Großstudie in Aachen

Wie Apotheker dabei helfen, Schlaganfälle zu vermeiden

Remagen - 11.07.2017, 10:25 Uhr

Bei einer groß angelegten Studie in Aachen haben Apotheker dabei geholfen, Patienten zu warnen, die zu einem Vorhofflimmern neigen. (Foto: dpa)

Bei einer groß angelegten Studie in Aachen haben Apotheker dabei geholfen, Patienten zu warnen, die zu einem Vorhofflimmern neigen. (Foto: dpa)


Vorhofflimmern ist die häufigste therapiebedürftige Herzrhythmusstörung. Rund zwei Millionen Menschen leben in Deutschland damit. Sie haben ein bis zu fünfmal höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Eine einfache Früherkennungsmethode könnte ein Test mit einem EKG-Stab sein. Apotheken in der Region Aachen haben diesen schon erfolgreich getestet.

Um herauszufinden, ob ein breites Screening älterer Patienten dabei helfen könnte, die Schlaganfallrate durch unentdecktes Vorhofflimmern zu reduzieren, haben Wissenschaftler und Ärzte der Uniklinik RWTH Aachen gemeinsam mit dem Apothekerverband Aachen die Initiative „Aachen gegen den Schlaganfall“ ins Leben gerufen.  Im Zentrum der Initiative steht eine prospektive offene Studie, die über ein breites Screening in Apotheken aufzeigen soll, wie hoch die Häufigkeit von Vorhofflimmern ist. Es ist bundesweit die erste Studie dieser Art. „Vorhofflimmern ist ein Risikofaktor für einen Schlaganfall, aber es wird häufig zu spät entdeckt“, erklärt Nikolaus Marx, Direktor der Klinik für Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik I) an der Uniklinik RWTH Aachen. „Uns ist daher wichtig, unentdecktes Vorhofflimmern früh zu diagnostizieren und so Patienten vor einem Schlaganfall zu schützen.“

90 Apotheken mit im Boot

Neben der Stadt Aachen ist der Apothekerverband Aachen maßgeblich an dem Projekt beteiligt. Zahlreiche Apotheker aus der Stadt im Dreiländereck und der Städteregion haben sich im Rahmen der Studie zur Verfügung gestellt, um die Testung auf Vorhofflimmern in rund 90 teilnehmenden Apotheken durchzuführen. „Die öffentlichen Apotheken gewährleisten mit kompetenter Beratung die wohnortnahe Arzneimittelversorgung und leisten im Gegensatz zum Versandhandel auch regelmäßig Nacht- und Notdienste“, betont die Vorsitzende des Apothekerverbandes Gabriele Neumann. „Weil uns die Gesundheit der Bevölkerung am Herzen liegt, ist es selbstverständlich, dass wir auch bei dieser Präventionskampagne dabei sind.“

Hinweis auf Vorhofflimmern in nur einer Minute

Mitte Januar 2017 war der Startschuss für das Projekt "Aachen gegen den Schlaganfall" gefallen. Vom 16. bis 28. Januar konnten sich Personen ab 65 Jahren in 43 Apotheken in Aachen und vom 13. bis 25. Februar in 45 Apotheken in der Städteregion auf ein bislang nicht diagnostiziertes Vorhofflimmern testen lassen. Das ging ganz einfach mit dem EKG-Stab, der den Apotheken hierfür zur Verfügung gestellt wurde. Der Proband muss das stabförmige Messgerät nur für eine Minute ruhig in den Händen halten. In dieser Zeit wird über die Pulsmessung ein „Ein-Kanal-EKG“ aufzeichnet, dasAufschluss über Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag gibt. Ist alles in Ordnung, leuchtet ein grünes Signal auf. Ein rotes Licht bedeutet einen Hinweis auf Vorhofflimmern.  

Erheblich mehr Teilnehmer als erwartet

Nach Abschluss der Datenerhebungsphase zog das Team Anfang März 2017 eine positive Bilanz. Rund 7.600 Personen hatten insgesamt an der Großstudie teilgenommen. Für das Projektteam der Uniklinik RWTH Aachen war die positive Resonanz auf die Studie überwältigend. „Ursprünglich hatten wir mit 6.000 Teilnehmern gerechnet“, kommentiert Nikolaus Marx. „Dass wir nun deutlich mehr Personen testen konnten, ist natürlich äußerst erfreulich. Jeder weitere Teilnehmer macht unsere Erhebung noch repräsentativer.“ Die Ergebnisse werden nun ausgewertet und innerhalb eines Jahres mit weiteren Befragungen der Teilnehmer verglichen. 

Auffälligkeiten werden weiter beobachtet

Insgesamt rechnet das Projektteam damit, dass bei einigen hundert Menschen Unregelmäßigkeiten des Herzschlags festgestellt wurden. Teilnehmern mit einem roten Signal wurde in der Apotheke direkt empfohlen, den Befund von ihrem Hausarzt genauer abklären zu lassen. Sie werden von dem Studienteam auch weiter im Auge behalten, und zwar durch telefonische Nachfragen nach acht bis zwölf Wochen, was bei der Untersuchung festgestellt wurde und ob sie dahingehend behandelt werden. Nach einem Jahr will das Team dann alle Teilnehmer noch einmal zu ihrem Gesundheitszustand, ihrer Behandlung und gegebenenfalls Änderung der Medikation befragen. Die Forscher betonen, dass ein negatives Messergebnis (grünes Leuchten) nicht die empfohlenen, regelmäßigen und kardiologischen Vorsorgeuntersuchungen ersetzt.

Überregionales Interesse

Das Projekt hat nicht nur lokal, sondern bundesweit eine große mediale Resonanz erfahren. Das Studienteam berichtet von einer Vielzahl von Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet, sowohl von Apotheken als auch Privatpersonen. Eine Ausweitung der Studie über die Grenzen der Städteregion hinaus sei jedoch aus Gründen der Studienplanung zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. Für die Zukunft sei aber, je nach Ergebnissen, eine Erweiterung auf mehrere Städte oder eine größere Region geplant. In der Aachener Zeitung spricht Marx von seinem großen Ziel, der Ausweitung und Anerkennung dieser Früherkennungsmethode in ganz Deutschland mit Förderung der Bundesregierung. Dabei setzte er ganz sicher auch auf die Apotheker.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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