Niedersachsen

Krankenhausgesellschaft will keine Stationsapotheker

Hannover - 18.07.2017, 07:00 Uhr

Nach den Plänen der niedersächsischen Landesregierung  sollen flächendeckend Stationsapotheker eingeführt werden. (Foto: psphotography / Fotolia)

Nach den Plänen der niedersächsischen Landesregierung  sollen flächendeckend Stationsapotheker eingeführt werden. (Foto: psphotography / Fotolia)


Gesetzentwurf ist aus Klinik-Sicht nicht legitim

Gegenüber DAZ.online spricht Helge Engelke, Verbandsdirektor der Krankenhausgesellschaft, sogar von einer „objektiven Unmöglichkeit“, qualifiziertes Personal zu finden. „Etwas nicht Umsetzbares zu fordern, ist nach unserer Ansicht nicht legitim“, erklärt er. Ohnehin bezweifelt er, dass Stationsapotheker tatsächlich kriminelle Handlungen verhindern könnten – auch wenn sie aus seiner Sicht teilweise einen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) leisten können.

Doch noch aus einem dritten Grund wehrt sich sein Verband vehement gegen die Pläne: Die Einführung von Stationsapothekern wäre laut Landesregierung mit Mehrkosten von rund 8 Millionen Euro verbunden, nach Verbandsberechnungen würden sich die Ausgaben sogar auf knapp 14 Millionen Euro belaufen, da 185 statt 135 Vollzeitkräfte notwendig seien. Doch würden diese nicht refinanziert, denn Krankenkassen erhalten ihre laufenden Einnahmen über sogenannte Fallpauschalen, die bundeseinheitlich kalkuliert werden – ohne Berücksichtigung der Frage, ob Stationsapotheker eingestellt werden. Das generiere in Niedersachsen einen Wettbewerbsnachteil, kritisiert Engelke.

Er verweist darauf, dass die Landesregierung die Differenzen bestätigt habe – sie habe aber dennoch erklärt, dies ändere „nichts an der grundsätzlichen Einschätzung“. Er fordert, zunächst einige Modelle zu prüfen, wie Stationsapotheker zur AMTS beitragen können. Die aktuellen Pläne könnten sogar verfassungsrechtlich bedenklich sein, sagt Engelke, da nach Einschätzung seines Verbandes die Landesregierung ihre Kompetenzen überschreite.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Innovations- und Fachevolutionsbremser

von Matthias H. Arlt, MSc am 19.07.2017 um 10:48 Uhr

"Nicht-Anfangen" dürfte selbst in politcorrecten Zeiten das aberwitzigste und unerfindlichste (Pseudo-)Argument sein was wir lange Zeit lesen durften.
Solange die "Echte klinische Pharmazie" auf den Stationen in den Kliniken und das Medikationsmanagement/ AMTS / ARMIN in der Kooperation Ärztepraxis, Offizin, Pflegeeinrichtungen und Sozialstationen ein "nice to have" ist - was nichts kosten darf - wird sich nichts bewegen! Sobald die ersten Haftungsklagen von PatientInnen wegen Fehlmedikation - und sei es bspw. durch zukünftige Nichtbeachtung einer adäquaten, stratifizierten Pharmakotherapie- höchstrichterlich entschieden sind, löst sich die Diskussion im Turbotempo in Wohlgefallen auf. Wir sind überwiegend top ausgebildet, gehören zu den fortbildungsbegeisterten und -aktivsten Berufsgruppen und werden bei geeigneten Rahmenbedingungen diese Herausforderungen ohne Probleme meistern. Hier steht der kranke oder nicht "krankwerdend-wollende" Mensch im Zentrum unser Bemühungen, der sich auf uns verlässt, das wird augenscheinlich zu oft vergessen.

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Da wird wieder böse blockiert, unglaublich

von Wolfgang Müller am 18.07.2017 um 12:48 Uhr

Das gegnerische Argument "Die Einstellung eines Stationsapothekers pro 300 Krankenhaus-Betten kann nicht gesetzlich vorgeschrieben werden, weil es gar nicht genug Apotheker dafür gibt" spottet in seiner vorgetäuschten, uns schließlich auch sehr fremdartigen "Vernünftigkeit" jeder Beschreibung. Es gibt doch wohl auch in Niedersachsen genug Apotheker/innen, die aus den dortigen Öffentlichen Apotheken in die Krankenhäuser wechseln können! Und auch: WOLLEN, natürlich!!

Damit wäre zumindest für diese Glücklichen ja auch endlich die Absicht des wack´ren Pharmazeutischen Geschäftsführers der Kammer Niedersachsen erfüllt: „Die pharmazeutische Kompetenz des Apothekers sollte nicht länger nur eingeschränkt als Arzneimittellogistiker genutzt werden.“ Welch Letzteres schließlich genau in der Öffentlichen Apotheke praktisch ausschließlich der Fall ist, wie jeder weiß!

Diese von der Apothekerkammer so famos vehement unterstützte Gesetzes-Vorhaben muss aber auch in dem Sinne GANZHEITLICH betrachtet werden, dass es neben der überfälligen Krankenhaus-Stärkung und Berufsaufwertung insgesamt bestens zu der allseits gewünschten Reduzierung der Öffentlichen Apotheken wg. NOCH GRÖSSEREM Personalmangels führen wird. Insbesondere der leidigen Winz-"Filialen" mit weniger als 300 Kunden pro Tag. War hier leider schon der eine oder andere wack´re niedersächsische Kammerversuch gerichtlich gescheitert (siehe z. B. das ekelhaft süffisante, bestätigende Urteil zur Herstellung von Rezepturen nur in einer Filiale, für alle Apotheken des Filialverbundes), so bietet doch dieses neue Gesetzesvorhaben Bereinigungs-Möglichkeiten in einem ganz anderen Maßstab!

Es hat doch auch wirklich keinen Sinn, weiter Apotheken mit weniger als einem Umsatz 50 Prozent oberhalb der gegenwärtigen Durchschnittsapotheke, meist auch nur in ollen angemieteten Räumen, weiter kammerseits gönnerhaft mitzuschleppen. Die ja über kurz oder lang weder das segensreiche Kammer-QM-Zertifizierungsverfahren bestehen könnten, noch zur niedrigst-vergüteten Bewältigung der zwingend als Gemeinwohl anstehenden AMTS-Großaufgaben in der Lage wären. Geschweige denn jemals akzeptable Arbeitgeber für "Die Jungen" sein können!

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