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Rechtsauffassung des BMG
Warum braucht man bei Rückrufen ein neues Rezept?
„Das Arzneimittel ist doch schon einmal verschrieben worden. Wozu dann dieser Aufwand?“ So oder so ähnlich äußern viele Apotheker ihr Unverständnis darüber, dass Patienten für den Austausch des zurückgerufenen Adrenalin-Injektors Fastjekt ein neues Rezept vorlegen müssen. Aber warum ist das eigentlich so?
Rückrufe von Arzneimitteln auf Patientenebene sind selten. Daher ist es nachvollziehbar, dass es im Falle eines Falles immer wieder Unsicherheiten und Verwirrungen um das Procedere gibt – bei Patienten und Apothekern. Patienten erhalten in solchen Fällen oft die Info vom Hersteller: „Gehen Sie einfach in die Apotheke. Die tauschen Ihnen das unkompliziert aus – ohne Rezept.“ So geschehen beim Rückruf des Adrenalin-Injektors Fastjekt, im vergangenen Jahr beim Hypoglykämie-Mittel GlucaGen HypoKit und auch bei früheren Rückrufen schon.
Aber geht das tatsächlich so unkompliziert? Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker hatte sich deswegen bereits im Jahr 2014 in dieser Frage an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gewandt und gefragt, welche Rechtsauffassung man dort vertritt.
Ministerium hat eine eindeutige Meinung
Die Antwort des Ministeriums, die die AMK am 21. Oktober 2014 veröffentlicht hat, fällt eindeutig aus. Dort ist man der Auffassung, dass auch bei einem Austausch eines Arzneimittels ein Arzt konsultiert werden muss – unter Berufung auf den Sinn und Zweck des § 48 Absatz 1 AMG. Die Austausch-Verschreibung solle zum Anlass genommen werden, Diagnose sowie Therapiealternativen zu prüfen, erklärt das BMG. Auch sollte, falls die Medikation fehlerhaft oder unwirksam war, dies bei einer Entscheidung für die weitere Behandlung vom Arzt berücksichtigt werden.
Desweiteren wird dann auf die Arzneimittelverschreibungsverordnung verwiesen – und zwar § 1 AMVV. Gemäß § 1 AMVV dürfen nämlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht ohne Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden. Auch die Regelung in § 4 AMVV spreche gegen einen Austausch eines zurückgerufenen Arzneimittels durch den Apotheker ohne neues Rezept – diese untersagt unter anderem die wiederholte Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf dieselbe Verschreibung.
Nur im absoluten Ausnahmefall geht es ohne Rezept
Die Ausnahmefälle, in denen die Apotheke das vom Rückruf betroffene Arzneimittel ohne Rezept gegen ein fehlerfreies austauschen darf, sind sehr eng gefasst – und sie müssen gemeinsam vorliegen. Das wäre:
- die Anwendung des Arzneimittels erlaubt keinen Aufschub („dringender Fall", zum Beispiel Vorliegen einer lebens- oder gesundheitsgefährdenden Situation),
- der Apotheker muss durch den Arzt vorher über die Rechtmäßigkeit der Abgabe fernmündlich unterrichtet worden sein,
- der Apotheker muss sich Gewissheit über die Identität des anrufenden Arztes verschafft haben.
- Auch in diesen Fällen ist die Verschreibung vom Arzt unverzüglich in schriftlicher oder elektronischer Form nachzureichen.
Daher das Fazit der AMK: Auch im Falle eines Chargenrückrufs muss in der Apotheke eine gültige Verschreibung vorgelegt werden. Die AMK gibt zudem zu bedenken, dass das Risiko durch den Defekt gegen das Risiko, zeitweise überhaupt kein Arzneimittel zu Verfügung zu haben, immer abzuwägen ist. Gegebenenfalls soll die Apotheke das zurückgerufene Präparat erst bei Abgabe des Ersatzes zurücknehmen. Beim aktuellen Rückruf des Fastjekt-Pens beispielsweise, der ja ein Notfall-Präparat ist, weist der Hersteller Meda explizit darauf hin, so vorzugehen.
Die Verordnung sollte in diesem Falle auf einem Privatrezept erfolgen. Die Erstattung regelt Meda mit der Apotheke über den pharmazeutischen Großhandel. Auch eine Verordnung auf Kassenrezept wäre denkbar, wenn Hersteller und Kasse dann das Finanzielle unter sich regeln.
Auch in den USA nicht ohne Bürokratie
Ganz unkompliziert und unbürokratisch geht es übrigens anderswo auch nicht. So müssen beispielsweise betroffene Patienten in den USA erst bei einem Dienstleister anrufen und dort einen Gutschein-Code anfordern. Von diesem Dienstleister erhalten sie außerdem ein frankiertes Päckchen, um den alten Pen zurückzuschicken. Dann können sie sich in der Apotheke mit ihrem Gutschein ein Ersatzpräparat holen – kostenfrei. Zuletzt müssen sie ihren zurückgerufenen Pen an den Dienstleister schicken.
3 Kommentare
Rechtsauffassung des Schenkels: Warum geht ein Austausch manchmal auch ohne Rezept?
von Andreas P. Schenkel am 13.04.2017 um 20:38 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Chapeau
von Holger am 18.04.2017 um 8:19 Uhr
Warum so umständlich
von Ratatosk am 13.04.2017 um 18:40 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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