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Sorge um Arzneimittel-Versorgung
AfD denkt über Bedarfsplanung für Apotheken nach
Droht Sachsen ein Apothekenmangel? Die AfD ist in Sorge und erkundigte sich bei der Landesregierung. Ein Abgeordneter gibt sich angesichts aktueller Zahlen beruhigt. Doch die Anfragen offenbaren das Wissen der Partei in Sachen Gesundheitswesen: Erstaunlicherweise frägt die Partei, ob es eine regionale Bedarfsplanung gibt. Er sieht sie als Option für die Zukunft an.
Nachdem sich die sächsische Landtagsfraktion der „Alternative für Deutschland“ (AfD) schon um die Versorgung mit Ärzten gekümmert hat, nahm sie sich nun in Kleinen Anfragen an die Landesregierung dem Thema Apothekenmangel an. „Wie viele Apotheken gab es in Sachsen in den letzten fünf Jahren? (Bitte nach Jahreszahlen aufschlüsseln)“, fragte der Abgeordnete André Wendt (Eigenschreibweise: Andre).
Die Antworten fallen oft kurz aus, da viele Informationen eigentlich keiner Anfrage bedürfen – denn sie sind ohnehin öffentlich. Mit Verweis auf die Daten des Statistischen Landesamtes erläuterte die Landesregierung, dass die Zahl der Apotheken von 1001 in 2011 auf 989 in 2015 zurückgegangen sei – und öffentliche Apotheken im vergangenen Jahr durchschnittlich 4125 Einwohner versorgten. Auf die Frage, ob die Regierung Kenntnis von drohenden Versorgungsproblemen vor allem im ländlichen Raum habe, antwortete die zuständige Staatsministerin mit einem knappen Satz: „Derzeit gibt es keinen Versorgungsmangel, die Staatsregierung hat auch keine Kenntnisse zu einem drohenden Versorgungsmangel.“
Gut mit Apotheken ausgestattet
„Man kann sagen, dass uns die Antwort auf den ersten Blick beruhigt hat“, erklärt Wendt gegenüber DAZ.online. „Ich denke mal, wir sind ganz gut ausgestattet mit Apotheken“, sagt er – wobei die Antwort der Landesregierung von der vergangenen Woche noch nicht ganz ausgewertet sei.
Laut Wendt gab es bei der AfD-Fraktion Beschwerden von Bürgern, die sich um die Arzneimittelversorgung sorgen. „Die Anfrage haben wir gestellt, um für uns einen Sachstand zu erhalten – und weil diverse Personen sich bei uns gemeldet und gesagt haben, dass sie zu lange Anfahrtwege haben“, sagt er. Es sei zwar zu erkennen, dass die Anzahl der Apotheken abgenommen hat, doch da es insgesamt nur zwölf weniger seien – weniger als ein Prozent – mache er sich aktuell keine Sorgen. Doch die AfD wolle weiter am Ball bleiben – und prüfen, ob die Angaben stimmen. „Wir recherchieren, ob diese Antwort mit den aktuellen Daten eins zu eins einhergeht, ob es keinen Versorgungsmangel gibt“, sagte Wendt.
Gibt es Bedarfsplanungen?
Erstaunlich ist eine weitere Frage des AfD-Abgeordneten. Wendt ist zwar eigentlich IT-Spezialist bei der Bundeswehr. In der Fraktion kümmert er sich auch um den Bereich Soziales. Dennoch ist für den Abgeordneten offen, ob es bei Apotheken eine Bedarfsplanung gibt. „Gibt es regionalisierte Bedarfsplanungen für Apotheken? Wer nimmt diese vor?“, fragte er daher. Die Antwort fiel relativ knapp aus. „Nein“, schrieb die Staatsministerin. „Es gibt keine regionalisierten Bedarfsplanungen für Apotheken.“
Nach einer Absprache mit den Beratern wolle die Fraktion dem Thema nochmal nachgehen. „Eine Bedarfsplanung wäre für die Zukunft ein wichtiges Instrument, um dafür zu sorgen, dass man auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung sicherstellen kann“, erklärt Wendt.
AfD auf Linken-Kurs?
Damit verfolgt er offenbar unbewusst ähnliche Ziele wie eine Partei vom anderen Ende des politischen Spektrums: Die Forderung nach einer Bedarfsplanung für Apotheken ist eigentlich eine Idee, für die sich seit Jahren die Linken einsetzen. Schon vor drei Jahren hatte Martina Bunge, damalige gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, gefordert, dass Daten zum Bedarf und den bestehenden Versorgungsstrukturen ermittelt, wissenschaftlich bewertet und in die von ihrer Fraktion geforderte Reform der Bedarfsplanung integriert werden.
Gleichzeitig will Wendt jedoch nicht die Niederlassungsfreiheit beschneiden, die 1958 vom Bundesverfassungsgericht als rechtmäßig anerkannt und damit eingeführt wurde. „Die würden wir auch nicht antasten wollen“, sagt Wendt. „Wir werden prüfen, inwiefern das in Erwägung gezogen werden könnte – wenn, dann nur im Verbund mit Apotheken“, erklärt er.
Ärzte und Apotheker aufs Land locken
Auch der Nachwuchs an Ärzten ist für die AfD ein Thema. In der Medizin würden viele Studieninteressierte nicht zugelassen. „Die Bewerberzahlen sind glaube ich sehr viel höher als die Zahl derjenigen, die angenommen werden“, sagt Wendt. Die AfD versuche, Ärzte in den ländlichen Raum zu locken, erklärt er.
Auch für den Nachwuchs an Apothekern interessiert sich die Partei. „Dahingehend wollten wir auch wissen, wie es um die Zahl der Pharmaziestudierenden bestellt ist“, erklärt der Abgeordnete. Die Zahlen sind nach Auskunft der Landesregierung etwas zurückgegangen – von 256 im Wintersemester 2011/2012 auf 226 im vergangenen Wintersemester. „Wir müssen jetzt ergründen, warum das so gewesen ist“, erklärt Wendt.
Wie steht es um die Notdienste?
Sorge macht der AfD auch die Notfallversorgung. „Nach welchen Anforderungen werden Notdienste von Apotheken in Sachsen geplant?“, fragte Wendt in einer zweiten Anfrage. Gemäß § 1 Apothekengesetz müsse die Landesapothekerkammer die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung auch zu den Nachtzeiten sicherstellen, erläuterte die Staatsministerin. „Die Dienstbereitschaft zu diesen Zeiten ist als ‚Notdienst‘ zu verstehen, der der Bevölkerung zwar eine geordnete, aber nicht in jeder Hinsicht bequeme Arzneimittelversorgung gewährleisten soll“, erläuterte sie in ihrer Antwort.
Gute Nachrichten hatte sie auf die Frage, wie viele Notdienste im Jahr 2015 nicht besetzt werden konnten. „Es wurde bisher immer eine ständige Dienstbereitschaft zur Sicherstellung der pharmazeutischen Versorgung der Bevölkerung rund um die Uhr gewährleistet“, schreibt die Landesregierung – und erklärt in einer anderen Antwort, dass Pflichtverstöße von Apothekern geahndet würden.
Ist Großenhain überlastet?
Interessant ist, wie stark die durchschnittliche Anzahl der Notdienste variiert. Im Dienstbereitschaftskreis Thum waren es laut Landesregierung 2015 nur acht, in Großenhain mit Radeburg jedoch 100. „Das ist schon viel“, sagt Wendt. Die Fraktion werde nachfragen, warum die Zahl so hoch ist. „Wir müssen schauen, wie die Belastung zu meistern ist“, erklärt er. Auch sei zu ergründen, ob es eine Überlastung darstelle – wobei die Apotheken auf der anderen Seite ja auch daran verdienen würden.
Insgesamt zeigt sich der AfD-Politiker angesichts der Antworten der Landesregierung beruhigt. „Es schaut auf den ersten Blick so aus, dass eine flächendeckende Versorgung in Sachsen gewährleistet ist“, sagt er. Er werde aber weiter am Thema bleiben.
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