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Arzneimittelkosten
Mondpreise oder sinkendes Preisniveau?
Das Preisniveau für neue Arzneimittel in Deutschland sinkt. Mittlerweile liege die Preise im europäischen Mittelfeld oder sogar darunter. Das berichten die Herstellerverbände vfa und BAH. Die gesetzlichen Krankenkassen hingegen halten die Preise für Innovationen weiterhin für zu hoch. Die Ausgaben für Arzneimittel stiegen weiter an, kritisieren sie.
Deutschland ein Hochpreisland? Zumindest für Arzneimittel trifft dies nicht zu, folgt man einer aktuellen Mitteilung des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa). Der hat nämlich festgestellt, dass das Preisniveau für neue Arzneimittel in Deutschland sinkt. Mittlerweile liege Deutschland hier im europäischen Mittelfeld oder sogar darunter: „Die Preise, die im deutschen Markt für neue Medikamente erstattet werden, fallen deutlich geringer aus als in 15 europäischen Vergleichsländern“, so der vfa. Mehr als zwei Drittel lägen unterhalb des Durchschnitts in den Nachbarländern, ein Drittel der hiesigen Arzneimittelpreise seien sogar die niedrigsten.
Eine ähnliche Entwicklung beobachtet der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH). Dieser berichtet, dass sich in den vergangenen 15 Jahren die Ausgaben für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gleichbleibend zu anderen Leistungsbereichen entwickelt hätten, im Jahr 2016 jedoch nur unterdurchschnittlich gestiegen seien. Während die Ausgaben für Nettoverwaltungskosten der Krankenkassen im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent kletterten, seien die Arzneimittelausgaben der GKV lediglich um 3,1 Prozent pro Versichertem gestiegen.
Entspannung bei Hepatitis-C-Präparaten
Besonders deutlich zeigt sich die Preis-Entspannung bei Hepatitis-C-Arzneimitteln. Dort, so der vfa, sinken die Preise durch den entstandenen Wettbewerb. Immer neue Medikamente kämen in dieser Indikation auf den Markt. Außerdem sei der Verbrauch von Hepatitis-C-Arzneimitteln inzwischen deutlich gesunken, da viele Patienten nach ihrer Heilung keine weiteren Medikamente benötigten. Deshalb seien die Ausgaben der Krankenkassen für diese Medikamente 2016 spürbar zurückgegangen. Zur Erinnerung: Als Gilead Sciences seine neue Hepatitis-C-Therapie 2014 in Europa einführte, kostete eine Tablette anfangs noch rund 700 Euro, eine 24-Wochen-Therapie rund 100.000 Euro.
Kassen beklagen steigende Gesamtausgaben
Damit bewerten
die Herstellerverbände die Lage gänzlich anders als beispielsweise die DAK. Die
Kasse hatte am gestrigen Mittwoch anlässlich der Veröffentlichung des
AMNOG-Reports 2017 die „Mondpreise“ bei neuen Arzneimitteln kritisiert. Die
Arzneimittelausgaben im Gesundheitssystem stiegen trotz gesetzlicher Regularien seit Jahren. Das
aktuelle
Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz biete kaum Möglichkeiten die
steigenden Ausgaben für Arzneimittel einzudämmen, erklärt die Kasse.
Ein ähnliches Bild von den Arzneimittelpreisen
zeichnet der GKV-Spitzenverband. Zwar bestätigte Doris Pfeiffer,
Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, kürzlich, dass sich die hohen
Ausgabenzuwächse aus früheren Jahren wie zum Beispiel für neue
Hepatitis-C-Arzneimittel abgeschwächt hätten. Insgesamt, so der Verband, seien
die Arzneimittelausgaben in Deutschland in den vergangenen Jahren jedoch
gestiegen. Lagen diese 2011 noch bei 29,12 Milliarden Euro, betrug deren Wert
im Jahr 2015 rund 34,8 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr machten die
Ausgaben dann nochmal einen deutlichen Sprung, nämlich um rund 1,5 Milliarden
Euro auf 36,3 Milliarden Euro. Die Entspannung bei den Arzneimittelpreisen gibt
also offenbar nur relativ, nicht aber in absoluten Zahlen.
Paralellhandel hat sich umgedreht
Zudem hat das vergleichsweise niedrige Preisniveau in Deutschland nach
Angaben des vfa dazu geführt, dass sich inzwischen der Parallelhandel „völlig umgedreht“ hat.
Die offiziellen Anmeldungen bei der Europäischen
Arzneimittelbehörde EMA zeigten mit 70 Prozent mehr als doppelt so viele
Ausfuhren wie Einfuhren an. Dies belege,
dass das Preisniveau innovativer Arzneimittel in Deutschland so niedrig sei,
dass sich für Parallelhändler die Ausfuhr
in andere europäische Länder lohne, was hierzulande als mit einer der Gründe für Lieferengpässe gilt.
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