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Rechtsverstöße und Rahmenvertragsverletzungen
GKV-Spitzenverband vertraut DocMorris
Der GKV-Spitzenverband bleibt dabei: Er will DocMorris und die Europa Apotheek Venlo nicht mit den Mitteln des Rahmenvertrags sanktionieren, weil sie deutschen Versicherten Rx-Boni gewähren. An dieser Auffassung hat sich auch nichts geändert, nachdem DocMorris seine fragwürdigen Zuzahlungsquittungen gerichtlich untersagt wurden. Der Leipziger Rechtsanwalt Fabian Virkus will das nicht akzeptieren.
Der Leipziger Rechtsanwalt Fabian Virkus von der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Hönig & Partner ist überzeugt: Der GKV-Spitzenverband müsste DocMorris und die Europa Apotheek Venlo dafür sanktionieren, dass sie deutschen Versicherten Rx-Boni gewähren. Denn trotz des EuGH-Urteils zur Rx-Preisbindung verstoße die Boni-Gewährung gegen den Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung. Der GKV-Spitzenverband könnte die Apotheken daher sogar von der Versorgung ausschließen. Diese Rechtsauffassung hatte der Anwalt dem GKV-Spitzenverband bereits im vergangenen November im Namen einiger Apotheker mitgeteilt. Und mit dieser steht er auch nicht allein.
Doch der GKV-Spitzenverband antwortete im Februar, dass er dies anders sieht – von Sanktionen wollte er nichts wissen. Das begründete er damit, dass der Rahmenvertrag nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 europarechtskonform ausgelegt werden müsse – und demnach wären die Boni auch hiernach nicht verboten.
Der Kassenverband schrieb in seinem Brief auch, dass DocMorris eigenen Angaben zufolge nicht darauf verzichte, gesetzlich vorgesehene Zuzahlungen einzuziehen. Sie würden vielmehr mit den Kassen verrechnet.
Konfrontation mit Rechtsverstößen
Daraufhin legte Virkus im März nach und erneuerte seine Forderung, DocMorris von der Versorgung der GKV-Patienten auszuschließen. Die Behauptung, der niederländische Versender ziehe Zuzahlungen entsprechend § 43c Abs. 1 SGB V ordnungsgemäß ein, sei „nachweislich falsch“. Vielmehr verletze DocMorris nicht nur die ihr durch Gesetz und Rahmenvertrag auferlegte Verpflichtung, Zuzahlungen einzuziehen – sie täusche die Krankenkassen auch vorsätzlich über die Einziehung der Zuzahlungen, „um ihr Preismodell auf deren Kosten zu finanzieren“, schrieb der Anwalt und verwies auf Testkäufe.
Mittlerweile hat sich nach dem Landgericht Ravensburg auch das Oberlandesgericht Stuttgart mit DocMorris‘ fragwürdigem Umgang mit Zuzahlungen beschäftigt. Tatsächlich ist es so: Wer ein Rezept bei DocMorris einreicht, kann damit seine Zuzahlung reduzieren. Aus der zugehörigen Quittung geht das allerdings nicht hervor. Das halten die Gerichte nicht für rechtens: Denn mithilfe dieser Quittungen könne der GKV-versicherte Kunde schneller die Belastungsobergrenze erreichen, ab der er von der Zuzahlung freigestellt ist. Zudem könnte er eine außergewöhnliche Belastung beim Finanzamt geltend machen, also seine Einkommensteuer verkürzen.
Virkus hatte in seinem Schreiben vom März überdies auf ein im Eilverfahren ergangenes Urteil des Landgerichts Stuttgarts verwiesen. Mit diesem wurde DocMorris untersagt, Freibriefumschläge zur Rezepteinreichung zu verwenden, die nicht die Telefonnummer des Patienten für eine möglicherweise nötige Kontaktaufnahme abfragen. Damit sah der Anwalt die Arzneimittelsicherheit und die Gesundheit der Patienten „vorsätzlich und in erheblicher Weise gefährdet“.
DocMorris: Rechnungspapiere werden bis zum 3. Quartal 2017 angepasst
Nun hat der GKV-Spitzenverband mit einem weiteren Schreiben reagiert. Darin bleibt er dabei, dass er keine Sanktionierung von DocMorris plant – und schon gar keinen Ausschluss aus dem Rahmenvertrag. Den Hinweisen zum Zuzahlungserlass sei man zwar nachgegangen. „Auch uns ist an einer transparenten Gestaltung der Quittungen (…) gelegen“, heißt es dazu im Brief. Doch ein Problem sieht der Spitzenverband deshalb nicht: DocMorris habe mittlerweile „versichert, dass sie in Reaktion auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart die Rechnungspapiere derzeit in der Form anpasst, dass auf diesen künftig neben den Preisen für die einzelnen Produkte auch die geleistete Zuzahlung, die sonstigen Kundenvorteile (Boni) und der Zahlbetrag ausgewiesen werden“. Aufgrund des größeren Programmieraufwandes für diese Änderung sei die Umstellung auf die neue Rechnung für das 3. Quartal 2017 geplant.
Auch dem Hinweis auf eine fehlende Abfrage der Telefonnummer auf Werbemitteln von DocMorris ist der GKV-Spitzenverband eigenen Angaben zufolge nachgegangen. Man habe DocMorris um Stellungnahme gebeten – und die Versandapotheke habe erklärt, bei einer Bestellung nun stets verpflichtend auch die Mitteilung einer Telefonnummer für eventuelle Rückfragen zu verlangen. Zudem habe DocMorris den Verband informiert, dass sie gegen das genannte Urteil Berufung eingelegt habe.
GKV-Spitzenverband sieht keinen Anlass, aktiv zu werden
Das Fazit des GKV-Spitzenverbandes: Die beklagten Rechtsverstöße sind abgestellt bzw. zumindest der Prozess zu ihrer Abstellung bereits „konkret eingeleitet“. Im Übrigen bleibe es dabei: Die Gewährung der Boni könne nicht sanktioniert werden. Denn: „Was der EuGH den Versandhandelsapotheken DocMorris und Europa Apotheek aus Gründen des Europarechts gibt, kann der Rahmenvertrag nicht wieder nehmen“.
Virkus kann dies – auch im Namen der Apotheker, die er vertritt – nicht akzeptieren. Er verlangt weitere Aufklärung und „Akteneinsicht“ beim GKV-Spitzenverband, wie er zu seiner Auffassung gekommen ist. Schließlich habe DocMorris eingeräumt, die Kassen in Sachen Zuzahlung belogen zu haben. Dennoch räume der GKV-Spitzenverband der Versandapotheke eine Schonfrist ein. Virkus fragt sich: Was muss man in diesem Land machen, um gestoppt zu werden? „Das hat mit Rechtsstaat nicht mehr viel zu tun“, betonte er auf Nachfrage gegenüber DAZ.online.
Einen positiven Aspekt sieht der Anwalt aber doch: Das bislang von DocMorris praktizierte Bonus-Modell, das auf einem Zuzahlungserlass basierte, könne auf Dauer nicht fortgeführt werden. Künftig müsse die Apotheke die Boni wohl auf OTC-Käufe anrechnen. Möglicherweise ist das nicht mehr so attraktiv. Klar ist aber auch: Das letzte Wort in Sachen Rahmenvertrag ist noch nicht gesprochen.
4 Kommentare
Gleiches Recht für alle
von Thomas Brongkoll am 20.06.2017 um 14:46 Uhr
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Die Deutsche Apotheke im Sumpf der Rechtsverachter
von Heiko Barz am 20.06.2017 um 12:06 Uhr
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ich kann mich nur wundern
von Wolfgang Schiedermair am 20.06.2017 um 11:07 Uhr
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solche Partner braucht niemand
von Karl Friedrich Müller am 20.06.2017 um 10:05 Uhr
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