Arzneimittelfälschungen in der ARD

Geben Apotheker gefälschte Arzneimittel ab?

Berlin - 18.05.2017, 11:50 Uhr

Fälschungen in deutschen Apotheken? Einer ARD-TV-Doku zufolge landen über viele Umwege auch hierzulande gefälschte Arzneimittel. (Screenshot: DAZ.online)

Fälschungen in deutschen Apotheken? Einer ARD-TV-Doku zufolge landen über viele Umwege auch hierzulande gefälschte Arzneimittel. (Screenshot: DAZ.online)


Konflikt zwischen ABDA und Pro Generika

Die ABDA wollte sich zu dem Beitrag nicht äußern. Eine Sprecherin verwies auf ein Faktenblatt, das die Interessenvertretung der Apotheker am gestrigen Mittwoch veröffentlicht hatte. Dort heißt es unter anderem, dass Apotheker Teil der legalen Lieferkette seien und ihre Arzneimittel nur von Großhändlern und Herstellern beziehen dürften. Außerdem seien die Pharmazeuten dazu verpflichtet, Fertigarzneimittel zu überprüfen. Und: Laut Arzneimittelgesetz würden auch die Apotheken selbst überprüft. In dem Papier wird auch über die Prüfungen der AMK berichtet. 2016 habe es beispielsweise 16 Verdachtsfälle gegeben, wobei sich keiner davon bestätigte.

Wie funktioniert die Lieferkette? (Grafik: Pro Generika)

Der Branchenverband Pro Generika reagierte gleich mit mehreren Veröffentlichungen auf den ARD-Themenabend. Auf einer Info-Grafik des Verbandes wird die Arzneimittel-Lieferkette abgebildet. Außerdem veröffentlichte Pro Generika einen Faktencheck auf der Internetseite des Verbandes. Darin geht der Verband mit den Recherchen hart ins Gericht. Unter anderem heißt es dass die Fälschungs-Problematik schon länger bekannt sei und dass der Generika-Verband schon vor längerer Zeit auf die Problematik mit der Produktionsstättenverlagerung hingewiesen habe. Pro Generika weist auch darauf hin, dass sich Patienten in den allermeisten Fällen ihr Präparat aufgrund der bestehenden Rabattverträge nicht aussuchen können. Auch die Behauptungen, dass eine „Profitgier“ und keine Transparenz im Markt vorherrschten, seien falsch.

Inzwischen hat sich zwischen Pro Generika und der ABDA ein kleiner Konflikt zu dieser Thematik entwickelt. Mit Bezug auf die untersuchten Verdachtsfälle der AMK teilte Pro Generika am gestrigen Mittwoch, also noch vor Ausstrahlung der Sendung, mit, dass es „null“ gefälschte Arzneimittel aus Apotheken in 2016 gegeben habe. Die ABDA widerspricht dieser Darstellung. Eine Sprecherin sagte gegenüber DAZ.online: „Eine solche Aussage wurde von Seiten der AMK nicht getätigt. Die AMK hat lediglich bestätigt, dass ihr im Jahr 2016 insgesamt 14 Verdachtsfälle vorgelegt wurden, von denen sich keiner als tatsächliche Fälschung erwiesen hat. Die AMK hat keine Einschätzung zur Häufigkeit von Fälschungen bei den insgesamt 1,4 Mrd.  durch Apotheken abgegebenen Packungen abgegeben.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Anreize

von Holger am 23.05.2017 um 8:26 Uhr

Es gibt doch verschiedene Anreize, die Straftäter(!) dazu bewegen, gefälschte Arzneimittel zu produzieren und in den Markt zu bringen. Wenn man dagegen vorgehen will, muss man alle diese Anreize minimieren.

1. Gewinnspanne
Wenn man mit Arzneimitteln mehr Geld verdienen kann, als mit illegalen Drogen, ist doch kein Wunder, wenn sich zwielichtige Subjekte auf diesen Markt stürzen? Nirgendwo ist die Gewinnspanne so groß, wie beim Unterschied zwischen Produktionsaufwand und Verkaufspreis von Arzneimitteln - zumindest für Monopolprodukte. Erst wenn diese Gewinnspanne deutlich sinkt, wird das Interesse abnehmen.

2. B2B-Lieferkette
Je mehr Beteiligte in diesem Prozess, desto höher wird das Risiko dafür, dass "irgendwer" sich illegal betätigt. Mich stimmt allein schon die in den letzten zehn Jahren dramatisch gestiegene Zahl der AM-Großhandelserlaubnisse kritisch. Den meisten davon vertraue ich ja, aber wenn es immer mehr gibt, reicht eben auch ein kleiner Anteil an nicht-vertrauenswürdigen, um Schaden zu verursachen.

3. Versandhandel
Der Kunde hat KEINE Chance, da können wir noch so viele Siegel und ähnliches konstruieren, einen vertrauenswürdigen Versender von einer zwielichtigen Quelle zu unterscheiden. Ich verweise da gerne immer wieder auf die unterhaltsamen Studien von Prof. Schweim aus Bonn. Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gehört verboten, weil er für den Patienten gefährlich ist. Punkt.

Schlussbemerkung:
Das mit den Fertig-AM-Prüfungen in den Apotheken ist ja nett gemeint, aber glauben wir ernsthaft, wir könnten so gut gemachte Fälschungen enttarnen?? Höchstens, wenn die Sekundärverpackung laienhaft produziert ist. Dieses Instrument ist doch eher geeignet, moderate Schlampigkeit im Konfektionierungsprozess "normaler" Hersteller zu entdecken.

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AW: Anreize

von Clara am 25.05.2017 um 15:15 Uhr

Ich möchte gezielt auf die Schlussbemerkung von Holger eingehen, der völlig Recht hat: die Chance, bei einer visuellen Prüfung vor Ort in der Apotheke etwas zu finden ist wirklich sehr überschaubar!
Wenn - wie die Webseite www.pharmacrime.de der ARD zeigt - insgesamt von 349 Produkten von 22! Pharmaunternehmen (allen voran mit 105 Produkten die Firma Pfizer) die originalen! reprofähigen Druckdateien im Internet frei verfügbar sind, kann ich mir als Apotheker die visuellen Kontrollen ganz schenken.
Qualität kann ich nur erzeugen - nicht erkontrollieren!
Ich bewundere die stoische Ruhe der deutschen Apothekerverbände, deren alleine für mich erkennbare Reaktion bisher darin besteht, der Öffentlichkeit die Beruhigungspille "so schlimm ist es nicht" zu verabreichen.
Angesichts der von der ARD aufgedeckten Fakten müssten die Apothekerverbände aus meiner Sicht Sturm laufen gegen Pfizer, die das Ganze angerichtet haben und gegen das Gesundheitsministerium, das jahrelang genauso versäumt hat, angemessen zu kontrollieren wie das Umweltministerium beim Dieselskandal.
Wenn Konsumenten zum Apotheker ihrer Wahl kein Vertrauen mehr haben können, entziehen die Auslöser dieser Situation der deutschen Medikamentenversorgung den ideellen Boden und den betroffenen Apothekern in ohnehin schweren Zeiten damit die wirtschaftliche Grundlage.
Pfizer hat mit dem Nichtmelden der Sutent Erkenntnisse und dem Wissen um das Datenleck seiner internen Verpackungsdateien in 2011 nicht nur eklatant gegen die eigenen Pfizer Compliance Richtlinien verstoßen, sondern schadet den deutschen Apothekern damit möglicherweise in nie dagewesenem Ausmaß.
Wann fangen die Apotheker endlich an, sich angemessen zu wehren und Pfizer für das skandalöse Verhalten zur Verantwortung zu ziehen statt „öffentliches Pfeifen im Walde“ zu praktizieren.

Schmidt hat die Lieferketten wissentlich gebrochen

von Ratatosk am 19.05.2017 um 9:10 Uhr

Die unsellige Ulla wollte die sog. verkrusteten Ketten ja brechen, das hat sie geschafft und damit für die todbringende Entwicklung den Weg gebahn.
Leider sind die SPD, FDP und die Grünen immer noch völlig lernresistent.
Es ist natürlich die Abwägung, wieviel Schaden gegen den Nutzen des Großkapitals.

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AMK, ZL, Apotheken ... bitte zur "Front" ...

von Christian Timme am 18.05.2017 um 14:07 Uhr

Und noch eine Gelegenheit vor "der Wahl". Jetzt heißt es "mitmischen" und zwar "richtig & schnell & gezielt". Auf die "Gesamtdosierungen" achten ... und noch was, die "Gift-Hauptdarsteller" zum DAT/expopharm einladen ... der Termin stimmt und jetzt ran an "die Themen" ... der Sommer kann kommen ...

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