Nach Todesfällen

US-Firma stoppt Entwicklung von Krebs-Immuntherapie

Seattle - 02.03.2017, 11:15 Uhr

CAR-T-Therapien sollen das Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen nutzen. (Foto: royaltystockphoto / Fotolia)

CAR-T-Therapien sollen das Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen nutzen. (Foto: royaltystockphoto / Fotolia)


Die US-amerikanische Biotech-Firma Juno Therapeutics erklärte am Mittwoch, eine zuvor als aussichtsreich angesehene Immuntherapie für Patienten mit Akuter lymphatischer Leukämie zu stoppen. Bei klinischen Studien waren insgesamt fünf Patienten verstorben. Andere Firmen wollen demnächst Zulassungsanträge für ähnliche Therapien einreichen.

Für Patienten mit refraktärer Akuter lymphatischer Leukämie (ALL) sollte es ein rettender Strohhalm sein – doch am Mittwoch gab die Biotech-Firm Juno Therapeutics in Seattle bekannt, die Entwicklung ihrer JCAR015 genannten Therapie einzustellen. Bei dem Ansatz werden den Krebspatienten T-Zellen entnommen und gentechnisch so modifiziert, dass sie anschließend einen künstlichen T-Zell-Rezeptor (chimärischer Antigen-Rezeptor, CAR) ausbilden. Mit dessen Hilfe soll anschließend das Immunsystem die jeweiligen Tumorzellen erkennen und bekämpfen.

Von August 2016 bis November wurden zwölf Patienten mit der experimentellen Therapie behandelt – insgesamt hätten für die Phase-2-Studie „ROCKET“ 50 Probanden mit den modifizierten T-Zellen behandelt werden sollen. Doch die Probanden zeigten starke Immunantworten und es kam zu Hirnödemen, fünf Teilnehmer starben.

Studie zweimal hintereinander gestoppt

Nach den ersten drei Todesfällen hatte die Firma angenommen, die Vorbehandlung mit zwei Chemotherapeutika – unter anderem Fludarabin – habe zu den Problemen geführt. Nach einer Protokolländerung gab die US-Arzneimittelbehörde FDA die Fortsetzung der zwischenzeitlich gestoppten Studie nach nur wenigen Tagen wieder frei – dennoch verstarben später zwei weitere Probanden. Auch die Behörde wurde daraufhin stark kritisiert. „Angesichts dessen, was passiert ist, hat die FDA wirklich einen Bock geschossen“, erklärte Maxim Jacobs, Krebstherapie-Experte und Gesundheitsanalyst von Edison Investment Research, gegenüber dem Branchendienst STAT.

Andere Firmen könnten Juno nun überholen

Nach der „unglücklichen und unerwarteten Toxizität“ bei der JCAR015-Therapie habe sich Juno Therapeutics entschlossen, die Studie derzeit nicht fortzuführen, erklärte Juno-Präsident Hans Bishop nun. „Wir sind weiterhin bestrebt, bessere Behandlungen für Patienten mit ALL zu entwickeln und glauben, dass unsere Zell-Technologie hierfür die beste Plattform darstellt“, betonte er. Die Firma wolle im nächsten Jahr eine nächste Studie für erwachsene Patienten mit ALL starten – wiederum mit einer Zell-Therapie.

Nachdem es lange so aussah, als ob Juno mit JCAR015 eine der ersten Krebs-Immuntherapien auf den Markt bringen könnte, ist dies für die Firma ein herber Rückschlag. Sie will sich nun auf eine andere CAR-T-Therapie für Patienten mit diffusem großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) konzentrieren. Finanziell dürfte Juno Therapeutics weiter gut aufgestellt sein: Der Pharmahersteller Celgene hatte 2015 eine Investition von einer Milliarde US-Dollar in das Biotech-Unternehmen bekanntgegeben.

Gleichzeitig gab die kalifornische Firma Kite Pharma am Dienstag positive Ergebnisse zu einer CAR-T-Therapie bekannt – sie will demnächst einen Zulassungsantrag bei der FDA stellen und hofft offenbar, bis Ende des Jahres eine positive Antwort von der Behörde zu erhalten. „Aus meiner Sicht sprechen die Daten für sich selbst“, erklärte der Geschäftsführer Arie Belldegrun. Parallel will auch Novartis die Zulassung für seine CTL019 genannte CAR-T-Therapie erreichen – die für Kinder mit ALL entwickelt wurde. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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