Versandhandels-Konflikt

DAK-Chef bringt Bedarfsplanung für Landapotheken ins Spiel

Berlin - 28.03.2017, 16:35 Uhr

DAK-Chef Andreas Storm war in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Gesundheit zuständig, als die ganz große Gesundheits-Koalition von SPD, Grünen und Union im Jahr 2004 den Versandhandel mit Arzneimitteln erlaubte. (Foto: dpa)

DAK-Chef Andreas Storm war in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Gesundheit zuständig, als die ganz große Gesundheits-Koalition von SPD, Grünen und Union im Jahr 2004 den Versandhandel mit Arzneimitteln erlaubte. (Foto: dpa)


DAK-Chef: Für die Mehrheit ist der Rx-Versand keine Option

Buse warb erneut für Alternativen zum Versandverbot. „Zeitlich begrenzt“ wäre beispielsweise der Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion zum Boni-Deckel denkbar. Allerdings gab auch er zu: „Das mit der Überführung ins Sozialrecht wird nicht einfach.“ Dass Apotheken wegen eines 1-Euro-Bonus schließen müssten, ist für Buse nicht glaubwürdig. In Richtung Becker sagte er: „Wenn ihre Patienten wegen eines 1-Euro-Bonus zum Versandhandel rennen, haben Sie ein ganz anderes Problem, dann sind ihre Leistungen nämlich nicht mehr wahrnehmbar.“ Buse selbst kündigte an, in seinen Vor-Ort-Apotheken keine Boni gewähren zu wollen.

Ebenfalls gegen das Rx-Versandverbot sprach sich DAK-Chef Andreas Storm aus. Storm verwies auf eine neue Forsa-Umfrage im Auftrag der Ersatzkassen zum „Potenzial“ des Versandhandels. „24 Prozent der Befragten haben den Versandhandel schon genutzt. Auf die Frage, ob man künftig beim Versandhandel bestellen und Rx-Boni wahrnehmen wolle, antworteten nur insgesamt 9 Prozent der Befragten, dass sie sich das vorstellen könnten. Für die überwiegende Mehrheit ist der Rx-Versand keine Option.“ Storm kommt daher zu dem Schluss: „Wir glauben, dass der Versandhandel mit erlaubten Rx-Boni einen Marktanteil von maximal 3 bis 4 Prozent haben wird und somit die Apotheken nicht gefährden wird.“

Statt eines Verbotes sei es aus seiner Sicht sinnvoller, in der nächsten Legislaturperiode zwei Schritte zu unternehmen. Erstens müsse die Apothekervergütung so umgestellt werden, dass die Beratung und Versorgungsqualität mehr im Fokus steht. „Mit Blick auf den demografischen Wandel werden Apothekern viel mehr und wichtigere Aufgaben zukommen“, kommentierte der Kassenchef. Zweitens plädierte Storm dafür, dass man eventuelle Versorgungsprobleme auf dem Land planerisch lösen sollte. „Man sollte gezielt festlegen und regeln, wo welcher Bedarf besteht und die Verteilung der Apotheken danach steuern.“ Storm benutzte das Wort „Bedarfsplanung“ nicht. Allerdings verwies er auf den Krankenhausbereich. Dort haben die Bundesländer das Recht, die Verteilung der Kliniken im Land je nach Bedarf zu steuern. „Wir sollten die Versorgung dort sicherstellen, wo sie wirklich gebraucht wird“, sagte der Kassenchef.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


8 Kommentare

Bedarfsplanung auf dem Land?

von Andreas Grünebaum am 10.04.2017 um 20:41 Uhr

Einen solchen quasi planwirtschaftlichen Vorschlag hat es wirklich noch gebraucht: gerade "auf dem Land", wo angeblich kein Apotheker mehr bereit ist bei einem 4-Tage Notdienst-turnus und schwindender Kundenfrequenz eine Apotheke zu bewirtschaften oder einen Nachfolger zu finden, soll es also eine "Bedarfsplanung" geben? Soll das heissen, dass neben dem Kollegen, der ohnehin mangels Nachfolger seine Apotheke aufgibt auch kein anderer eine neue Offizin eröffnen darf? Absurd!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Beitrag auf WDR 5

von Bernd Jas am 29.03.2017 um 8:13 Uhr

Liebes WDR 5 Team,

danke für den Beitrag um kurz nach 7:00 Uhr und die nüchterne Betrachtung und guten Interviews zu unserer Gesundheitsversorgung auf dem Lande.
Wir brauchen wahrlich keinen Versandhandel, sondern Menschen und Nachbarn die sich gegenseitig um sich kümmern.
Und es stimmt, wir sind daran gewöhnt für gute (und beste) Versorgung auch mal ein paar Kilometer zu fahren. Das gilt nicht nur für Medikamente oder Diagnosen, sondern betrifft auch Lebensmittel.

Mit besten Grüßen ihr Fan
Bernd Jas


"Liebe" DAK bitte sorgt Euch nicht, wir können das unter vernünftigen Rahmenbedingungen alleine.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Verlierersprache

von Ulrich Ströh am 28.03.2017 um 21:10 Uhr

Kollege Becker:Die Apotheker haben noch nicht die Hoffnung verloren etc...

Sehen sprachlich so kommende Sieger aus?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Aber Herr Buse...

von Marius am 28.03.2017 um 19:44 Uhr

"Das Verbot sei momentan das „schlechteste aller Mittel“, weil der EuGH eindeutig entschieden habe, dass es in Deutschland „endlich“ auch einen Wettbewerb über den Preis geben müsse."

Aber Herr Buße, haben Sie im Urteil etwa nicht gelesen, dass der zuständige Richter ein Verbot als Reaktion auf das Urteil für möglich hält...?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gegen Urteil was machen?

von Pöppl Christian am 28.03.2017 um 18:54 Uhr

...."Für ihn sei es daher sinnvoll, etwas „gegen das Urteil“ zu tun und dafür zu sorgen, dass die Sache erneut vor dem EuGH lande....."....
höre ich Recht..diese Möglichkeit besteht?
Ja was diskutieren wir dann rum...dieser Weg soll uns aufgezeigt werden und dann wird das gemacht!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Schäbig xxx

von Ratatosk am 28.03.2017 um 18:41 Uhr

Solche Leute bürgen für Schäbigkeit. In der Politik schon beim Sündenfall zuständig, dann die Pöstchen bei den Begünstigten eigener Politik - und dann Bedarfsplanung. Rx- Verbot ginge nicht aber Bedarfplanung ?! Und dies von einem Vertreter von hunderten Kassen, die eigentlich eher einer vernünftigen Planung zugeführt werden könnten, aber dann wären ja viele schöne Posten nicht mehr verteilbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bedarfsplanung

von Frank Zacharias am 28.03.2017 um 17:12 Uhr

Herr Storm sollte sich einmal mit der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes beschäftigen. Soweit ich das in Erinnerung habe ist eine Niederlassungsbeschränkung oder Bedarfsplanung verfassungsrechtlich unzulässig.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Bedarfsplanung

von Pues am 28.03.2017 um 19:09 Uhr

"Versorgungsprobleme auf dem Land planerisch lösen": Dabei kann es sich ja nur um eine Niederlassungspflicht handeln, wenn das so weitergeht.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.