Großhändler

Sanacorp-Chef kritisiert Direktverkauf-Methoden

Hamburg - 22.06.2016, 09:00 Uhr

Kritik an Geschäftspraktiken einiger Hersteller: Sanacorp-Chef Herbert Lang findet deutliche Wort und sieht die Versorgung der Apotheke in Gefahr. (Foto: Unternehmen)

Kritik an Geschäftspraktiken einiger Hersteller: Sanacorp-Chef Herbert Lang findet deutliche Wort und sieht die Versorgung der Apotheke in Gefahr. (Foto: Unternehmen)


Herbert Lang, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Sanacorp, hat deutliche Kritik an den Vermarktungsmethoden einiger Arzneimittelhersteller geübt. Diese versuchten wieder vermehrt, das Direktgeschäft zu forcieren - was letztlich zu Problemen bei der Versorgung der Apotheken führt. 

Sofortiger Leerverkauf droht

Bei der Planegger Apothekergenossenschaft Sanacorp herrscht Unmut über die Geschäftspraktiken mancher Pharmaproduzenten. Einige Hersteller würden vor allem bei teuren Arzneimitteln wieder verstärkt auf das Direktgeschäft setzen, klagte Sanacorp-Chef Herbert Lang auf der Hauptversammlung des Unternehmens. Dies führe dazu, dass Sanacorp von einigen Herstellern bei bestimmten Arzneimitteln nur noch Kontingente zugeteilt bekomme, die für die Belieferung der Apotheken nicht immer ausreichten.

Lang forderte diese Hersteller „ganz eindeutig und unmissverständlich“ auf, ihrer gesetzlichen Verpflichtung einer kontinuierlichen Bereitstellung von Arzneimitteln „ohne Wenn und Aber“ nachzukommen. Es könne und dürfe nicht sein, dass Sanacorp interne Mechanismen etablieren müsse, „die sicherstellen, dass wir nicht sofort leergekauft werden können“. Schließlich sei es die Kernaufgabe der Genossenschaft, die Mitglieder und Kunden nach deren Bedarf zu versorgen. Lang: „Alles andere sind planwirtschaftliche Ansätze einer Mangelverwaltung, die in einer freien Marktwirtschaft wirklich nichts zu suchen haben.“

Wettbewerber verfallen in irrationales Verhalten

Besorgt zeigte sich der Sanacorp-Chef auch über das anhaltend starke Wachstum hochpreisiger Arzneimittel insbesondere im vergangenen Jahr. So habe der Umsatz mit Arzneimitteln mit einem Großhandelseinkaufspreis von über 1200 Euro weiter zugenommen, und zwar um mehr als 18 Prozent. Wenngleich sich die Entwicklung im laufenden Geschäftsjahr etwas entspannt habe, bestehe hier weiterhin politischer Handlungsbedarf „im Sinne einer Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung“. Auf diese Weise könnte die seit Jahrzehnten bewährte Mischkalkulation im Großhandel abgesichert und die Versorgungssicherheit der Apotheken erhalten werden.

Auf der Vertreterversammlung des Unternehmens in Hamburg hatte Lang wenige Tage zuvor aber auch deutliche Kritik an Wettbewerbern aus dem eigenen Lager geübt. Ähnlich wie in der Zeit von Ende 2012 bis 2014 gebe es mittlerweile wieder Tendenzen für einen Rabattwettbewerb einiger Pharmahändler. Lang bezeichnete dies als „irrationales Verhalten“. Es sei ein sehr kurzfristiges Denken des Großhandels, Kunden mit vermeintlich sehr guten Konditionen zu ködern.

Gerade im Großhandel gelte die alte Vertriebsweisheit: „Kunden, die nur wegen der Vergütung zu einem kommen, gehen auch gleich wieder, nur wegen der Vergütung.“ Hohe Rabatte würden dem Großhandel somit langfristig nichts bringen. Auch bei den Kunden setze sich zudem allmählich die Erkenntnis durch, dass ein hoher nomineller Rabatt zwar schön aussehe, aber nichts bringe, wenn die Ware nicht geliefert werden könne oder von der Vergütung ausgeschlossen sei.

Umstellung auf Namensaktien

Nachdem Sanacorp kürzlich die Notierung seiner Vorzugsaktienaktien im Entry Standard des Freiverkehrs der Frankfurter Wertpapierbörse eingestellt hat und ein freiwilliges Erwerbsangebot der Sanacorp eG ausgelaufen ist, sind derzeit noch rund ein Viertel der Vorzugsaktien der Sanacorp AG im Besitz freier Aktionäre. Nach einem Beschluss der Hauptversammlung sollen nun die bisher als Inhaberaktien geführten Anteilsscheine auf Namensaktien umgestellt werden. Als Grund gibt das Unternehmen an, dass die Sanacorp AG dadurch künftig einfacher die Identität der Aktionäre feststellen könne. Zudem sei eine leichtere Kontaktaufnahme mit den Vorzugsaktionären möglich.

Darüber hinaus hat sich das Unternehmen den Erwerb eigener Aktien genehmigen lassen. Dabei gehe es um die Möglichkeit, die Handelbarkeit der Vorzugsaktien auch nach Einstellung der Notierung im Freiverkehr zu gewährleisten. Vorzugsaktionäre hätten damit eine Möglichkeit, ihre Papiere auch künftig verkaufen zu können. 

Dividende von 99 Cent

Für das vergangene Geschäftsjahr zahlt Sanacorp erneut eine Dividende in Höhe von 99 Cent je Vorzugsaktie. Ausgehend vom Jahresschlusskurs in Höhe von 20,76 Euro entspricht dies einer Dividendenrendite von 4,77 Prozent.

Für die kommenden Jahre schätzt der Vorstand die Aussichten der Sanacorp Pharmaholding AG verhalten positiv ein. Auch weiterhin werde die Geschäftsentwicklung wesentlich von der Ausschüttung der italienischen Gemeinschaftsholding Sanastera S.p.A. geprägt sein. Sanastera vereint apothekenbestimmte, in Belgien, Deutschland und Frankreich tätige Pharmagroßhandelsunternehmen, unter einem Dach.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Lücken in der Arzneiversorgung

von Heiko Barz am 22.06.2016 um 11:50 Uhr

Jede Aktion, wie die hier im Einzelnen wie auch im Komplexen Vertriebssystem für Arzneimittel, wird mit Sichrheit bis zur neuen Regierungskoalition 2017 " Zurückgedrängt ".
Die derzeitig politischen Entscheidungsträger werden im parlamentarischen Orkus verschwinden. Erst dann können die "Neuen" sich in diese Problematik einarbeiten und bis diese zu einer Einsicht gelangen, wird wieder ein unerträglicher Zeitraum vergangen sein, der unsere Patienten weiter im Versorgungsdickicht unverantwortlicher Weise zurück läßt.
Die Arzneimittelversorgung hat dennoch nichts mit Wahlkampf zu tun, denn es geht um das Wohl der Patienten und das muß auch einem verantwortungsbewußten Parlamentarier bis zum Ende seiner vier Jahre Verpfichtung sein.

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Liefermisere

von Dr.Diefenbach am 22.06.2016 um 10:26 Uhr

Dazu hatte ich gestern eine Info geschrieben.Es ist unmöglich,wie miserabel die Dinge laufen,und KEINER kümmert sich offenbar darum.Phönix Hanau hatte zB 690 Packungen Diclofenac Ratio 50 mg,die zwanziger,geordert.Geliefert wurden laut selbst eingeholter Auskunft ZEHN Packungen von Ratio an Phönix.

Wir orderten 50 Packungen DIREKT,diese wurden auch geliefert.Phönix hatte immer noch keine Ware.

Also hier laufen doch Mechanismen ab,die UNBEDINGT abgestellt gehören.Oder nimmt die."Praxis" diese Schlampereien und wahrscheinlich strategisch!! angelegten Dinge hin??Warum beschweren sich eigentlich nicht Tausende KollegInnen über diese Sachverhalte,die ja vielfach vorkommen?

Übrigens ist diese Diclofenac Variante RABATTVERTRAG der AOK Hessen...

Uns retaxiert man wegen jedem Komma,DAS läuft dagegen durch.Lobby Pharmaindustrie...Deswegen kommen wir auch mit unseren Forderungen zu Engpässen nicht weiter.Sicher gibt es smarte Erklärungen aus Strategiesitzungen...Und Herr Gröhe ignoriert alles sowieso.Oder hat man von ihm Nennenswertes gehört in den letzten Wochen?

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