ABDA-Präsident Schmidt

SPD-Politiker wollen laut ABDA Arzneimittelversorgung zerstören

Berlin - 08.03.2017, 11:55 Uhr

Mit harten Worten kritisiert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt den Vorschlag der SPD-Politiker.  (Foto: ABDA / Wagenzik)

Mit harten Worten kritisiert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt den Vorschlag der SPD-Politiker.  (Foto: ABDA / Wagenzik)


Für das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Rx-Versandverbot wird es zeitlich wie politisch eng – der Koalitionspartner SPD blockiert es weiterhin. Mit ihrem Gegenvorschlag einer Regelung im Sozialgesetzbuch V gießen einige SPD-Politiker „Öl ins Feuer statt zu löschen“, kritisiert nun ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.

Wie reagiert die Große Koalition auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober zu Rx-Boni? Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) schlug schnell vor, den Versandhandel rezeptpflichtiger Arzneimittel zukünftig zu verbieten – was vonseiten der SPD-Bundestagsfraktion bislang blockiert wird. Die SPD-Gesundheitspolitiker Sabine Dittmar und Edgar Franke schlugen vor, über eine Änderung des Sozialgesetzbuches, 5. Buch, Zuwendungen für gesetzlich Versicherte auf einen Wert von bis zu einem Euro zu begrenzen – was aus ihrer Sicht schnell und rechtssicher umsetzbar ist.

Beides gilt aus Sicht der SPD-Politiker für die Pläne Gröhes nicht. Denn es wird für das Rx-Versandverbot zeitlich eng: Aufgrund eines nötigen EU-Notifizierungsverfahrens, mit dem der EU-Kommission sowie anderen Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben wird, verzögert es sich um voraussichtlich sechs Monate – nur über ein Ausnahmeverfahren oder mit einer Sondersitzung des Bundestags in der Sommerpause wäre daher eine Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Bundestagswahl im September möglich. Am morgigen Donnerstag wollen sich die zuständigen Fraktionsvorstände von Union und SPD, Georg Nüßlein (CSU) und Karl Lauterbach (SPD), mit Vertretern der ABDA und anderer Verbände zusammensetzen.

„Wenn die SPD weiterhin nicht für ein Versandhandelsverbot zu haben ist, wird es wegen des Notifizierungsverfahrens aber auch zeitlich sehr schwierig“, erklärte Nüßlein kürzlich gegenüber DAZ.online. „Wir müssen uns dann überlegen, ob es eine Übergangsregelung geben könnte, bis wir eine politische Mehrheit für das Versandhandelsverbot finden.“

Schon zuvor hatte die ABDA den SPD-Vorschlag als „Scheinlösung“ und „naiv“ bezeichnet. Offenbar um aus ABDA-Sicht falsche Kompromisse abzuwenden, wandte sich am heutigen Mittwoch Präsident Friedeman Schmidt erneut mit scharfer Kritik gegen die SPD-Initiative.

Schmidt: SPD-Vorschlag „ebenso untauglich wie gefährlich“

„Alle Parteien haben dringenden Handlungsbedarf konstatiert“, betont Schmidt in der ABDA-Erklärung. Keine Partei habe eine tragfähige Alternative zum vorliegenden Gesetzentwurf von Gröhe präsentiert. „Also wird es Zeit, den Entwurf umzusetzen“, erklärt Schmidt.

Den SPD-Vorschlag, auch inländischen Apotheken die Vergabe von Boni bis zu einem Euro zu erlauben, kritisiert Schmidt als Idee, die „ebenso untauglich wie gefährlich“ sei. „Erstens kann sie die Wettbewerbsvorteile ausländischer Anbieter nicht neutralisieren, denn die müssen sich laut EuGH-Entscheidung ohnehin nicht mehr an die Arzneimittelpreisbindung halten, egal ob man sie nun modifiziert oder nicht“, erklärt der ABDA-Präsident. „Zweitens würde sich damit die Wettbewerbssituation sogar weiter verschärfen, weil Präsenzapotheken dann auch durch inländische Versandkonkurrenz umso schneller in eine Rabattschlacht gezwungen würden.“

Politiker gießen Öl ins Feuer

Doch in seiner Kritik geht Schmidt noch weiter. „Da gießt man Öl ins Feuer statt zu löschen“, erklärt er in Bezug auf den SPD-Vorschlag. „Wer diese Idee propagiert, will offensichtlich das bewährte System der Arzneimittelversorgung in Deutschland schleifen“ – ein Begriff, der üblicherweise für die Zerstörung und den Abriss von Burgen verwendet wird.

Die ABDA betont außerdem, dass auch unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten der SPD-Vorschlag kontraproduktiv sei. „In Deutschland arbeiten 150.000 Menschen in Apotheken“, erklärt Schmidt. „Apotheken sind gerade in kleineren Gemeinden wichtige Gewerbesteuerzahler. Da kann man doch keine ‚lex specialis‘ für das Wohlergehen einzelner Großunternehmen jenseits der grünen Grenze machen, die bei uns weder Arbeitsplätze schaffen noch Steuern auf ihre Gewinne bezahlen, sondern einfach GKV-Beitragsmittel ins Ausland abziehen.“

Abzuwarten bleibt, wie die SPD-Bundestagsfraktion auf die scharfe Kritik reagieren wird, wenn die Abgeordneten mit Schmidt und auch Vertretern der Versandverbände zusammensitzen werden. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

SPD

von Dr.Diefenbach am 10.03.2017 um 17:54 Uhr

Zustimmung zu den Aussagen von Herrn Müller.Die SPD Politik ist eine der miesesten Vorgaben die man uns machen kann.Und es werden Doppelzüngigkeiten hervorgebracht,die einfach nur unerträglich sind.Also:Besser Hände weg von einer solchen SPD?Wo bleibt das Bekenntnis zum Arbeitsplatz vor ORT?Zur idealen Teilzeitarbeitsstelle in der Apotheke vor Ort?Wo ist die Stimme von Frau Schwesig,wo ist der Kampf von Frau Nahles-alles für die soziale Gerechtigkeit zu tun-?vielleicht alles ein wenig unwahr bzw man interessiert sich nicht für die Betriebe vor Ort?Nun,man kann ja auch Herrn Schulz NICHT wählen-siehe oben..

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Gibt es noch einen Nachbrenner ?

von Christian Timme am 08.03.2017 um 15:04 Uhr

Zerstörung hält man nicht mit harten Worten auf ...

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 08.03.2017 um 14:33 Uhr

Lieber Herr Schmidt,

lieber gar kein Deal als ein schlechter Deal...

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Jep,

von gabriela aures am 08.03.2017 um 12:36 Uhr

so isses !

Außerdem: wie soll denn bitte "rechtssicher" durchgesetzt werden, daß DocMo (oder die EAV) wirklich "nur" einen Euro Bonus gewähren ?
Die Quittungen werden doch auch immer noch über die volle Summe ausgestellt - trotz entsprechendem Urteil über vom Langericht Ravensburg aus dem August 2016.
Siehe DAZ : https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/07/28/gericht-untersagt-falsche-docmorris-zuzahlungsquittungen
Diese Pseudo-Beruhigungs-aberwirtundochwas-Vorschläge der SPD sind nichts anderes als bewußte Augenwischerei und es ist eine Frechheit, uns für so dumm verkaufen zu wollen.

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SPD zerstört die Arzneimittelversorgung. Und noch viel mehr!

von Karl Friedrich Müller am 08.03.2017 um 12:35 Uhr

ja! und wenn man das mal begriffen hat, kann man auch sehen, dass die anstehenden Wahlen eine Chance sind.
Wenn (möglichst) alle Apotheken offensiv Front gegen die SPD machen und diese unsäglich unsoziale Partei ihre Felle davon schwimmen sieht, lenkt sie vielleicht ein.

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