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Holzappel in Rheinland-Pfalz
Apotheke schließt wegen Ärztemangel
Am 21. Juni schließt die „Apotheke in Holzappel“ nach 177 Jahren ihre Pforten für immer. Aus wirtschaftlichen Gründen gibt Apothekerin Sabine Meyer-Lehnert die Offizin in der rheinland-pfälzischen Region Esterau auf – ein Jahr bevor der letzte Landarzt der Region in Rente geht.
Insbesondere ältere Patienten trifft es
Einstmals im 17. Jahrhundert war die rheinland-pfälzische Region Esterau – im heutigen Rhein-Lahn-Kreis nahe Limburg an der Lahn gelegen – eine eigene Grafschaft und das heutige rund 1000-Einwohner-Dorf Holzappel eine Stadt und deren Zentrum. Ab dem 21. Juni 2016 werden die zehn Dörfer der Esterau keine Apotheke mehr haben und ab dem kommenden Jahr wohl auch keinen Arzt. Denn Apothekerin Sabine Meyer-Lehnert wird an diesem Tag die Tür der „Apotheke in Holzappel“ ein letztes Mal zuschließen. Dann endet eine 177 Jahre alte Tradition – seit 1839 gab es die Apotheke.
„Vor 30 Jahren gab es in der Umgebung noch vier Ärzte“, erklärt die Apothekerin. Vor zwölf Jahren, als sie die Apotheke übernahm, gab es mit dem Allgemeinmediziner Michael Monet bereits nur noch einen in der Esterau, in der rund 5500 Menschen leben. Und der schließt im Frühjahr 2017 altersbedingt seine Praxis – ohne bislang einen Nachfolger gefunden zu haben. „Und eine Landapotheke ohne Landarzt geht nicht“, sagt Meyer-Lehnert. Daher müsse sie ihre Apotheke aus wirtschaftlichen Gründen schließen.
In Zukunft wird die Beratung in der Nähe fehlen
Fest steht das bereits seit einer Weile. Im November vergangenen Jahres hatte sie das Datum 21. Juni bereits festgelegt – und das Wunder ist ausgeblieben. Auch dass sie über Holzappel hinaus die Dörfer der Esterau beliefert hatte, konnte die Apotheke nicht retten. Die nächsten Offizinen sind rund zehn Kilometer entfernt in der größeren Stadt Diez am einen Ende der B 417und am anderen Ende in der Ortschaft Nassau.
„Die Versorgung der Bevölkerung wird durch die umliegenden Apotheken sicherlich gewährleistet sein – aber mit großen Einschnitten bei der Schnelligkeit und der Erreichbarkeit“, sagt die Apothekerin. Betroffen sein werden davon insbesondere die älteren Patienten, die weniger mobil sind. Auch wenn die Apotheker im Raum Dietz die Belieferung der Patienten nach dem 21. Juni ansatzlos übernehmen werden, gebe es nun doch eben keine Beratung mehr direkt in der Nähe.
Die neue ApBetrO trägt Mitschuld
„Ich bedauere das sehr, weil ich diese schöne alte Apotheke sehr liebe“, sagt Meyer-Lehnert. Die 60-Jährige wird der Region zumindest erhalten bleiben und in ihrem Haus in Charlottenburg zukünftig Seminare zu Gesundheitsberatung, Homöopathie und Naturheilverfahren anbieten. Auch Vertretungsdienste in anderen Apotheken werde sie übernehmen. Die historische Einrichtung der Offizin soll unterdessen ein Museum erhalten; die sechs Angestellten haben bereits neue Anstellungen in der Umgebung gefunden.
Vielleicht, sagt Meyer-Lehnert, hätte die Apotheke noch eine Weile weiter existieren können, wenn zumindest die Vorgaben etwas gelockert worden wären. „Ich habe schon lange keine Approbierten mehr hier. Wenn man mir dann zumindest den Samstagsdienst erlassen hätte“, sagt die Apothekerin. Letztlich habe sie viele Dienste und Notdienste alleine machen müssen. „Wir haben einen großen Mangel an Approbierten auf dem Land“, sagt sie. Die zöge es alle in die Stadt, was auch die vergebliche Suche nach einem Nachfolger mit erkläre.
Flexiblere Vorgaben hätten die Apotheke vielleicht gerettet
Flexiblere gesetzliche Vorgaben, die die wirtschaftliche und personelle Situation der Apotheken mehr berücksichtigen würden, hätte sie sich gewünscht. Und vielleicht auch die konsequentere Umsetzung der häufigen Überlegungen von Politikern, Medizinern einen Anreiz zu bieten, Praxen auf dem Land zu übernehmen oder zu eröffnen.
Kritik übt sie auch an der novellierten Apothekenbetriebsordnung aus dem Jahr 2012. Die habe ihr letztlich den Rest gegeben, sagt sie. Zum einen durch den Mehraufwand an Arbeit und Geld, während die Kosten allgemein immer weiter in die Höhe stiegen, zum anderen aber auch dadurch, dass für den Weiterbetrieb der Apotheke teure Umbaumaßnahmen angefallen wären, um etwa die Barrierefreiheit zu gewährleisten.
„Mit einem Arzt in der Nähe, einer Approbierten als Angestellten und lockereren Vorgaben hätte die Apotheke noch eine Zeitlang bestehen können“, sagt sie. Es seien halt zu viele Faktoren zusammengekommen.
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