Gastbeitrag

Richtiger Umgang mit Zytostatikainfusionen in der Krebstherapie

Erding - 14.02.2017, 13:45 Uhr

Durch Einsparungen steigt das Risiko von Wirkverlusten. (Foto: benicoma / Fotolia)

Durch Einsparungen steigt das Risiko von Wirkverlusten. (Foto: benicoma / Fotolia)


Schlussfolgerungen

Die wohnortnahe Versorgung ist ein gerne wiederholtes Lippenbekenntnis, das aber leider mit der Realität immer weniger zu tun. Nicht zuletzt durch die Ausschreibungen, deren Ende dank Gesundheitsminister Gröhe absehbar ist, wurden die tatsächlichen Umstände der Versorgung mit Zytostatikainfusionen öffentlich.

Die neueingeführte Apothekenbetriebsordnung hat zwar die Qualität der Produktion deutlich verbessert, so dass man sagen kann, dass die Mikrobiologie als kritischer Faktor nahezu ausscheidet. Allerdings hat die Zahl der Produktionsstätten in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen, während der Einfluss großer Apothekenlabore und vor allem der Herstellbetriebe ständig zunahm. Die Ausschreibungen haben diesen Trend zusätzlich verstärkt. Das und die gesamte Entwicklung waren nur möglich, weil in vielen Fällen die pharmazeutischen Rahmenbedingungen vernachlässigt wurden und man finanziellen Erwägungen den Vorrang einräumte.

Wenn jetzt Strohapotheken (ohne eigenes Reinraumlabor) abrechnen dürfen, wenn jetzt Haltbarkeiten, die in den Fachinformationen verbindlich angegeben sind, einfach vernachlässigt werden können, wenn jetzt die Länge der Transportwege praktisch keine Rolle spielt, so ist das aus den erwähnten pharmazeutischen Gründen einfach falsch und schadet letztlich den Patienten.

Bisher haben sich weder Aufsichtsbehörden noch Krankenkassen um diese Qualitäten der Versorgung gekümmert. Man verschließt die Augen und hält sich die Ohren zu. Dabei grenzt die Nichtbeachtung dieser pharmazeutischen Rahmenbedingungen an den Tatbestand einer Körperverletzung. Denn der ahnungslose Patient erhält nicht nur möglicherweise weniger wirksame (unwirksame?) Medikamente, sondern läuft zusätzlich Gefahr, durch unnötige Nebenwirkungen, wie allergische Reaktionen auf Proteinaggregationen, belastet zu werden. Aber auch die behandelnden Onkologen dürfen sich angesprochen fühlen. Sich allein auf die Lieferanten zu verlassen und gutgläubig deren Aussagen zu vertrauen, entlässt sie nicht aus der Haftung. Sie wenden die gelieferten Zubereitungen am Patienten an. Es wäre auch ihre Aufgabe, die Bedingungen der Versorgung zu hinterfragen und sich im Interesse ihrer Patienten entsprechend zu orientieren.

Auf Grundlage der jetzt zur Verfügung stehenden validen Datenlage können die Forderungen bei der Versorgung mit Zytostatikalösungen nur lauten: möglichst kurze Wege beim Transport, möglichst schnelle Verwendung der applikationsfertigen Infusionsbeutel - denn die Pharmazie entscheidet!

Dr. Franz Stadler, Apotheker aus Erding

Literatur:

(1) Rathore N., Rajan R. S.: Current perspectives on stability of protein drug products during formulation, fill and finish operations. Biotechnol Progr 2008; 24: 504-14.

(2) Lahlou A., et. al.: Mechanically-induced aggrgation of the monoclonal antibody cetuximab. Ann Pharm Fr 2009; 67(5): 340-52



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2 Kommentare

Gast?

von Holger Hennig am 15.02.2017 um 8:34 Uhr

Wenn ein "Gast" einen namentlich gekennzeichneten Beitrag publiziert, fände ich es sinnvoll, wenn irgendwo auch erkennbar wäre, wie/wo denn dieser Gast beruflich aufgestellt ist. Apotheker scheint er ja zu sein. Aber ist er selbständig, arbeitet er für die Industrie, für eine Krankenkasse oder in der Wissenschaft?? Diese Aussage vermisse ich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Gast

von Nicola Kuhrt am 15.02.2017 um 8:39 Uhr

Hallo Herr Hennig,

Sie haben vollkommen Recht, der entsprechende Hinweis wurde leider vergessen. Wir fügen dies sofort ein.

Herzlicher Gruß, Nicola Kuhrt

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