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Eine Einigung beim Umzug der Europäischen Arzneimittelagentur EMA wird offenbar noch mindestens bis Oktober dauern: Derzeit streiten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch um die Auswahlkriterien. Pharmafirmen hatten auf eine Entscheidung bis Juni gedrängt – und EMA-Chef Guido Rasi befürchtet, dass Verzögerungen zu einer Gesundheitsgefahr für Europa führen könnten.
Wenn am morgigen Donnerstag die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zum Treffen des Europäischen Rats zusammenkommen, soll es nach dem Abendessen noch unter Ausschluss Großbritanniens um ein heikles Thema gehen: Wohin zieht die Europäische Arzneimittelagentur EMA – und wohin die Bankenaufsichtsbehörde EBA? Beide müssen ihren Sitz in London aufgeben, wenn Großbritannien die EU verlässt.
Bereits im April hatte EMA-Chef Guido Rasi gewarnt, dass Verzögerungen beim Umzug der Behörde zu einer Gesundheitsgefahr für Europa werden könnten – da es durch Reibungsverluste, auch durch den Wegfall bisheriger Mitarbeiter, zu Problemen bei der Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln kommen könnte. In einem offenen Brief hatte es außerdem der EU-Pharmaverband EFPIA als „krasse und alarmierende Realität“ bezeichnet, dass die Arbeit der Behörde durch den Brexit unzweifelhaft behindert werde.
Um die Aufrechterhaltung der nötigen Expertise und der Zulassungsprozesse sicherzustellen, müsse der Rat der EU geeignete Kriterien für die Standortwahl erarbeiten und möglichst schnell auch eine Entscheidung herbeiführen, hatte die EFPIA gefordert. „Möglichst bis zum Treffen im Juni diesen Jahres“ solle feststehen, wohin der Umzug geht, erklärte der Verband.
Doch nun steht fest, dass schon die Bestimmung der Auswahlkriterien noch eine Weile dauern wird: So sollen bis Ende Juli noch Bewerbungen möglich sein. Außerdem haben sich EU-Ratspräsident Donald Tusk sowie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ einen Wettbewerb ausgedacht, der an den Eurovision Song Contest erinnert: Zunächst sollten für beide Agenturen die verbleibenden Mitgliedstaaten je sechs Stimmen auf drei Standorte verteilen können, bevor die Sieger in eine nächste Runde kommen.
Mehrstufiger Auswahlprozess geplant
Sollte es bei einer zweiten Abstimmung eine absolute Mehrheit geben, solle der Sieger automatisch gewinnen – ansonsten soll laut der Zeitung in einer dritten Abstimmung die einfache Mehrheit genügen. Zusätzlich wollen Tusk und Juncker offenbar Kriterien erarbeiten, die die Standortwahl leiten sollen – wie eine unterbrechungsfreie Arbeit der Behörden, eine gute Erreichbarkeit, die Verfügbarkeit mehrsprachiger Schulen für die Sprößlinge der Mitarbeiter, oder eine gute Verteilung von EU-Behörden über die Mitgliedstaaten. Doch unklar bleibt, inwiefern derartige Kriterien bei den Abstimmungen beachtet werden.
„Solche Status- und Standortfragen sind nie einfach, aber wir fühlen uns da auch dem gesamteuropäischen Interesse verpflichtet“, erklärte der Europa-Staatsminister vom Auswärtigen Amt, Michael Roth, gegenüber der Zeitung. Er bezeichnete den Umzug als „definitiv nicht die schwierigste Entscheidung, die wir im Rahmen des Brexit zu treffen haben“ – und erklärte, sie solle nicht auf die lange Bank geschoben werden.
Kürzlich veröffentlichte Medienberichte, nach denen das Rennen um den Standort der EMA für Deutschland praktisch gelaufen sei, da stattdessen eher die Bankenaufsichtsbehörde nach Frankfurt ziehen soll, wurden zwischenzeitlich zwar dementiert – doch dürfte auch klar sein, dass die Bundesregierung Aussichten auf höchstens eine der Agenturen haben dürfte. Nach Informationen von DAZ.online ist aber ein Kuhhandel noch nicht ganz vom Tisch, von dem Deutschland im Vergleich zu entfernteren möglichen EMA-Standorten auch profitieren dürfte: Parlamentarier in Brüssel überlegen, die EMA nach Straßburg zu verlagern – wenn Frankreich sich im Gegenzug bereiterklären sollte, das EU-Parlament nach Brüssel ziehen zu lassen.
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