- DAZ.online
- News
- Politik
- Apotheker streiten mit ...
DAV-Wirtschaftsforum
Apotheker streiten mit SPD und Grünen über Preisbindung
Die Positionierung der SPD und der Grünen zu den Themen Rx-Preisbindung und Versandhandel sorgen bei den Apothekern nach wie vor für viel Ärger. Bei der politischen Diskussionsrunde des DAV-Wirtschaftsforums forderten Kordula Schulz-Asche (Grüne) und Sabine Dittmar (SPD) eine teilweise Aufweichung der Rx-Preisbindung. DAV-Chef Fritz Becker attackierte die beiden Politikerinnen und warnte vor einem Versorgungszusammenbruch.
Bei der politischen Diskussionsrunde auf dem DAV-Wirtschaftsforum zeigte sich am heutigen Mittwoch, wie tief die Gräben zwischen den Apothekern und der SPD und den Grünen derzeit sind. Sowohl die SPD als auch die Grünen hatten in den vergangenen Monaten nach dem EuGH-Urteil für eine Aufweichung der Rx-Preisbindung votiert und gegen das von der ABDA favorisierte Rx-Versandverbot. Die SPD-Apothekenexpertin Sabine Dittmar hatte gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Edgar Franke einen zeitlich begrenzten Rx-Boni-Deckel in Höhe von einem Euro sowie eine Überarbeitung des Apothekenhonorars vorgeschlagen. Die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche hatte diesen Vorschlag unterstützt.
Insbesondere Schulz-Asche erregte bei der heutigen Diskussion die Gemüter der Apotheker. Unter anderem beschwerte sie sich über das Gesprächsniveau, das auch Apotheker nach dem EuGH-Urteil auf ihrer Facebook-Seite eingeführt hätten, wenn es um das Thema „Arzneimittel-Versandhandel“ ging. Sie plädierte außerdem dafür, die Rx-Preisbindung kritisch zu hinterfragen. „Dass es nach dem EuGH-Urteil wieder Rx-Boni gibt, hat bislang nicht dazu geführt, dass Apotheken schließen mussten“, erklärte die Grünen-Politikerin. Sie habe mit einigen Landapothekern gesprochen. „Deren Problem ist nicht die Preisbindung, sondern die Konkurrenz der Stadtapotheken, die einfach mehr Rezepte aus Arztpraxen erhalten.“ Außerdem sagte die Grünen-Politikerin, sie sei „fassungslos“ darüber, dass die ABDA jegliche Lösungs- und Kompromissvorschläge abgelehnt habe.
Dittmar (SPD) kritisiert Bundesgesundheitsminister Gröhe
Die SPD-Politikerin Sabine Dittmar erneuerte ihre Kritik an dem von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplanten Rx-Versandverbot. Dittmar sagte, dass sie den vorgelegten Entwurf als fehlerhaft gesehen habe. Erneut nannte sie die Spezialversender als Beispiel. „Gerade dort ist die Rolle des deutschen Versandhandels inzwischen nicht mehr zu vernachlässigen.“ Auch an den im Entwurf enthaltenen Vorschlägen zur Regulierung des Botendienstes übte Dittmar Kritik. Die Apothekenexpertin griff das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf dafür an, nicht ausreichend auf die Wünsche der SPD-Bundestagsfraktion eingegangen zu sein. „Der Minister hat nie einen Lösungsvorschlag präsentiert, wie man mit diesen Problemen umgehen könnte. Auch die kritischen Stimmen aus den Verbänden und den anderen Ressorts wurden ignoriert und der Gesetzentwurf nie wirklich verändert.“
Dittmar erwähnte auch erneut ihren Lösungsvorschlag und stellte klar: „Wir wollten nie Bargeldboni für alle Apotheker einführen. Es geht uns um Sachboni in Bagatellhöhe, beispielsweise für Bonushefte, oder Ähnliches.“ So wie Schulz-Asche sagte aber auch Dittmar, es sei nicht belegt, dass der Apothekenumsatz durch Rx-Boni negativ beeinflusst werde.
Becker und Kiefer attackieren Schulz-Asche und Dittmar
DAV-Chef Fritz Becker ließ diese Behauptungen nicht unkommentiert stehen. Mit erhobener Stimme erklärte er in Richtung Schulz-Asche und Dittmar: „Haben Sie erwartet, dass der Hebel nach dem EuGH-Urteil angelegt wird und einen Monat später machen alle Apotheken zu? Das ist ein schleichender Prozess. Sagen Sie mir bitte: Wie lange wollen Sie denn warten, bis dieser Zustand wirklich gefährlich wird? Genau deswegen können wir keiner Lösung zustimmen, die früher oder halt später in den Ruin führt!“ Auch Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer wehrte sich gegen die Darstellungen der beiden Politikerinnen: „Sie machen ja auch keinen Fallschirmsprung ohne Fallschirmen und sagen sich: ‚Mal schauen, ob etwas passiert.‘ Der Sinn der Gleichpreisigkeit muss erhalten bleiben: Unabhängig vom Verdienst, Alter und Herkunft sollen alle Menschen zum gleichen Preis die gleiche Leistung bekommen.“
Becker und Kiefer erklärten zudem, dass der einzige Kompromiss, zu dem sie bereit gewesen seien, ein zeitlich befristetes Versandverbot gewesen wäre. „Man hätte das Verbot für zwei Jahre festsetzen können und in dieser Zeit die Arzneimittelpreisverordnung umstellen können“, erklärte der DAV-Chef.
Hennrich (CDU) hält Rx-Versandverbot für beste Lösung
Unterstützt wurden die beiden Apotheker vom CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich (CDU). Der Arzneimittelexperte der Unionsfraktion erneuerte seine Forderung nach einem Rx-Versandverbot. Hennrich kritisierte insbesondere das EuGH-Urteil. Schließlich habe der EuGH in anderen Urteilen zuvor festgelegt, dass Gesundheitsfragen in den Mitgliedsstaaten souverän entschieden werden dürften. Ebenfalls sehe er es schwierig, dass der EuGH in seinem Urteil Arzneimittel als „Ware“ deklariert habe und geäußert habe, dass die EU-Versandapotheken die Freiheiten im Preisbereich bräuchten, um Zugang zum deutschen Markt zu bekommen. Hennrich sagte, dass er sich das Verbot zumindest vorübergehend gewünscht hätte, um in dieser Übergangszeit, tiefer gehende Veränderungen an der Arzneimittelpreisverordnung vorzunehmen.
Apotheker und Politiker wollen neue Beratungshonorare
Über einen Punkt waren sich dann doch alle Gesprächsteilnehmer einig. Sowohl die Apotheker als auch die Politiker sahen es als notwendig an, das Apothekenhonorar zu überarbeiten. Fritz Becker forderte, dass es endlich gesetzgeberisch ermöglicht werden müsste, dass Apotheker und Krankenkassen Verträge über pharmazeutische Dienstleistungen anbieten können. Er wies darauf hin, dass einige Apotheker und Kassen bereits Dienstleistungs-Modelle entworfen hatten. Diese seien aber durch Aufsichtsbehörden gestoppt worden – mit der Begründung, dass es das Sozialgesetzbuch nicht vorsehe, dass Apotheker für Beratungsleistungen vergütet werden.
Während Dittmar und Schulz-Asche eben noch für ihre Haltung
zum Versandhandel attackiert wurden, stimmten sie nun mit den Apothekern bei
den Beratungsleistungen überein. Schulz-Asche sagte, dass der Apotheker
insbesondere in regionalen, ländlichen Versorgungskonzepten eine ganz neue,
viel umfassendere Rolle einnehmen könne und müsse.Die Grünen-Politikerin beschwerte sich auch darüber, dass die Apotheker bislang nur am Rande in den Medikationsplan eingebunden sind. Die Pharmazeuten müssten hier eine viel wichtigere Funktion haben, forderte sie.
Dittmar erklärte, dass ihr insbesondere das Thema „Arzneimitteltherapiesicherheit“ am Herzen liege und dass die Apotheker in diesem Bereich eine wichtigere Rolle spielen sollten. Sie plädiere beispielsweise dafür, dass Projekte wie das ARMIN-Modell in Sachsen und Thüringen für die Regelversorgung vorgeschlagen werden sollen. Einig waren sich die Diskutanten allerdings auch darüber, dass eine Überarbeitung des Apothekenhonorars in Richtung neue Beratungsleistungen Zeit in Anspruch nehme und in dieser Legislaturperiode nicht mehr lösbar sei.
6 Kommentare
Was für ein Blödsinn!
von Wolfgang Müller am 27.04.2017 um 11:22 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Vergütungsmodelle
von Karl Friedrich Müller am 27.04.2017 um 8:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Wisst ihr was?
von Christiane Patzelt am 26.04.2017 um 19:25 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Wisst ihr was
von Karl Friedrich Müller am 26.04.2017 um 20:13 Uhr
Bald, bald
von Karl Friedrich Müller am 26.04.2017 um 19:17 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Umsatz/Gewinn
von Peter Bauer am 26.04.2017 um 17:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.