Auswirkungen auf Blutdruck und EKG

Was machen Energy-Drinks mit dem Körper?

Stuttgart - 29.05.2017, 11:45 Uhr

Die Auswirkungen der Inhaltsstoffe von Energy-Drinks sind wenig erforscht. (Foto: dpa)

Die Auswirkungen der Inhaltsstoffe von Energy-Drinks sind wenig erforscht. (Foto: dpa)


Taurin, Guarana, Ginseng oder L-Carnitin, dazu eine ordentliche Menge Coffein und meist viel Zucker: Die Kreativität der Hersteller, wenn es um die Zusammensetzung von Energy-Drinks geht, scheint unerschöpflich. Die Auswirkungen von Coffein in der empfohlenen Dosierung gelten als gut erforscht. Doch was machen die anderen Stoffe mit dem menschlichen Organismus? 

Sie heißen zum Beispiel Monster®, Ok®, Rockstar®, Effect® , Energy Rocker® oder Red Bull®. Sie versprechen mehr Energie für Körper und Geist oder sollen sogar Flügel verleihen. Neben Coffein sind meist noch weitere Substanzen enthalten, die leistungssteigernd wirken sollen. Es gibt sie im Supermarkt, beim Discounter, an der Tankstelle und nicht zuletzt in Bars und Clubs. Die Rede ist von Energy-Drinks. In letzter Zeit wurden jedoch immer wieder Fragen zur Sicherheit dieser Lebensmittel aufgeworfen. So scheinen beispielsweise parallel mit der zunehmenden Beliebtheit dieser Getränke die Behandlungen in der Notaufnahme aufgrund von Herz-Kreislaufbeschwerden zuzunehmen. Sogar von Todesfällen wird berichtet. 

Bis 400 mg Coffein gelten für Erwachsene als sicher

Die pharmakologischen Wirkungen von Coffein gelten als gut erforscht. So geht man davon aus, dass 400 mg pro Tag für gesunde Erwachsene sicher sind. Zur Einordnung: Ein Espresso enthält zwischen 50 und 60 Milligramm. Diesbezüglich sind sich das Bundesinstitut für Risikobewertung und die amerikanische Überwachungsbehörde FDA einig. Wird die 400 mg- Dosis nicht überschritten, sind in der Regel keine Auswirkungen auf das EKG zu erwarten. Werden die empfohlenen Dosierungen überschritten oder nehmen Kinder und Jugendliche zu viel Coffein zu sich, kann es jedoch gefährlich werden. Erst vor Kurzem war ein Jugendlicher im US-Bundesstaat South Carolina verstorben, nachdem er innerhalb kurzer Zeit mehrere coffeinhaltige Getränke zu sich genommen hatte. Dies hatte offenbar zu Herzrhythmusstörungen geführt.

Über die anderen Inhaltsstoffe ist wenig bekannt

Über die Effekte der anderen Inhaltsstoffe in Energy-Drinks hingegen weiß man weit weniger. In einer randomisierten doppelblinden, coffeinkontrollierten Cross-over-Studie, die im Journal der American Heart Association veröffentlicht wurde, ist nun die Wirkung von Energy-Drinks auf Blutdruck und EKG untersucht worden. 

18 gesunde Probanden mussten entweder 946 ml eines Energy-Drinks mit B-Vitaminen, Taurin, L-Carnitin und Ginseng trinken oder ein coffeinhaltiges Kontrollgetränk. Enthalten waren jeweils 320 mg des Xanthin-Derivats. Nach einer sechstägigen Auswaschphase erhielten sie die jeweils andere Zubereitung. Vorher und zu fünf Zeitpunkten nach der Aufnahme wurden ein EKG geschrieben sowie der zentrale und der periphere Blutdruck gemessen. 

Auswirkungen auf die QT-Zeit und beim Blutdruck

Der Energy-Drink machte sich dabei bei zwei Parametern bemerkbar: bei der frequenzkorrigierten QT-Zeit und beim peripheren systolischen Blutdruck. Während Letzterer in beiden Gruppen zwar initial vergleichbar anstieg, war dann der Anstieg im Energy-Drink-Arm sechs Stunden nach dem Konsum signifikant höher als im Kontroll-Arm. So wurden bei den Probanden, die den Energy-Drink erhielten, im Schnitt 4,72 mmHg über dem Ausgangswert gemessen, in der Kontrollgruppe war es nur ein Plus von 0,83 mmHg. Die QT-Zeit, gemessen nach zwei Stunden, legte nach Konsum des Energy-Drinks um 44 ms zu. Zum Vergleich: Eine Verlängerung der QT-/QTc-Zeit um mehr als 60 ms im Vergleich zum Ausgangswert gilt neben einer Gesamtzeit von über 500 ms als Marker für eine lebensbedrohliche Arrhythmie. Die FDA wird hellhörig bei allen Zulassungsanträgen für neue Wirkstoffe, die eine QT-Zeit-Verlängerung von mehr als 10 ms hervorrufen. Cisaprid und andere Arzneimittel wurden vom Markt genommen, weil sie das QT-Intervall 5 bis 10 ms verlängerten.  

In der Kontrollgruppe, deren Getränk nur Coffein enthielt, verkürzte sich das Intervall im Schnitt sogar um 10,4 ms. Erklären konnten die Forscher das jedoch nicht. Beim peripheren diastolischen Blutdruck sowie dem zentralen systolischen und diastolischen Druck gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen.

Effekte von Taurin und Co. müssen untersucht werden

Die Autoren weisen zwar auf einige Limitationen hin. Zum Beispiel, dass die Unterschiede nur im Vergleich zur Coffein-Kontrolle signifikant waren, die Veränderung gegenüber dem Ausgangswert aber nicht besorgniserregend gewesen seien. Auch die Verkürzung des QT-Intervalls im Coffein-Arm könne man nicht erklären. Deswegen und noch aus einigen anderen Gründen seien die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren, schreiben sie in der Diskussion.

Nichtsdestotrotz halten die Autoren es für notwendig, dass die Inhaltsstoffe von Energy-Drinks wie Taurin, L-Carnitin und Panax ginseng weiter hinsichtlich der jeweiligen Einzeleffekte sowie ihrer Wirkung in Kombination untersucht werden. Denn die beobachteten Veränderungen deuten darauf hin, dass es hämodynamische Auswirkungen gibt. Um hier Klarheit zu erlangen, bedarf es nach Ansicht der Autoren größerer klinischer Studien. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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