Exklusiv-Interview Dittmar (SPD) / Hennrich (CDU)

„Wenn wir nichts unternehmen, verändert sich der Markt“

Berlin - 14.11.2016, 13:30 Uhr

Streitpunkt Apotheke: Sabine Dittmar (SPD) und Michael Hennrich (CDU) haben teils unterschiedliche Ansichten zur Rx-Preisbindung, sind aber beide der Meinung, dass der Gesetzgeber schon bald handeln muss. (Foto: Külker)

Streitpunkt Apotheke: Sabine Dittmar (SPD) und Michael Hennrich (CDU) haben teils unterschiedliche Ansichten zur Rx-Preisbindung, sind aber beide der Meinung, dass der Gesetzgeber schon bald handeln muss. (Foto: Külker)


Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung steht bislang nur eines fest: der Gesetzgeber muss handeln. Doch die Große Koalition ist sich uneinig. Während die Union die Apotheker vor der Versand-Konkurrenz schützen will, kann sich die SPD mehr Wettbewerb vorstellen. DAZ.online hat die Arzneimittel-Experten der Regierungsfraktionen, Sabine Dittmar (SPD) und Michael Hennrich (CDU) gefragt, wie es weitergehen soll.

Knapp einen Monat nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung steht der Apothekenmarkt vor vielen offenen Fragen: Wie reagieren deutsche Versandapotheken auf die Boni-Erlaubnis für DocMorris und Co.? Ist ein Rx-Versandhandelsverbot eine sinnvolle Lösung, um die Apotheke vor Ort zu schützen? Und welche sonstigen Alternativen gäbe es, um für alle Marktbeteiligten wieder klare Strukturen in den Markt zu bringen?

Die Apotheker fordern weiterhin vehement das Rx-Versandverbot, um die neuen Chancen der Versender im Keim zu ersticken. Auf ihrer Seite steht die Bundestagsfraktion der Union samt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Michael Hennrich, Arzneimittel- und Apothekenexperte der Union im Bundestag, sprach sich sofort nach dem Urteil dafür aus, den Versand mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Die SPD hingegen warnt seitdem vor Schnellschüssen. Sabine Dittmar, Berichterstatterin für das Thema Apotheken, will erst alle Optionen prüfen, bevor Beschlüsse gefasst werden.

DAZ.online hat beide Politiker mit dieser Meinungsverschiedenheit konfrontiert. Hier das Interview:

Von links: DAZ-Chefredakteur Benjamin Wessinger, DAZ.online-Redakteur Benjamin Rohrer, Sabine Dittmar (SPD) und Michael Hennrich (CDU) im Gespräch. (Foto: Külker)

DAZ.online: Herr Hennrich, warum ist das Rx-Versandhandelsverbot die richtige Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Preisbindung?

Hennrich: Das Urteil ist eine Zäsur für den gesamten Markt. Die Apotheker können sich nun nicht mehr sicher sein, wie es in Zukunft weitergeht. Unternehmen wir nichts, steht ein Paradigmenwechsel an. Mit einem Rx-Versandverbot würden wir wieder wissen, was im Markt passiert. Natürlich müssen wir auch andere Varianten prüfen, aber das benötigt Zeit. Und deswegen ist das Verbot erst einmal die beste Lösung.

Dittmar: Die schnellste, nicht unbedingt die beste!

DAZ.online: Frau Dittmar, Sie haben mit dem Verbot Probleme. Warum wäre ein Versandausschluss für Rx-Arzneimittel für Sie nicht das Richtige?

Dittmar: Als Medizinerin möchte ich zunächst festhalten, dass ich mich für ein vertrauensvolles und persönliches Zusammenspiel zwischen Arzt und Apotheker einsetze. Wir müssen dafür sorgen, dass die Präsenzapotheke ihren Gemeinwohlpflichten nachkommen kann. Und ich stehe dem Versandhandel auch skeptisch gegenüber: Aus meiner Sicht ist aber eher der OTC-Versandhandel ein Problem. Es ist schwierig, wenn sich Menschen ohne Kontrollinstanz Paracetamol oder Omeprazol in Massen bestellen können. In der nun vorliegenden Frage bin ich aber gegen Schnellschüsse. Mir ist wichtig, dass wir die Rx-Preisbindung nicht aufgeben. Aber wieso können wir nicht über eine Umstrukturierung des Apothekenhonorars sprechen? Und wieso können wir nicht prüfen, ob wir auch deutschen Apotheken erlauben, Boni im Rahmen der Preisbindung zu gewähren? Der Großhandel darf das gegenüber Apotheken im engen Korridor ja auch. Außerdem sind wir nicht davon überzeugt, dass ein Rx-Versandhandelsverbot überhaupt rechtssicher umsetzbar wäre

Wie rechtssicher wäre das Rx-Versandverbot?

Hennrich: Wir glauben schon, dass das Rx-Versandhandelsverbot rechtssicher wäre. Das EU-Recht lässt es schließlich zu, dass Mitgliedstaaten den Versandhandel verbieten. Auch auf nationaler Ebene sollte es keine Probleme geben, weil wir nicht den gesamten Versandhandel verbieten wollen. Im Übrigen finde ich auch nicht, dass unser Vorschlag ein „Schnellschuss“ ist. Wir hatten vor dem EuGH-Urteil genug Zeit, um uns mit allen Möglichkeiten zu beschäftigen. Wir haben sehr wohl abgewogen.

DAZ.online: Welche juristischen Argumente sprechen denn gegen das Rx-Versandverbot, Frau Dittmar?

Dittmar: Zunächst einmal, weil der EuGH uns die Argumente, die wir ihm vor einem Jahr zur Verhandlung vorgelegt haben, um die Ohren gehauen hat. Es ist mehr als wackelig, wenn wir mit diesen gleichen Argumenten jetzt den Rx-Versandhandel verbieten wollen. Außerdem sind wir uns inzwischen sicher, dass ein Notifizierungsverfahren folgt. Gibt es dabei Probleme, kann sich das Verfahren über anderthalb Jahre hinziehen. Und in dieser Zeit steht der Markt nicht still.

Hennrich: Da gebe ich der Kollegin Recht. Wenn wir nichts unternehmen, verändern sich innerhalb von ein bis zwei Jahren die Marktstrukturen. Wir müssen daher schnell eingreifen und noch in dieser Legislaturperiode neue Regeln aufstellen.

Dittmar: Das stimmt. Genau aus diesem Grund sollten wir uns auch darüber im Klaren sein, dass dieses Rx-Versandverbot nicht unbedingt zur Lösung beiträgt, um die Präsenzapotheken zu sichern. Wir sehen doch jetzt schon, wie erfinderisch die europäischen Versandapotheken sind. Ein Rx-Versandhandelsverbot wird die nicht lange jucken. Da werden einfach Modelle entworfen, um das Verbot zu umgehen, wie etwa beauftragte Abholungen.

Hennrich: Wähler hätten Verständnis für das Versandverbot

DAZ.online: Herr Hennrich, wie verkaufen Sie ein Rx-Versandhandelsverbot eigentlich Ihren Wählern? Wie erklären Sie einer sich digitalisierenden, modernen Gesellschaft, dass im Jahr 2017 ein Online-Marktsegment verboten werden soll?

Hennrich: Das ist einfach darzulegen. Ich erkläre den Menschen, dass es in dieser Frage um grundsätzlichere Veränderungen geht, die die ganze Gesellschaft betreffen. Wir müssen uns zum Beispiel darüber Gedanken machen, wie unsere Beschäftigung, unsere Arbeit in Zukunft aussehen soll? Wollen wir einen Apotheker im Ort haben, mit dem wir Angesicht zu Angesicht sprechen können? Oder sollen alle Menschen künftig in großen Lagerhallen oder an Telefonhörern arbeiten? Sie werden lachen, aber für diese Position bekomme ich im Wahlkreis sehr viel Verständnis.

Dürfen sich Versicherte mit Rx-Boni bereichern?

DAZ.online: Am vergangenen Donnerstag hatten Sie ja die Gelegenheit, sich auf Spitzenebene mit dem Bundesgesundheitsministerium zu dem Thema auszutauschen. Können Sie bald eine gemeinsame Lösung präsentieren?

Dittmar: Nein, noch nicht. Wir müssen uns noch einmal zusammensetzen. Für uns als SPD wäre es sinnvoll, das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) früh einzubinden. Schließlich geht es ums Apothekenhonorar, für das das BMWi federführend zuständig ist.

Hennrich: Wir müssen auch noch einmal darüber sprechen, was mit den Boni passiert, die DocMorris anbietet. Es kann nicht sein, dass die beim Patienten bleiben. Die Rabatte müssten eigentlich an die Versichertengemeinschaft weitergegeben werden. So funktioniert unser Solidarsystem. Und bei der steigenden Höhe der Rx-Boni wird das zum Thema. Früher gab es ein paar Euro pro Rezept, heute ist da viel mehr Geld im Spiel.

DAZ.online: Frau Dittmar, Sie bezeichnen das Rx-Versandverbot als Schnellschuss und wollen alle Varianten prüfen. Haben Sie dem BMG denn eine machbare Alternative vorgelegt?

Dittmar: Die SPD-Arbeitsgruppe hat sich wie gesagt darauf verständigt, alle denkbaren Optionen zunächst auf ihre europa- und verfassungsrechtliche Umsetzbarkeit und Rechtssicherheit prüfen zu lassen. Aus unserer Sicht wäre es wichtig, das Honorarsystem als Ganzes zu betrachten und zu hinterfragen. Ich setze mich dafür ein, dass der Apotheker grundsätzlich stärker als Heilberufler anerkannt wird und nicht nur als Verkäufer. Das derzeitige Vergütungssystem zielt allerdings lediglich darauf ab, die Packungsabgabe zu vergüten. Und jetzt wäre die Gelegenheit, dieses Thema anzupacken.

CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich im Gespräch mit DAZ.online-Redakteur Benjamin Rohrer. (Foto: Külker)

DAZ.online: Dazu müssten Apotheker aber erst einmal mehr machen dürfen. Wenn Sie sie am Medikationsplan nicht beteiligen und die Ärzte jegliche Arbeitsabnahme durch Apotheker abblocken, brauchen wir uns über den Apotheker in der Primärversorgung nicht zu unterhalten…

Dittmar: ARMIN ist für mich ein tolles Beispiel für die Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern, wie sie für mich eigentlich sein sollte. Ärzte wissen nun einmal nicht alle Wechselwirkungen auswendig – natürlich ist es gut, dass der Apotheker sich dann darum kümmert. Auch die technische, digitalisierte Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist beispielhaft. Und Sie haben Recht, da werden die Apotheker oft von den Ärzten ausgebremst. Aber ich sage meinen Mediziner-Kollegen auf jeder Veranstaltung, dass sie sich da öffnen müssen.

Apotheker müssen sich öffnen, auch liefern und kreativer werden

DAZ.online: Kommen denn aus der Berufsvertretung der Apotheker aus Ihrer Sicht genügend Vorschläge, wie man das Gesundheitssystem innovativ weiterentwickeln kann?

Dittmar: In den Gesprächen mit der ABDA fehlt mir ab und zu schon etwas die Kreativität. Nach dem EuGH-Urteil haben wir immer nur ein Argument vernommen: den Rx-Versandhandel verbieten. Neue, alternative und kreative Ideen zur Weiterentwicklung wären auch mal schön. Die Offizinapotheker müssen auch ihren Beitrag leisten, um die Patientenbindung aufgrund ihrer fachlichen und persönlichen Kompetenz weiter auszubauen.

Hennrich: Das ist in der Sache richtig. Allerdings liegt das aus meiner Sicht oft gar nicht an den Verbänden selbst, sondern an ihren Mitgliedern. Verbände sind mit dem Denken oft weiter als ihre Mitglieder. Häufig ist es aber so, dass die Mitglieder die von ihrer Berufsvertretung vorgeschlagenen Konzepte ablehnen. Den Verbänden bleibt dann die Verteidigung des Status Quo.

Sabine Dittmar, Berichterstatterin für das Thema Apotheken bei der SPD-Bundestagsfraktion. (Foto: Külker)

DAZ.online: Aus Ihrer Sicht ist die von der ABDA vorgebrachte Argumentationskette in Sachen Rx-Versandhandelsverbot also schlüssig, Herr Hennrich?

Hennrich: Wie gesagt, wir müssen die Präsenzapotheke vor Ort jetzt schnell stärken und somit Gerichtsverfahren und Klagen vermeiden. Wir brauchen Sicherheit und klare Strukturen im Markt. Die von Frau Dittmar angesprochene grundsätzliche Veränderung des Honorarsystems sehe aber auch ich. Tendenzen dazu gibt es bereits, das sehen Sie bei der Honorarerhöhung für Rezepturen und die BtM-Abgabe. Das kostet aber Zeit und die haben wir im Moment nicht. Auf Ihre Frage hin sage ich aber auch, dass wir in den Reihen der Apotheker einen Kulturwandel brauchen.

DAZ.online: Inwiefern?

Hennrich: Das beste Beispiel ist eigentlich die Debatte um die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Wer sich bei diesem Thema ständig versperrt und nicht mitgeht, hat eigentlich schon verloren. Beim eRezept müssen sich die Apotheker beispielsweise einfach öffnen, da müssen sie einfach mitgehen.

DAZ.online: Sonst?

Hennrich: Es ist schon vorgekommen, dass ich mich von den Apothekern auf Veranstaltungen beschimpfen lassen musste, weil ich sagte, dass sie mit den Rabattverträgen leben müssten. Für mich ist klar: Wenn das Rx-Versandhandelsverbot tatsächlich kommen sollte, dann werde ich auf solche Situationen keine Lust mehr haben. In Diskussionen, die sich beispielsweise um die Digitalisierung drehen, würde ich dann Dinge auch einmal mit einer anderen Autorität einfordern.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

Um die SPD mache ich mir keine Sorgen mehr.

von Christian Timme am 12.12.2016 um 19:31 Uhr

Von einer Berichterstatterin ist nicht mehr zu erwarten. Wenn schon von A nach B alles weg ist und man hier bereits über die eigenen Beine fällt, gehe ich davon aus das dieser Dame noch öfters Dinge um die Ohren gehauen werden. Zu durchsichtig, zu juckig, selbst zu lahm und abhängig um dann die bereits sichtbar werdende Selbstüberforderung auf die Spitze zu treiben und mehr Kreativität einzufordern. Bitte nicht weiter füttern. Bin ich froh kein Journalist zu sein. Good job.

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SPD ? Nicht wählbar für Apothekenmitarbeiter

von Tilmann Schöll am 15.11.2016 um 8:15 Uhr

Interessant ist ja, dass sich ausgerechnet die SPD, eine SOZIALdemaokratische Partei, gegen Vor-Ort-Arbeitsplätze und Gewerbesteuer ausspricht. Die SPD ist es, die den angestellten Apothekenmitarbeitern die Existenz entzieht, gerade den "kleinen" Angestellten, die sie doch sonst immer so in den Vordergrund stellt. Komisch, dass Apothekenmitarbeiter immer wieder um Honorarerhöhungen kämpfen müssen, einfache Sachbearbeiter bei Krankenkassen aber ihre Gehaltserhöhung einfach durchgenickt bekommen. Diese Partei hat sich von ihrer Basis völlig entfernt und vermutlich weiß die Führung gar nicht, was ihre Mitglieder denken. Für mich als Apothekenmitarbeiter ist diese Partei jedenfalls nicht tragbar, da Anspruch und Wirklichkeit Trump'sche Dimensionen einnehmen. Ich würde mir wünschen, dass wir alle dies bei der nächsten Wahlentscheidung eindeutig zeigen!

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Nachtrag

von gabriela aures am 14.11.2016 um 22:22 Uhr

Liebe Frau Dittmar,

"Und wieso können wir nicht prüfen, ob wir auch deutschen Apotheken erlauben, Boni im Rahmen der Preisbindung zu gewähren? "

Entschuldigung, aber betrachten Sie mal bitte die Entwicklung des Apothekenhonorars von 2004 bis 2016.
Dann betrachten Sie mal parallel die tarifvertraglichen Anpassungen der Jahre 2004 bis 2016.
Und jetzt legen Sie noch eine Tabelle an mit den
-RX-Einkaufskonditionen in 2004,
-Verbot der Naturalrabatte ( denn ALLE Rabatte gehören den Krankenkassen , also nein, natürlich der Solidargemeinschaft) in 2007 ( oder doch früher ?) und jetzt nehmen Sie BITTE noch das
-AMNOG 2012 mit dem festgeschriebenen Maximalrabatt von 3,15% ( gilt das übrigens auch so für den Einkauf in den NL ???? ) , bzw. ca. 37€ gedeckelt mit dazu.

UND jetzt sagen Sie UNS ALLEN bitte, wie wir uns da noch einen Bonus auf Zuzahlungen aus den Rippen leiern sollen !
Entschuldigung, aber diese "wohlmeindende Marketingidee" ist zynisch und ein Schlag ins Gesicht aller, die von früh bis abends in den Apotheken dieses Landes für die Kunden bzw. Patienten Ansprechpartner für alle - und ich meine wirklich ALLE -Probleme des täglichen Lebens sind !
Wir lassen die Kunden nicht in einer Warteschleife hängen, wir suchen bei Bedarf 15 Packungen zum Anschauen raus, bis das "richtige" Allopurinol vorm Patienten liegt, wir erklären geduldig, warum jetzt rote statt blaue Schachtel, warum jetzt weiße runde statt längliche gelbe Tabletten, wir fragen, ob die Tabletten teilbar sein müssen , wir telefonieren mit der Arztpraxis, wenn ein popeliges Metoprolol retard in der passenden Dosierung nicht lieferbar ist, wir machen tausend kleine, aber wichtige Dinge täglich.
Das kostet Zeit, das kostet somit auch Geld - und dann sollen wir noch einen Teil von dem Honorar rabattieren DÜRFEN ???

Die Idee war schon unter dem Arbeitstitel "Nachteilsausgleich" nicht gut und sie wird -bei aller Sympathie für Sie persönlich- nicht besser, weil Sie sie vorbringen !

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Zuerst einmal vielen Dank,

von gabriela aures am 14.11.2016 um 16:48 Uhr

Frau Dittmar und Herr Hennrich für das ausführliche Interview !

Natürlich muß ich dazu einige Anmerkungen machen ...

1. JETZT , Frau Diitmar, muß erstmal wieder für die DEUTSCHEN Apotheken der Wettbewerbsnachteil mit seinen Folgen abgeschafft werden.Am Besten und Schnellsten durch ein RX-VV.
Sie geben ja selber zu, daß der OTC Versand kritischer ist - und den möchte ja niemand verbieten.
Nochmal zur Erinnerung: gerade mal 4,5 Millionen RX von ca. 745 Millionen RX Gesamt-Packungen wurden 2014 im Versand bestellt.
Eine Randerscheinung, beileibe kein Massenphänomen und ich unterstelle, daß viele Patienten nur deshalb das Rezept "halt auch" mitgeschickt haben, damit sie die Versandkosten für ihre OTC sparen konnten (dann gibt's nämlich keinen Mindestbestelltwert !)
DANACH können wir uns gerne über alternative Honorierungsmodelle unterhalten.
Wobei die Frage erlaubt sein muß, ob das BMWi darauf überhaupt gerade Lust hat - schließlich ist ja erst ein Gutachten über das HEUTIGE Honorar in Bearbeitung.
Da habe ich meine Zweifel...

Wir brauchen jetzt und sofort Sicherheit für unsere Angestellten in unseren Betriebe und nicht zuletzt auch für die InhaberInnen, denn von Luft, Liebe und Dankbarkeit werden die auch nicht satt.

@Herrn Hennrich: sinngemäß: "Die Mitglieder blockieren die Innovationen der Verbände".
Also zuerst ist mal das Problem, daß sich 17 Kammern und 17 Verbände auf eine Meinung einigen müssen, wobei bei der Entscheidungsfindung die restlichen 50.000 (exakte Zahl weiß ich jetzt nicht) ApothekerInnen in Deutschland weitgehend ausgeschlossen werden. Das birgt natürlich Konfliktpotential, ist aber unser standeseigenes Problem, das wir intern diskutieren und lösen müssen.
Intern und auch extern muß klar dargestellt werden, was "wir" und "man" den ApothekerInnen als Aufgabe jetzt ohne zusätzliche Fortbildung alleine durch das Studium abgedeckt, bereits zutraut.
Aber das ist eine ganz andere, sehr weitgehende (nicht einfache Diskussion).
Zum Zweiten ein profanes Beispiel: bieten wir in den Apotheken z.B. eine Vorbestellung per WhatsApp an, dauert es nicht lange, bis sich die Datenschützer, Wettbewerbszentrale, diverse Anwälte und einige Kolleginnen und Kollegen als Bedenkenträger zu Wort melden und selbst diese "Online-Version" kriminalisiert wird.
Scheinbar will und darf so ziemlich jede andere Gruppe den Apotheken reinreden...

"Neue, alternative und kreative Ideen zur Weiterentwicklung wären schön".
Ja, sicher, aber dann kommen wieder die Krankenkassen und auch immer wieder verschiedene PolitikerInnen, die der Meinung sind, daß mit dem jetztigen Honorar alles abgegolten ist.
Oder die Versandapotheken (aus NL) legen ihre Beratungsleistung auch dar, bekommen das gleiche Honorar oder - wahrscheinlicher- bieten den Krakas ihre Leistung zum Dumpingpreis bis Nulltarif an.

Allein die fehlende Anpassung des Honorars von 2004 bis einschließlich 2012 und die anschließende Veränderung um 25 cent hat doch den Krankenkassen Unsummen gespart !
Personalkosten, Inflation, Miete, Strom - alles wurde indessen teurer. Nur die Apotheken als Betriebe !! haben keinen Ausgleich bekommen.

Unter diesen Voraussetzungen muß doch auch "der Politik" klar sein, daß neue, alternative und kreative Ideen schlichtweg nicht mehr finanzierbar sind - zumal dafür sicher gleichzeitig ein Teil des Fixaufschlages von 8,35 € wegfallen soll.

Die Erhöhung der BTM Pauschale ist nach über 38 Jahren eigentlich eine Selbstverständlichkeit und keine wohlwollende Anerkennung von Leistung ...

E-Rezept: alleine den Apothekern eine Blockadehaltung zu unterstellen, ist falsch. Vielmehr sind auch viele Ärzte dagegen - oder möchten z.B. erst die Kostenübernahme der Hard-und Softwarekosten durch die Krankenkassen geklärt wissen.
Ich teile die Befürchtung, daß die e-Rezepte "irgendwo hinter der Grenze" landen - schließlich ist das ein weiteres Marketinginstrument der Versandapotheken, mit dem sie sich im deutschen Markt besser postionieren möchten.

Ich könnte noch stundenlang schreiben, aber leider fehlt die Zeit und selbst dieser Beitrag hat jetzt fast 3 Stunden gedauert ....

Für Rückfragen stehe ich ihnen gerne auch persönlich zur Verfügung !


Mit den besten Grüßen,

Gabriela Aures
Rathaus Apotheke
Untere Marktstr.5
85080 Gaimersheim



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Politikwechsel

von Ulrich Janzik am 14.11.2016 um 16:02 Uhr

Nicht nur der Markt, auch die Parteienstruktur wird sich nächstes Jahr ,wenn Ärzte , Apotheker, Krankenhauspersonal und deren Entourage Alternativen gewählt haben werden,verändern.
Ärzte und Apotheker liegen bei einer Vertrauensquote von ca. 88% Prozent in der Bevölkerung, Politiker, die laut Seehofer gewählt werden, aber keine Entscheidungen treffen dürfen, belegen mit 15% den letzten Platz.
Wählen wir Politiker, die Entscheidungen
-und zwar die richtigen-treffen können und wollen .

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Dumm gelaufen

von Wolfgang Müller am 14.11.2016 um 15:41 Uhr

Einen besseren Anlass zur Selbstkritik als dieses Interview gibt es nicht oft. Mit blitzgescheiten, hoch aufmerksamen und alles gut in den richtigen Kontext stellenden und abspeichernden Gesprächspartnern darf man sich nicht immer wieder zu glatt anstelllen, die Ergebnisse könnten niederschmetternd sein.

Zum Abgeordneten Hennrich:
Als Gesundheitspolitiker würde ich auch denken, "Was ist denn mit denen los? Die können mich mal!", wenn ich wegen der evident gesamt-gesundheitspolitisch und volkswirtschaftlich richtigen "Rabattverträge" angegangen würde. Die ja - was zugunsten der allgemeinen wohlfeilen Jammerei so gerne vergessen wird - 2006 unsere Rettung vor der schon damals praktisch beschlossenen Rx-Preis-Freigabe waren.

Zur Abgeordneten Dittmar:
Frau Dittmar hat ganz offensichtlich ganz im Sinne mancher unserer Chef-Kolleg/innen (zuletzt z. B. beim entsprechenden Jubel-DAT) vollkommen verinnerlicht, dass ein Apotheker-Honorar "Weg von der Packung" und "Hin zu Beratungsgestützten Selektivverträgen" ja auch für uns etwas ganz was Feines sein könnte! Warum also nicht gleich im BMWi-Gabriel-Projekt zum Apothekenhonorar gleich Nägel mit Köpfen machen, und dieses blöde Rx-Versandverbot blockieren? Fixhonarar - sowieso immer weniger wichtig, sehen doch die Apotheker eigentlich auch so! Und: Diese ganze Logistik und Schachtelschubserei, befreien wir sie doch davon, Einzelhandel wollen die doch selber nicht mehr machen ............

Ganz dumm gelaufen, beides bedarf mal standespolitischer Klarstellung: Rabattverträge sind für uns manchmal ziemlich unangenehm, aber grundsätzlich eine richtige, gute Sache.

Und, noch viel wichtiger: Wir KÖNNEN unsere Finanzierungsbasis realistischerweise KEINESFALLS zu mehr als höchstens einem Prozent in GKV-Selektivverträgen sehen. Statt in einem vernünftigen, packungsbezogenen Fixhonorar! Das wäre in Wirklichkeit ERST RECHT das Ende der traditionellen Präsenz-Apotheke.

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Patientenbindung

von Frank Zacharias am 14.11.2016 um 15:12 Uhr

"Die Offizinapotheker müssen auch ihren Beitrag leisten, um die Patientenbindung aufgrund ihrer fachlichen und persönlichen Kompetenz weiter auszubauen. "

Liebe Frau Dittmar, genau das machen wir seit Jahren! Nur nützt einem all das nichts, wenn der Kunde mit kurzfristigen Boni gelockt wird. Leider wird er unseren Nutzen erst dann erkennen, wenn es niemanden vor Ort mehr gibt.

Und ja, wir verweigern uns nicht der Digitalisierung. doch ich möchte meinen Kunden analog ansprechen, damit er mich als Mensch warnimmt und auch selbst als Mensch wargenommen wird. Das hat auch etwas mit Lebensqualität zu tun.

Ich schliesse mich da Herrn Bauer an - Ihr müsst euch bekennen, wieviel Vor-Ort-Betreuung Ihr wollt. aber das habt ihr dann auch zu bezahlen!
Im Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung stehen reihenweise Verpflichtungen für uns. Dann stellt das auch gesetzestechnisch sicher!!!!!

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Konsequenzen aus dem EuGH-Urteils

von Uwe Hüsgen am 14.11.2016 um 14:29 Uhr

Hennrich: „…Häufig ist es … so, dass die Mitglieder die von ihrer Berufsvertretung vorgeschlagenen Konzepte ablehnen. Den Verbänden bleibt dann die Verteidigung des Status Quo.“

Sollte man vielleicht doch über eine Kassenapothekerliche Vereinigung (s. DAZ-Nr. 29/2016) ernsthaft nachdenken?

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Nix passiert

von Peter Bauer am 14.11.2016 um 14:28 Uhr

Man kann gut Phrasen dreschen und von "Kreativität,Digitalisierung und Apothekenberatungshonorar,etc" auf andere bezogen,schwafeln ,wenn ich jeden Monat ein ordentliches Salär auf mein Konto überwiesen bekomme und die Verantwortung,Arbeit und die Schuld beim Misslingen immer die anderen haben.
Die zukünftigen Preise für BTM-Gebühren und Rezeptur-Gebühren stehen nicht mal annähernd in irgendeinem finanziellen Zusammenhang mit den tatsächlichen Kosten Um nicht zu sagen die sind fast schon eine Beleidigung.Es sind reine Alibierhöhungen für die Politik um sagen zu können:seht her was wir alles für Euch getan haben.Solange die Politik die Preise für die Berechnungen Ihrer Arbeitsstundensätze von Apothekern so ansetzt wie bei der neuen Apothekenbetriebsordnung geschehen(können übrigens auch Politiker nachlesen),dass selbst jeder rumänische Schwarzarbeiter kopfschüttelnd wieder heimfährt,solange wird es nicht gelingen irgendetwas konstruktives zu erreichen.
Die große Frage ist ganz einfach:Wollt Ihr Apotheken vor Ort und wieviel?Und D A S müßt Ihr bezahlen.Wenn Ihr das nicht bezahlt,dann bekommt Ihr das auch nicht und müßt es selber machen.(Ob das aber dann so klappt ,darf man mehr als bezweifeln.)

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AW: Leider gut, aber in die falsche Richtung argumentiert

von Wolfgang Müller am 14.11.2016 um 16:04 Uhr

Es tut jedesmal wieder weh, das feststellen zu müssen, und meingott, was bin ich bestimmt inzwischen deswegen lästig/unbeliebt:

Aber im Gegensatz zu vielen von uns WISSEN die Politiker, dass Verschärfungen in der ApoBetrO inkl. schräger Erläuterungen weit eher von Apothekern als von den Politikern selber eingebracht wurden. Und dass "Wir" (ja, wer eigentlich, "Wir"?) keine auskömmliche Honorierung für so einiges Entscheidende was wir machen (z. B. Rezeptur ....) anstreben. Und das "Wir" keinen Finger krumm machen, uns von überflüssigen Regulierungen (z. B. WE-Labor-Prüfungen ....) endlich zu verabschieden.

Deshalb gehen Argumentationen wie die von Ihnen an entscheidender Stelle ja so oft ins Leere: Weil "Wir" in Unkenntnis der wahren Entscheidungslage "Die Politik" für Gemeinheiten in die Verantwortung nehmen, für die sie gar nichts kann. Die schütteln doch nur den Kopf und denken: "Die spinnen eben ein bisschen, kennt man ja."

Und die nächste Frage dann: "Lassen wir die goldigen Purzel trotzdem noch ein bisschen am Leben, oder war das dann jetzt doch mal ein Blödsinn zuviel und wir lassen das Alles mal von Profis sanieren?"

Minderheitenpartei SPD

von Frank ebert am 14.11.2016 um 14:10 Uhr

Die CDU hat die Bundestagswahl klar gewonnen . Gefühlt wurde in den letzten Jahren aber nur SPD -Politik durchgesetzt (Ausnahme die unsägliche Flüchtlingspolitik). Heute Steinmeier. Gabriel und Lauterbach sind gegen ein Verbot---schwups da steht die CDU wieder dumm da. Man sollte sich für die Bundestagswahl nicht zu sicher sein, das nicht ein schockierendes Ergebnis herauskommen kann

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Ich kann mich nur wiederholen!

von Christiane Patzelt am 14.11.2016 um 13:56 Uhr

Schützt die Arbeitsplätze der Frauen, Mütter, Schwiegertöchter vor Ort!!

Wir liefern! In jede kleine Ecke unseres Landes! Persönlich!
Wir sind kreativ in den von uns gesetzten engen Rahmenbedingungen, manche sehen auch darüber hinweg, aber wir sind lebendige Geschäfte mit hohem sozialen Content!

Das gerade eine Sozialpartei sich dermaßen abwendet von Frauenarbeitsplätzen finde ich fatal! Hat unter Gerhard Schröder nicht schon genug Abbau stattgefunden?
Müssen wir Mittel-und Kleinunternehmer unseren Ausverkauf durch Heuschrecken-Konzerne hinnehmen?

Kinder, Kinder! Jetzt regiert die Generation, die in Brockdorf auf die Barrikaden ging, die die Studentenproteste begleitet haben, die Greenpeace aktiv unterstützen, die die Mauer zum Einsturz brachten...ich bin bass erstaunt, was ein festes,monatliches Salär mit der inneren politischen Haltung machen kann!

Werte Politik, jetzt reisst euch mal zusammen!!

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