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Presseecho zum DocMorris-Automaten
„Sogar die Aufstellung eines Apothekenautomats wurde verboten“
Die Schließung des „Abgabeautomats mit Videoberatung“ von DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt führte zu einem deutschlandweit Medienecho. Während die meisten Berichte relativ neutral ausfallen, ist auch von der „jubelnden“ Apothekerlobby zu lesen.
„Marktöffnung ist für Apotheken ein Fremdwort“, schreibt die „Rheinische Post“ in ihrer Kolumne „Der Ökonom“ in einem Bericht über den Abgabeautomaten, den DocMorris im baden-Württembergischen Dorf Hüffenhardt aufgestellt hatte – und den das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe innerhalb von nur 48 Stunden wieder dicht machte. Mit einem Verweis auf das Edikt von Kaiser Friedrich II., der 1241 die Trennung von Arzttätigkeit und Arzneimittel-Herstellung verfügt hatte, kritisiert der Kommentar die „bestens geschützte“ Branche.
Nun habe das Regierungspräsidium „sogar die Aufstellung eines Apothekenautomats verboten“, heißt es in dem Kommentar – der auch das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Rx-Versandhandelsverbot als weiteren Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit bezeichnet. „Doch Marktwirtschaft zeigt sich in der Vielfalt der Vertriebswege“, schreibt die Zeitung. „Ob die Patienten online, per Automat oder gut beraten durch ihre stationäre Apotheke ihre Arzneimittel besorgen, sollte ihre Wahl sein“, heißt es. „Wenn dadurch die Preise für frei verkäufliche Medikamente sinken oder die Kassen für verschreibungspflichtige Arzneien Geld einsparen können, hat der Markt seine Funktion erfüllt.“
„Apotheker, ihr wollt Krieg?“
„Apotheker-Lobby jubelt“, schreibt der IT-Nachrichtendienst heise.de zu einer Meldung der Deutschen Presseagentur. „Online bestellte Arzneimittel hätten in die von DocMorris gemieteten Räume geliefert werden sollen“, heißt es fälschlicherweise in dem Beitrag – der ansonsten ausführlich die Hintergründe der Entscheidung erläutert. Doch die Kommentare zum Artikel fallen deutlich aus: „Apotheker, ihr wollt Krieg?“ oder „Apotheken sind sowas von 1980“, heißt es – aber auch „Fachpersonal ist schon sinnvoll“.
Andere Artikel über die Schließung des DocMorris-Standorts,
der nach Ansicht der niederländischen Versandapotheke keine Apotheke ist,
fallen hingegen deutlich neutraler aus. „Das ging schnell“, heißt es in der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung (FAZ):
„Kaum hatte Doc Morris seine Video-Apotheke in Baden-Württemberg geöffnet,
machen die Behörden den Laden wieder dicht.“
„Halb Europa käme dafür potentiell in Frage“
Dabei habe DocMorris mit seiner „Video-Apotheke“ nicht viel Erfahrung sammeln können, schreibt die FAZ. „Jetzt werden Politiker und Gerichte entscheiden müssen“, zitiert sie DocMorris-Strategievorstand Max Müller, der dem Fall „grundsätzliche Bedeutung“ zuspricht. „Überall, wo sich mangels dichter Bevölkerung keine Präsenzapotheke halten könne, wäre eine Video-Apotheke wie in Hüffenhardt denkbar“, zitiert die FAZ Müller – „halb Europa käme also dafür potentiell in Frage“. DocMorris glaube weiterhin, „dass man in Deutschland digitale Projekte zum Wohle aller umsetzen kann“.
Dem Einwand des baden-württembergischen Sozialministers Manfred Lucha (Grüne), dass bewährte Strukturen erhalten werden sollten und automatisierte System kein persönliches Gespräch ersetzen können, widersprach Müller: „Die Video-Verbindung ermögliche ja das Gespräch“, heißt es in der FAZ. „Es handele sich nicht einfach um einen Automaten.“
Die „Rhein-Neckar-Zeitung“ geht in ihrem Beitrag detailliert auf die rechtlichen Hintergründe der Schließung ein – so, dass mit der Abgabe von Rx-Arzneimitteln bei der Prüfung der Rezepte am Terminal gegen die Apothekenbetriebsordnung verstoßen wird. „Es ist jetzt, wie es ist“, zitiert die Zeitung DocMorris-Sprecher Torben Bonnke – und erwähnt, dass die Firma einen sechsstelligen Betrag investiert habe.
Die „Heilbronner Stimme“ hatte DocMorris nach eigener Aussage exklusiv über die Eröffnung des Standorts in Hüffenhardt unterrichtet. Am Samstag veröffentlichte die Zeitung online ein Interview mit dem Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Karsten Diers. Ihn habe das schnelle Eingreifen des Regierungspräsidiums überrascht, erklärte Diers. Seiner Kenntnis entziehe sich, was sich DocMorris „juristisch zusammeninterpretiert“ habe. „Für uns war das ganz klar der Betrieb einer Apotheke und damit unzulässig“, erklärt er – und verweist auf die Rezeptsammelstelle, über die Apotheker aus den umliegenden Ortschaften Hüffenhardt weiter beliefern würden.
„Gemeinde hatte mit Aus gerechnet“
„Wir wollen vor allem die Versorgung der Patienten aus einer Apotheke mit einem verantwortlichen Apotheker sicherstellen, der vor Ort sein muss“, erklärte der Kammer-Geschäftsführer. „Jede abgespeckte Form ist deshalb nur das zweitbeste Ergebnis.“
Die Gefahr, dass durch den Automat falsche Arzneimittel abgegeben werden, sehe er nicht – doch könnte Druck auf Ärzte entstehen, nur die Arzneimittel zu verschreiben, die im Automaten lagern – wodurch „nicht mehr die optimale Arzneimitteltherapie“ zum Tragen käme. Auch beim Datenschutz könnte es Probleme geben, wobei Diers einräumen muss: „Uns liegt kein Bericht vor, dass mit den Daten etwas Falsches gemacht wurde.“
„Gemeinde hatte mit Aus gerechnet“, übertitelt die „Heilbronner Stimme“ einen weiteren Artikel – die rechtlichen Probleme seien dem Gemeinderat bekannt gewesen, zitiert sie Bürgermeister Walter Neff. „Wir hatten schon befürchtet, dass es wieder geschlossen wird“, erklärte er. Doch die große Investition hätte der Gemeinde Mut gemacht: „Wer so eine Investition tätig, wisse schon, worauf er sich einlässt“, betonte Neff. „Die Enttäuschung ist schon da“, erklärt er.
4 Kommentare
Und immer wieder die Apothekerlobby!........
von Heiko Barz am 24.04.2017 um 19:21 Uhr
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AW: indonesische Waschküche
von Dr. Arnulf Diesel am 28.04.2017 um 8:51 Uhr
ABDA erneut unfähig, Marketing Trick zu entlarven
von Andreas Grünebaum am 24.04.2017 um 19:05 Uhr
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Heise sollte bei seinen Leisten bleiben !
von Ratatosk am 24.04.2017 um 18:32 Uhr
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