruht am Arbeitsplatz zu erscheinen, aber es ist auch besonders schwierig geworden. Starker Termin- und Leistungsdruck, Überstunden sowie Nachtschichten und ständige Erreichbarkeit nach Feierabend sind wesentliche Faktoren für Schlafstörungen. Sie führen zu psychischen Belastungen, die häufig nur unzureichend mit Arzneimitteln behandelt werden können. Daher ist es sehr wichtig, Patienten, die über Schlafprobleme klagen, über eine konsequente Schlafhygiene aufzuklären. Erst im Anschluss daran ist die Unterstützung mit verschreibungsfreien Präparaten sinnvoll. Die dann gewählte Medikation sollte möglichst die Schlafstruktur nicht verändern und zu keinem Hangover führen.
Benzodiazepine und Z-Substanzen
Die kurz- und mittellang wirksamen Benzodiazepine (z. B. Lorazepam und Lormetazepam) und die Z-Substanzen (Zopiclon und Zolpidem) sind häufig verordnete Arzneimittel bei Schlafstörungen. Da sich bei regelmäßiger Einnahme schon nach einigen Wochen eine körperliche Abhängigkeit entwickeln kann, sollten sie höchstens vier Wochen gegeben werden. Es gilt hier die 4-K-Regel: klare Diagnose, kleinste Packung, kein abruptes Absetzen, kurze Anwendung.
Wichtige Hinweise bei der Abgabe:
- Einnahme unmittelbar vor dem Schlafengehen, um einen durch die muskelrelaxierende Wirkung verursachten Sturz zu vermeiden
- Durch den Hangover-Effekt kann es am nächsten Morgen zu Schwierigkeiten bei der Teilnahme im Straßenverkehr kommen.
Neben den Benzodiazepinen stehen dem Arzt noch weitere verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Melatonin, antriebshemmende Antidepressiva und sedierend wirkende Neuroleptika zur Verfügung. Auch für sie gilt eine maximale Therapiedauer von vier Wochen.
Nach erfolglosem Therapieversuch mit Mitteln der Selbstmedikation ist es notwendig, den Patienten zum Arzt zu schicken. Der Arzt muss dann entscheiden, ob eine weitere medikamentöse Behandlung (siehe Kasten „Benzodiazepine und Co.“) oder eine psychotherapeutische Maßnahme in Form einer kognitiven Verhaltenstherapie sinnvoll ist, wie es die S3-Leitlinie empfiehlt. |
Literatur
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Marschall J et al. Gesundheitsreport 2017. Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten. Update: Schlafstörungen. DAK-Gesundheit, Hamburg; März 2017
Neubeck M. Evidenzbasierte Selbstmedikation 2017/2018. Deutscher Apotheker Verlag
Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), Stand 2009; Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“, Update 2016, AWMF-Registernummer 063-003
Schlafprobleme bei Schichtarbeit. Patientenratgeber der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) 2011, www.dgsm.de
Schlenger R. Selbstmedikation - Schlafstörungen ohne Hangover behandeln. DAZ 2010;18:58
Teamschulung Schlafstörungen. Deutscher Apotheker Verlag 2019;1(20)
Werner S. Schlafen ist nicht immer einfach - Beratung von Kunden mit Schlafstörungen. DAZ 2017;50:50
Wild C. Jetlag – Innere Uhr aus dem Takt. Pharm Ztg 2010;28:30-31
Wohlers K et al. Schlaf gut, Deutschland. TK-Schlafstudie 2017, Stand November 2017
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