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Klageerfolg für GKV-Spitzenverband
Gericht mahnt Regelung zu Mischpreisen an
Transparenter Rechenweg vermisst
Demnach ist der Schiedsspruch rechtswidrig, weil er an einem Begründungsmangel leide. Grundsätzlich sei von Schiedssprüchen auf der Grundlage von § 130b SGB V zu fordern, dass sie den der Bildung des Erstattungsbetrages zugrunde liegenden Rechenweg mit allen seinen Implikationen nachvollziehbar und transparent aufzeigen. Dem werde der Eperzan®-Schiedsspruch nicht gerecht. Der darin mit 1200 Euro bezifferte Wert des Zusatznutzens sei nicht nachvollziehbar, sondern scheine frei „gegriffen“. Im Fall von Zydelig® hat der Senat den formellen Aspekt der Begründungspflicht offenbar noch stärker betont. Hier sei nicht einmal ansatzweise zu erkennen gewesen, wie sich der Rechenweg zum Erstattungsbetrag gestaltet habe, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.
Zur Rechtmäßigkeit der Mischpreisbildung hat sich der Senat nur im Rahmen eines die Entscheidung nicht tragenden „obiter dictums“ geäußert. Danach bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der praktizierten Mischpreisbildung, weil der Mischpreis keine nutzenadäquate Vergütung darstelle und er keine Grundlage im Gesetz finde. Dringend notwendig sei daher eine gesetzliche Regelung, die die Mischpreisbildung in einem Fall wie dem vorliegenden zulasse. Zumindest aber müsse es eine Übereinkunft in der Rahmenvereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband und Herstellerverbänden nach § 130b Abs. 9 SGB V geben.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat in beiden Fällen die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Pharmaverbände: Gesetzgeber muss schnell handeln
Der GKV-Spitzenverband fühlt sich in seiner Auffassung bestätigt – mehr wollte er bislang jedoch nicht zu den Urteilen sagen. Bei den Pharmaverbänden sieht man nun den Gesetzgeber gefordert. Hoffnung, sich mit dem GKV-Spitzenverband im Rahmenvertrag einigen zu können, besteht hier offenbar nicht. „Ohne eine Klarstellung im SGB V ist zu befürchten, dass neue Arzneimittel auch dann nicht verordnet werden, wenn sie für bestimmte Patientengruppen einen Zusatznutzen gezeigt haben“, erklärte Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Und sein Kollege vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hermann Kortland, sagte: „Das Urteil trägt zu einer erheblichen Verunsicherung bei allen Beteiligten bei. Es besteht die Gefahr, dass Ärzte innovative Arzneimittel aus Angst vor Regressen nicht mehr verordnen“. Er forderte den Gesetzgeber auf, nicht zu warten, bis das Bundessozialgericht seine Entscheidung trifft, sondern in der neuen Legislaturperiode eine Lösung anzustreben. Der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) wies darauf hin, dass der Mischpreis „die beste Option” sei, um vielen Patienten ohne bürokratischen Aufwand eine gute Therapie mit zugelassenen Arzneimitteln zu ermöglichen. In Deutschland wären laut vfa allein 46 Medikamente und 8,4 Millionen Patienten betroffen, wenn Mischpreisen die Rechtsgrundlage entzogen würde.
Diese grundsätzliche Bereitschaft zu einer Gesetzesänderung äußerte im März bereits der SPD-Gesundheitspolitiker Edgar Franke – wobei er erst auf ein höchstrichterliches Urteil warten will. Sein CDU-Kollege Michael Hennrich hatte sich zurückhaltender geäußert und erklärt, die Union befinde sich hier noch in einem Prüfprozess.
Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2017, Az.: L 9 KR 213/16 KL (Albiglutid) und L 9 KR 72/16 KL (Idelalisib)
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