Nach Kritik

Koalition reformiert Leistungen für Menschen mit Behinderungen

Berlin - 29.11.2016, 08:45 Uhr

Die Große Koalition hat beim geplanten Bundesteilhabegesetz nachgebessert. (Foto: magdal3na / Fotolia)

Die Große Koalition hat beim geplanten Bundesteilhabegesetz nachgebessert. (Foto: magdal3na / Fotolia)


Das Bundesteilhabegesetz ist eines der großen Gesetzesvorhaben der Großen Koalition – und stand zuletzt unter scharfer Kritik von Betroffenen. Sie fürchteten Einschränkungen bei der Eingliederungshilfe. Nun rudert die Bundesregierung zurück.

Nach einer Welle von Kritik bessert die Koalition ihre geplante Großreform des Behindertenrechts in letzter Minute nach. Union und SPD wollen den geänderten Entwurf des Bundesteilhabegesetzes an diesem Donnerstag im Bundestag beschließen. Korrekturen am ursprünglichen Regierungsentwurf habe es etwa beim Zugang zur Eingliederungshilfe gegeben, teilten die Sozialpolitiker Karl Schiewerling (CDU), Katja Mast (SPD) und Stephan Stracke (CSU) am Montag in Berlin mit.

Ursprünglich war vorgesehen gewesen, dass diese Leistung für Menschen mit Behinderungen künftig dann gewährt wird, wenn es Einschränkungen in fünf von neun Lebensbereichen wie Lernen, Mobilität oder Selbstversorgung gibt. Behindertenverbände hatten vor Einschränkungen, Kommunen vor einer Ausweitung der von ihnen bezahlten Leistung gewarnt. Nun soll es zunächst beim geltenden Recht bleiben. In einzelnen Regionen sollen dann mögliche Änderungen geprüft werden. 2022 soll im Bundestag erneut beraten werden, ob der Zugang geändert wird.

Unterstützung soll es nun auch für Personen geben, die nur von wenigen Beeinträchtigungen betroffen sind, von diesen aber vergleichsweise stark. Umgekehrt soll Eingliederungshilfe auch für Menschen gewährt werden, die mehrfach beeinträchtigt sind, dafür jeweils nicht so stark.

Regelungen für Assistenten und Rentner überarbeitet

Die zweite wichtige Nachbesserung betrifft das Poolen von Leistungen. Assistenten etwa für die Hilfe zur Fortbewegung könnten zukünftig vermehrt nur gewährt werden, wenn mehrere Menschen mit Behinderungen diese zusammen beschäftigen, hatten Kritiker gewarnt. Das könne die Freiheit der Betroffenen einschränken. Nun sollen Assistenzleistungen im Zusammenhang mit dem Wohnen nicht gepoolt werden können, wie Stracke ankündigte. Das Wohnen außerhalb jenseits von Heimen soll Vorrang haben.

Auch gegen die Sorge vieler Betroffener, sie könnten verstärkt in Pflegeheime wechseln müssen, soll es eine Klarstellung geben. Wer bereits vor dem Rentenbezugsalter Eingliederungshilfe bezieht, solle dies auch im Alter tun, sagte SPD-Fraktionsvize Carola Reimann der Deutschen Presse-Agentur. Erst wenn eine Behinderung im Alter etwa durch einen Unfall neu hinzukommt, solle die Pflegeversicherung zuständig werden.

Die Koalition hatte die Reform jahrelang vorbereitet – und viel Protest von Behindertenverbänden geerntet. Geplant war eigentlich ein Paradigmenwechsel: Die Betroffenen sollten aus dem Sozial- und Fürsorgesystem herauskommen und ein eigenes Leistungsrecht erhalten, wie Schiewerling erläuterte. Mast betonte, Union und SPD hätten in einem intensiven Gesetzesprozess an einem Strang gezogen.


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