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Nach erheblicher Kritik
Bundestag stimmt für umstrittene Forschung an Demenzkranken
Patientenschützer, Kirchen und viele Politiker hatten heftig protestiert – dennoch votierte die Bundestags-Mehrheit am Mittwoch dafür: Zukünftig können Studien an Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen durchgeführt werden, die selber hiervon nicht profitieren. Kritiker fürchten einen Dammbruch.
Am gestrigen Mittwochnachmittag stimmte der Bundestag für einen Antrag von SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), bislang verbotene Studien an Patienten mit geistigen Beeinträchtigungen zu erlauben. Wenn diese Patienten zuvor über eine schriftliche Verfügung eingewilligt haben, sollen sie nach dem Willen der Parlamentsmehrheit auch dann als Probanden herangezogen werden können, wenn sie selber keinen Nutzen durch die jeweilige Studie erwarten können.
4. AMG-Änderungsgesetz mehrfach verschoben
Noch vor drei Jahren hatte der Bundestag einstimmig gegen eine derartige Regelung entschieden. Doch diesen Sommer hat sich die Bundesregierung offenbar auf Drängen von Gröhe sowie Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) dazu entschlossen, die Forschung in diesem Bereich freizugeben. Auch weil sie weder eine inhaltliche Begründung für diesen Schritt angegeben hatte, noch Zeit für eine Diskussion hierüber angesetzt war, gab es erhebliche Kritik an den Plänen. Nach Druck aus den Reihen der Opposition verschob die Große Koalition mehrfach die Verabschiedung des vierten AMG-Änderungsgesetzes, das die neue EU-Verordnung für klinische Studien in Deutschland umsetzen soll. Dieses Gesetz beinhaltet auch die Regelung, dass Apotheken keine Verordnungen mehr bedienen dürfen, die „offenkundig“ ohne vorherigen Arzt-Patientenkontakt ausgestellt worden sind.
Der gestrigen Abstimmung, für die der Fraktionszwang aufgehoben wurde, ging eine ausführliche Diskussion der Kritikpunkte voraus. „Ich bin in diesen schweren Stunden sehr froh über unsere politische Kultur“, erklärte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) anlässlich der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten zum Start der Debatte. Gröhe wie Lauterbach verteidigten ihren Vorschlag, mit einigen Schutzmechanismen die Forschung an nicht-einwilligungsfähigen Patienten auch dann freizugeben, wenn diese keinen direkten Nutzen haben.
Gröhe beklagt „forschungsfeindlichen Ton“
„Zum Menschsein gehört es auch, Leid lindern zu wollen, Krankheiten besser zu verstehen, ja heilen zu können“, erklärte der Gesundheitsminister. Ihn bedrücke der „forschungsfeindliche Ton“, der in der öffentlichen Debatte oft vorherrsche. Aus seiner Sicht ginge es nicht um eine Abwägung von Lebensschutz und Forschungsinteresse, doch müsste es beispielsweise Demenzkranken auch möglich sein, an Forschungsprojekten teilzunehmen, die anderen Patienten nützten. „Gerade die Schwächsten brauchen unseren Schutz“, betonte Gröhe.
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