Versandhandels-Konflikt

DAK-Chef bringt Bedarfsplanung für Landapotheken ins Spiel

Berlin - 28.03.2017, 16:35 Uhr

DAK-Chef Andreas Storm war in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Gesundheit zuständig, als die ganz große Gesundheits-Koalition von SPD, Grünen und Union im Jahr 2004 den Versandhandel mit Arzneimitteln erlaubte. (Foto: dpa)

DAK-Chef Andreas Storm war in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Gesundheit zuständig, als die ganz große Gesundheits-Koalition von SPD, Grünen und Union im Jahr 2004 den Versandhandel mit Arzneimitteln erlaubte. (Foto: dpa)


Am morgigen Mittwoch wird sich der Koalitionsausschuss voraussichtlich mit dem Rx-Versandverbot beschäftigen. Bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller zeigte sich, dass im Konflikt um den Versandhandel alle Beteiligten immer noch so weit sind, wie einen Tag nach dem EuGH-Urteil. Für Überraschung sorgte allerdings der Vorschlag von Andreas Storm, Chef der DAK.

An der „Berliner Runde“ des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) beteiligten sich am heutigen Freitag DAV-Chef Fritz Becker, Christian Buse, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA), DAK-Chef Andreas Storm sowie der BAH-Vorstandsvorsitzende Jörg Wieczorek. Das Thema der Diskussionsrunde lautete „Das EuGH-Urteil und seine Folgen für die Arzneimittelversorgung“. Doch bevor die Diskutanten ihre seit Monaten weit auseinander liegenden Meinungen erneut austauschen konnten, betrat der Rechtsanwalt Wolfgang Kozianka die Bühne. Kozianka ist Mitglied des Rechtsausschusses des BAH.

Jeder Vorschlag hat Potenzial wieder vor dem EuGH zu landen

Der Anwalt beschrieb kurz aber prägnant, warum auch etwa sechs Monate nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung immer noch niemand weiß, wie es mit dem Arzneimittel-Versandhandel nun eigentlich weitergehen soll. Kozianka sagte: „Normalerweise bekommt man ein Urteil, liest sich die Rechtsprechung durch, dann die Begründung. Anschließend ist eigentlich allen klar, was zu unternehmen ist. Bei diesem Urteil ist das nicht so: Keiner weiß, wie nun agiert werden muss.“ Der Anwalt wies darauf hin, dass aus seiner Sicht alle Vorschläge zur Lösung des Konflikts erneut vor dem EuGH landen würden.

Die deutschen Versandapotheken hatten bereits angekündigt, gegen das Verbot klagen zu wollen. Auch die SPD-Bundestagsfraktion wies immer wieder darauf hin, dass das Verbot aus ihrer Sicht weder europarechtlich noch verfassungsrechtlich haltbar sei. Dieser Meinung schlossen sich auch die Ministerien für Justiz, Wirtschaft und Finanzen an, die den Referentenentwurf vom Bundesgesundheitsministerium ablehnten. 

Kozianka trug weiterhin vor, dass aus seiner Sicht aber auch alle anderen Vorschläge zur Lösung des Versandhandel-Konfliktes rechtlich unsicher seien. Der von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagene „Boni-Deckel“ für alle Anbieter sei nicht tragbar, weil der EuGH entschieden habe: „Die ausländischen Versender müssen mehr dürfen als deutsche Anbieter.“ Außerdem sei die Übertragung dieser Regelung ins Sozialrecht nicht so einfach möglich: „Der EuGH wird auch das überprüfen. Es ist egal, wo diese Einschränkung steht.“ Kozianka kam daher zu dem Schluss: „Es gibt einfach keine sichere Lösung.“ Für ihn sei es daher sinnvoll, etwas „gegen das Urteil“ zu tun und dafür zu sorgen, dass die Sache erneut vor dem EuGH lande.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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8 Kommentare

Bedarfsplanung auf dem Land?

von Andreas Grünebaum am 10.04.2017 um 20:41 Uhr

Einen solchen quasi planwirtschaftlichen Vorschlag hat es wirklich noch gebraucht: gerade "auf dem Land", wo angeblich kein Apotheker mehr bereit ist bei einem 4-Tage Notdienst-turnus und schwindender Kundenfrequenz eine Apotheke zu bewirtschaften oder einen Nachfolger zu finden, soll es also eine "Bedarfsplanung" geben? Soll das heissen, dass neben dem Kollegen, der ohnehin mangels Nachfolger seine Apotheke aufgibt auch kein anderer eine neue Offizin eröffnen darf? Absurd!

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Beitrag auf WDR 5

von Bernd Jas am 29.03.2017 um 8:13 Uhr

Liebes WDR 5 Team,

danke für den Beitrag um kurz nach 7:00 Uhr und die nüchterne Betrachtung und guten Interviews zu unserer Gesundheitsversorgung auf dem Lande.
Wir brauchen wahrlich keinen Versandhandel, sondern Menschen und Nachbarn die sich gegenseitig um sich kümmern.
Und es stimmt, wir sind daran gewöhnt für gute (und beste) Versorgung auch mal ein paar Kilometer zu fahren. Das gilt nicht nur für Medikamente oder Diagnosen, sondern betrifft auch Lebensmittel.

Mit besten Grüßen ihr Fan
Bernd Jas


"Liebe" DAK bitte sorgt Euch nicht, wir können das unter vernünftigen Rahmenbedingungen alleine.

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Verlierersprache

von Ulrich Ströh am 28.03.2017 um 21:10 Uhr

Kollege Becker:Die Apotheker haben noch nicht die Hoffnung verloren etc...

Sehen sprachlich so kommende Sieger aus?

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Aber Herr Buse...

von Marius am 28.03.2017 um 19:44 Uhr

"Das Verbot sei momentan das „schlechteste aller Mittel“, weil der EuGH eindeutig entschieden habe, dass es in Deutschland „endlich“ auch einen Wettbewerb über den Preis geben müsse."

Aber Herr Buße, haben Sie im Urteil etwa nicht gelesen, dass der zuständige Richter ein Verbot als Reaktion auf das Urteil für möglich hält...?

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Gegen Urteil was machen?

von Pöppl Christian am 28.03.2017 um 18:54 Uhr

...."Für ihn sei es daher sinnvoll, etwas „gegen das Urteil“ zu tun und dafür zu sorgen, dass die Sache erneut vor dem EuGH lande....."....
höre ich Recht..diese Möglichkeit besteht?
Ja was diskutieren wir dann rum...dieser Weg soll uns aufgezeigt werden und dann wird das gemacht!

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Schäbig xxx

von Ratatosk am 28.03.2017 um 18:41 Uhr

Solche Leute bürgen für Schäbigkeit. In der Politik schon beim Sündenfall zuständig, dann die Pöstchen bei den Begünstigten eigener Politik - und dann Bedarfsplanung. Rx- Verbot ginge nicht aber Bedarfplanung ?! Und dies von einem Vertreter von hunderten Kassen, die eigentlich eher einer vernünftigen Planung zugeführt werden könnten, aber dann wären ja viele schöne Posten nicht mehr verteilbar.

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Bedarfsplanung

von Frank Zacharias am 28.03.2017 um 17:12 Uhr

Herr Storm sollte sich einmal mit der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes beschäftigen. Soweit ich das in Erinnerung habe ist eine Niederlassungsbeschränkung oder Bedarfsplanung verfassungsrechtlich unzulässig.

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AW: Bedarfsplanung

von Pues am 28.03.2017 um 19:09 Uhr

"Versorgungsprobleme auf dem Land planerisch lösen": Dabei kann es sich ja nur um eine Niederlassungspflicht handeln, wenn das so weitergeht.

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