Rechtsexpertin im Interview

Welche Neuerungen erwarten Apotheken beim Mutterschutz?

Berlin - 19.05.2017, 09:00 Uhr

In Apotheken arbeiten besonders viele Frauen – ein guter Grund einen genaueren Blick auf die kommende Neuregelungen zum Mutterschutz zu werfen. (Foto: drubig-photo / Fotolia)

In Apotheken arbeiten besonders viele Frauen – ein guter Grund einen genaueren Blick auf die kommende Neuregelungen zum Mutterschutz zu werfen. (Foto: drubig-photo / Fotolia)


Der Gesetzgeber hat das Mutterschutzgesetz grundlegend überarbeitet. In den vergangenen 65 Jahren war an den Regelungen nämlich wenig geändert worden. Was bedeuten die Neuerungen für Apotheken, wo bekanntlich besonders viele Frauen arbeiten? Wir haben bei Minou Hansen, Leiterin der Rechtsabteilung von Adexa, nachgefragt.

Am vergangenen Freitag hat der Bundesrat dem neuen Mutterschutzgesetz zugestimmt. Das neue Gesetz wird im Wesentlichen zum 1. Januar 2018 in Kraft treten – einige Regelungen jedoch nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in diesem Sommer. Wir haben bei Minou Hansen, Leiterin der Rechtsabteilung der Apothekengewerkschaft Adexa nachgefragt, welche neuen Regelungen uns erwarten – und welche für Apothekenleiter und -mitarbeiter von Bedeutung sein werden.

DAZ.online: Frau Hansen, welche Änderungen bringt das neue Gesetz für Apothekenbeschäftigte?

Hansen: Wie für alle Mütter wird sich auch für Apothekenangestellte der verbesserte Schutz bei Fehlgeburten und behinderten Kindern verbessern. Für Mütter von Kindern mit Behinderung wird sich die gesetzliche Mutterschutzfrist um vier Wochen verlängern und damit nach der Geburt statt acht zwölf Wochen betragen.

Neu eingeführt wird zudem ein besonderer Kündigungsschutz für Frauen, die nach der 12. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden.

ADEXA
Minou Hansen, Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung.

DAZ.online: Welche Mitarbeiterinnen sind in das neue Mutterschutzgesetz einbezogen?

Hansen: Das neue Gesetz soll auch für Praktikantinnen gelten sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch für Schülerinnen und Studierende. Voraussetzung soll dabei sein, dass es sich um einen verpflichtenden Bestandteil der Ausbildung handelt, wie zum Beispiel das Pharmaziepraktikum und das halbjährige PTA-Praktikum. Das Mutterschutzgesetz gilt allerdings nur in Teilen, nicht im Hinblick auf den Kündigungsschutz und Mutterschaftsgeld. 

DAZ.online: Welche neuen Pflichten treffen Arbeitgeber?

Hansen: Hinsichtlich der Abrechnungen und der finanziellen Verpflichtungen bleibt für die Apothekenleitungen erst einmal alles gleich. Die Schutzfristen bleiben, außer den oben genannten neuen Fristen, bestehen. Der Zuschuss des Arbeitgebers während der gesetzlichen allgemeinen Beschäftigungsverbote und der individuellen Beschäftigungsverbote verändert sich nicht.

Änderungen bei der Gefährdungsbeurteilung

DAZ.online: Was gilt im Hinblick auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen? Gibt es hier neue Vorgaben?

Hansen: Die Apothekenleitung muss eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und erforderliche Maßnahmen für den physischen und psychischen Schutz der Frau treffen. Gefährdungen oder Nachteile durch die Schwangerschaft sollen vermieden oder ausgeglichen werden. Die Frau muss ihre Arbeit kurz unterbrechen können, und  es muss gewährleistet sein, dass sie sich in Pausen oder diesen Unterbrechungen auch hinlegen, setzen und ausruhen kann. Ich kann mir vorstellen, dass bei einer korrekten Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sich für schwangere Apothekenangestellte einiges ändern wird. Aus der Rechtsberatung ist bekannt, dass bislang die Unterbrechungen und fehlenden Sitz- bzw. Liegemöglichkeiten durchaus ein Problem darstellen. Hier muss man allerdings erst einmal abwarten, wie diese gesetzlichen Vorgaben dann umgesetzt werden.

DAZ.online: Wie sieht es mit der Beurteilung der Gefährlichkeit aus?

Hansen: In § 10 des neuen Mutterschutzgesetzes sind sehr detailliert, aber nicht abschließend, die Gefahren und Gefährdungen beschrieben, denen eine Schwangere und Stillende nicht ausgesetzt werden darf. Dort sind auch die Gefahrstoffe aufgeführt, allerdings dürften diese dem pharmazeutischen Personal ja ohnehin bekannt gewesen sein. 

DAZ.online: Gibt es auch Neues im Hinblick auf die Arbeit in den Abendstunden und der Nacht?

Hansen: Grundsätzlich bleibt es dabei, dass die Arbeit zwischen 20:00 und 6:00 Uhr verboten bleibt. Allerdings kann eine Apothekenleitung eine Mitarbeiterin bis 22:00 Uhr beschäftigen, wenn sie sich dazu ausdrücklich bereit erklärt, aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht und die schwangere Frau nicht alleine arbeitet. Das kann für Apotheken interessant sein, die längere Öffnungszeiten haben. Da die Alleinarbeit ausgeschlossen ist, muss man sehen, ob  sich diese Änderung bezüglich des Einsatzes von schwangeren Apothekerinnen im Bereitschaftsdienst überhaupt auswirkt.

DAZ.online: Und wie sieht es bei der Sonn- und Feiertagsarbeit aus?

Hansen: Hier gelten ähnliche Regelungen wie zur Arbeit zwischen 20.00 und 22.00 Uhr. Der in Anspruch genommenen Frau muss dann aber ein Ersatzruhetag gewährt werden. Auch hier gilt das Verbot der Alleinarbeit.

DAZ.online: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Hansen!



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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