Oberverwaltungsgericht Lüneburg

50-Cent-Bons bleiben verboten

Berlin - 15.08.2017, 18:15 Uhr

Wettbewerbsverstöße deutscher Apotheken sind auch nicht durch Furcht vor einem ruinösen Wettbewerb mit ausländischen Versendern zu rechtfertigen. (Foto: Sebra / Fotolia)

Wettbewerbsverstöße deutscher Apotheken sind auch nicht durch Furcht vor einem ruinösen Wettbewerb mit ausländischen Versendern zu rechtfertigen. (Foto: Sebra / Fotolia)


Es bleibt dabei: Ein Apotheker, der in Lüneburg, Winsen und Umgebung Apotheken betreibt, darf seinen Kunden keine 50-Cent-Bonus-Bons gewähren, wenn sie ausschließlich ein Rezept einlösen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat im Eilverfahren einen entsprechenden Beschluss der Vorinstanz bestätigt. 

Die Apothekerkammer Niedersachsen war gegen einen Apotheker vorgegangen, der Kunden bei jedem Besuch in einer seiner Apotheken Bonus-Bons im Wert von 50 Cent gewährt. Diese können dann beim Kauf nicht preisgebundener Produkte angerechnet werden. Per Bescheid untersagte die in Niedersachsen für die Aufsicht zuständige Kammer das Anbieten und Gewähren solcher Bons bei der Einlösung eines Rezepts über ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung an.

Der Apotheker erhob Klage gegen diese Verfügung und stellte zudem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, um die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen. Im vergangenen April entschied das Verwaltungsgericht zunächst im Eilverfahren – zugunsten der Kammer. Es hatte kein Problem mit der angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung, da es im Vorgehen des Apothekers einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung sah.

Bonus bei ausschließlicher Rezepteinlösung im Fokus

Nun hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg auf die Beschwerde des Apothekers die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Richter räumen zwar ein, dass die Verfügung der Kammer auslegungsbedürftig sei, aber letztlich doch hinreichend präzise: Es gehe darum, dem Apotheker zu untersagen, die Wertbons bei  der ausschließlichen Einlösung eines Rezepts über verschreibungspflichtige und damit preisgebundene Medikamente zu untersagen.

Sodann führen die Richter aus, dass sie keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die anzuwendenden arzneimittelrechtlichen Normen hegen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Arzneimittelpreisregulierung mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes, dem Grundrecht auf Berufsfreiheit, und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.

Ausführlicher gehen sie sodann auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom  19. Oktober 2016 ein. Denn der Apotheker wollte nicht zuletzt bestätigt wissen, dass seine Boni zumindest nun zulässig sein müssen, da sie ausländischen Versendern nicht verboten sind. Jedenfalls müssten die deutschen Regelungen im neuen Licht der Luxemburger Entscheidung ausgelegt werden. Das Gericht kreidete ihm allerdings als widersprüchlich an, dass er seine Boni schon mindestens seit 2013, also lange vor dem EuGH-Urteil, angeboten hat.

Ohnehin meinen die Lüneburger Richter: Die Entscheidung des EuGH, dass es nicht mit dem freien Warenverkehr vereinbar sei, wenn eine EU-ausländische Versandapotheke sich an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung halten muss, sowie seine Auffassung, die Rx-Preisbindung sei nicht geeignet, das Ziel der flächendeckenden Arzneimittelversorgung zu erreichen, berühre nicht die Wirksamkeit und auch Anwendbarkeit der Regelungen über die Arzneimittelpreisbindung auf den innerdeutschen Verkauf von Arzneimitteln. Es bestehe insoweit auch keine Zuständigkeit des EuGH, heißt es im Lüneburger Beschluss.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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