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Bundesverband der Ersatzkassen
Rabattverträge mit Apotheken statt Rx-Versandverbot
Der Ersatzkassenverband vdek hat im Wahljahr 2017 einige Erwartungen an die Politik. Auch im Arzneimittelbereich. Statt einem Versandverbot fordert der vdek Höchstpreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel und neue Vertragsmöglichkeiten für Kassen und Apotheken. Auch von einem Aus für Zyto-Ausschreibungen will er nichts wissen.
Aus Sicht des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) gibt es in der Gesetzlichen Krankenversicherung eine ganze Reihe von Baustellen, die die Politik beackern sollte. Man sollte sich nicht davon täuschen lassen, dass sich die Finanzsituation der Kassen derzeit noch so gut darstellt und sie keine höheren Zusatzbeiträge erheben müssen, sagte Uwe Klemens, Vorsitzender des vdek, am heutigen Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Berlin. Dies sei auf eine Sonderentnahme aus der Liquidtätsreserve und einen erhöhten Steuerzuschuss zurückzuführen.
Doch die Politik habe viele weitere Entscheidungen getroffen, für die die Kassen nun zahlen müssten. Der Druck auf die Finanzen werde spätestens nach den Wahlen wieder wachsen. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass der Zusatzbeitrag bis 2020 auf 1,8 Prozent steigen wird“, betonte Klemens.
vdek beklagt Politik zugunsten der Apotheker
Ansetzen muss die Politik nach Ansicht der Ersatzkassen unter anderem beim manipulationsanfälligen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, den zu knapp bemessenen Beiträgen für ALG-II-Empfänger sowie der Arbeitgeberbeteiligung. Doch selbstverständlich beklagen die Kassen auch aktuelle Entwicklungen im Arzneimittelbereich. Hier bestehe bereits in der laufenden Gesetzgebung Änderungsbedarf, erklärte die vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. Sie brachte drei Beispiele, an denen sich ihres Erachtens eine Politik zugunsten der Pharmaindustrie und der Apothekerschaft – und zulasten der Patienten und Versichertengemeinschaft – zeigt.
Kein Verständnis für Rx-Versandverbot und Aus für Zyto-Verträge
Da sind zum einen die hohen Preise neuer Arzneimittel, die
das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) künftig über eine
Umsatzschwelle abfedern soll. Doch die angedachte Schwelle von 250 Millionen
Euro sei nur „weiße Salbe“, meint Elsner. Lediglich drei Medikamente wären
bislang über diese Schwelle hinausgekommen – das könne die Beitragszahler nicht
zufriedenstellen.
Die beiden weiteren Punkte sind das von Gesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel und das im AM-VSG-Entwurf vorgesehene Verbot der Ausschreibungen ambulant zu verabreichender Zyto-Zubereitungen.
Höchstpreise und Rabattverträge mit Apotheken
Den Rx-Versandhandel als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 zu verbieten sei nicht zeitgemäß und nicht das, was Versicherte an Versorgungsalternativen einforderten, sagte Elsner. Die Politik handle offenbar aufgrund „großer Lobbyaktivitäten“ der Apotheker, meint die vdek-Chefin. Die Ersatzkassen haben hingegen einen anderen Vorschlag, wie nach dem Luxemburger Urteil auf die Ungleichbehandlung zu reagieren ist: Der Rx-Versand bleibt erhalten, dafür wird die Arzneimittelpreisverordnung in eine Höchstpreisverordnung umgestaltet. Damit wird Raum für Rabatte geschaffen – entsprechende Verträge sollen die Kassen mit den Apotheken abschließen können. Dann bleibe es jeder Kasse selbst überlassen, ob sie die ausgehandelten Rabatte der Versichertengemeinschaft zufließen lässt – oder sie einzelnen Patienten belässt. Wichtig sei, dass ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werde, der solche Verträge ermöglicht.
Elsner räumte auf Nachfrage allerdings ein, dass die Politik offenbar keine allzu offenen Ohren für den Vorschlag hat. Es habe „bilaterale Gespräche“ gegeben – doch es sehe so aus, als seien die Politiker derzeit sehr von den „Mobilisierungsfähigkeiten“ der Apotheker beeindruckt.
ABDA: „Sparkassen” zulasten der Versicherten
Auch das geplante Verbot, Versorgungsverträge für individuell hergestellte Zytostatika-Lösungen auf
Apothekenebene auszuschreiben, kritisierte Elsner deutlich. Zahlreiche
Krankenkassen hätten sehr gute Erfahrungen mit den Ausschreibungsverträgen
gemacht. Sie betonte, dass die Zyto-Versorgung anders laufe als die gewöhnliche
Arzneimittelversorgung. Hier gebe es kein Apothekenwahlrecht, wie es sonst
üblich sei, sondern Arzt und Apotheker arbeiteten zusammen – und teilten auch
die erzielten Rabatte unter sich auf. „Diese Rabatte wollen wir für die
Versichertengemeinschaft“, sagte Elsner. Bis zu 700 Millionen Euro könnten
jährlich durch die Ausschreibungen eingespart werden, die nun wieder verboten
werden sollen.
Auf die Ausführungen Elsners reagierte die ABDA übrigens prompt. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt betonte, dass der Gesetzentwurf aus der Bundesregierung, den Versandhandel auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente zurückzuführen, das Problem heile, das mit der EuGH-Entscheidung entstanden sei. „Der Vorschlag der Ersatzkassen taugt dafür leider nicht“, erklärte Schmidt. „Denn er räumt Patienten keinerlei Anspruch auf Entlastung ein und zielt nur auf weitere Einsparungen der Kassen ab, während die wohnortnahe Arzneimittelversorgung für Patienten zwischen Usedom und Bodensee entscheidend geschwächt wird.“
Auch beim Thema Zytostatika-Ausschreibungen positionierten sich die Versicherer einmal mehr als „Sparkassen“ zulasten ihrer Versicherten und deren Versorgungssicherheit. Gerade chronisch kranke Patienten bräuchten die Apotheke vor Ort und deren Botendienst, betonte Schmidt.
3 Kommentare
Verträge
von florian becker am 09.02.2017 um 10:44 Uhr
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empfohlene KK
von Karl Friedrich Müller am 09.02.2017 um 9:55 Uhr
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Wahrnehmungsstörung
von Karl Friedrich Müller am 09.02.2017 um 7:40 Uhr
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