Selbstzahler-Leistungen 

Das Kreuz mit dem IGeL

Berlin - 12.07.2016, 15:01 Uhr

In der Kassen-Kritik: Selbstzahlerleistungen der Ärzte. (Foto: jyleken / Fotolia) 

In der Kassen-Kritik: Selbstzahlerleistungen der Ärzte. (Foto: jyleken / Fotolia) 


Die gesetzlichen Krankenkassen haben Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, in der Arztpraxis als weitgehend unnötig kritisiert. „Die Selbstzahler-Leistungen sind vor allem ein Griff der Ärzte in das Patienten-Portemonnaie“, sagte der Sprecher des Krankenkassen-Spitzenverbands, am Dienstag in Berlin. 41 IGeL wurden bewertet - nur drei als „tendenziell positiv“ eingestuft.

Selbstzahler-Leistungen, kurz IGeL, beim Arzt bringen den Patienten nach Ansicht der Krankenkassen meistens keinen nachweisbaren Nutzen. Die Angebote könnten vielfach sogar schaden, sagte der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Kassen-Spitzenverbands (MDS), Peter Pick, am Dienstag in Berlin. Mehr als eine Milliarde Euro verdienten die Ärzte jedes Jahr mit diesen Leistungen. Die Ärzte setzten ihre Patienten teils unter „aggressiven Verkaufsdruck“, am häufigsten Orthopäden, Hautärzte und Urologen.

Der MDS hat 41 dieser Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) überprüft. Nur 3 wurden „tendenziell positiv“ bewertet:

Zu den häufigsten Risiken zählen laut den Kassen Fehlalarme bei Ultraschall der Eierstöcke und der Brust zur Krebsfrüherkennung. Die Gefahr sei, dass kleine Tumoren unnötig operiert werden. Keine oder nur geringe Hinweise auf einen Nutzen gebe es beim PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs sowie bei professioneller Zahnreinigung.

Baby-TV und die Messung des Augeninnendrucks

Neu untersucht hat der Medizinische Dienst ergänzende Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft, etwa das „Baby-Fernsehen“ in 3D. Das schade nicht - nutze bei Kosten zwischen 20 und 200 Euro aber auch nicht zusätzlich. Mehr als die drei Routine-Ultraschalluntersuchungen seien medizinisch nicht nötig, sagte MDS-Expertin Michaela Eikermann.

Keine neuen Studien gebe es zur häufig angebotenen Messung des Augeninnendrucks zur Früherkennung des grünen Stars. Es bleibe bei der tendenziell negativen Bewertung. Denn die Messung habe nur eingeschränkte Aussagekraft. Patienten könnten verunsichert werden.

Die meisten Patienten - 82 Prozent - kennen Selbstzahler-Leistungen. 52 Prozent derer, die IGeL-Leistungen angeboten bekommen haben, nehmen sie an. Drei von vier Patienten fühlen sich aber nicht ausreichend über Schäden informiert, wie eine MDS-Befragung von 2149 Patienten ergeben hat.

Die Ärzte wehrten sich gegen die Vorwürfe. „Es ist falsch, IGeL unter Generalverdacht zu stellen“, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. „Im individuellen Patientenfall können IGeL durchaus medizinisch sinnvoll sein.“ Die Kassen-Zahnärzte bemängelten, dass die Zahnreinigung überhaupt als IGeL-Leistung eingestuft wird, handele es sich doch um eine „wichtige prophylaktische und therapeutische Behandlung“.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) kritisierte: „Ein Verkauf von Zusatzleistungen gegen Bargeld kann die Arzt-Patienten-Beziehung negativ belasten.“ Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte: „Viel zu häufig werden Patienten überrumpelt von Angeboten, deren Nutzen oft umstritten ist.“ Nötig sei eine vierzehntägige Bedenkzeit.



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1 Kommentar

IGel, warum nicht ?

von Heiko Barz am 13.07.2016 um 10:45 Uhr

Die KKassen sind selbst aus purer Sparwut Schuld, dass es IGel gibt. Viele der IGel sind eigentlich originäre Aufgaben der KKassen. Sich aber aufzuplustern und die IGelanbieter medienwirksam in toto geldgierigen Haifischen gleichzustellen, ist dann doch zu kurz gegriffen.
Natürlich kann das eine oder andere "Angebotene" seiner Bedeutung und Wirkung nach diskutiert werden.
Es bleibt aber der schale Beigeschmack, dass privatwirtschaftliche Aktionen im Bereich der Gesundheitsversorgung, an denen die KKassen planwirtschaftliche nicht anteilig sein können, zu verunglimpfen sind.

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