Münsteraner Kreis

Experten fordern Abschaffung oder Reform des Heilpraktikerberufs

Münster - 21.08.2017, 14:02 Uhr

Todesfälle von Krebspatienten, die in der „Biologischen Krebsklinik“ in Brüggen-Bracht behandelt worden waren, hatten vor einem Jahr Diskussionen um die Zukunft des Heilpraktikerberufs befeuert. (Foto: dpa)

Todesfälle von Krebspatienten, die in der „Biologischen Krebsklinik“ in Brüggen-Bracht behandelt worden waren, hatten vor einem Jahr Diskussionen um die Zukunft des Heilpraktikerberufs befeuert. (Foto: dpa)


Eine interdisziplinäre Gruppe um Medizinethiker, Ärzte und Medizinrechtler fordert in einer nun vorgelegten Stellungnahme die Abschaffung des Heilpraktikerberufs – oder zumindest eine umfassende Reform. Das Vertrauen in das Gesundheitssystem müsse gestärkt und der „gegenwärtige Irrsinn“ beendet werden, fordern sie.

Eine 17-köpfige Expertengruppe um die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert von der Universität Münster hat am heutigen Montag eine Stellungnahme vorgelegt, in der sie fordert, das Heilpraktikerwesen „zum Nutzen der Patienten“ entweder ganz abzuschaffen oder grundsätzlich umzugestalten. Der „Münsteraner Kreis“ richte sich mit seinem Appell gegen die bislang „unangemessene Ausbildung und die meist unhaltbaren Krankheitskonzepte“ von Heilpraktikern, heißt es in einer Pressemitteilung. 

In dem im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlichten Aufruf wird einerseits eine „Abschaffungslösung“ vorgeschlagen, die ähnlich wie bei der Auflösung des Ausbildungsberufs „Dentist“ in den 1950er-Jahren ausgestaltet werden könnte. Als zweite Variante kann sich die Expertengruppe eine Einführung spezialisierter „Fach-Heilpraktiker“ vorstellen, die als Zusatzqualifikation für bestehende Gesundheitsfachberufe wie Ergotherapeuten, Gesundheits- und Krankenpfleger, Logopäden oder Physiotherapeuten angedacht ist.

Wissenschaft, Kommunikation und Empathie

„Personen mit einer dieser Ausbildungen sollten auf Fachhochschul-Niveau eine zusätzliche, fachspezifische Ausbildung erhalten können, die sie zum Fach-Heilpraktiker für ihren Bereich qualifiziert“, heißt es. Dabei käme es dem „Münsteraner Kreis“ auf einen wissenschaftlich fundierten Umgang mit alternativmedizinischen Verfahren an. Außerdem könne die Ausbildung einen deutlichen Schwerpunkt auf „Kommunikation und Empathie“ legen.

Nach Einschätzung des Kreises gebe es bislang im deutschen Gesundheitswesen zwei Parallelwelten: Die Welt der akademischen Medizin und die Welt der Heilpraktiker. „Während die akademische Medizin auf wissenschaftlichen Fakten beruhe und nach begründetem Fortschritt strebe, seien Heilpraktiker in der sogenannten ‚Komplementären und Alternativen Medizin (KAM)‘ verankert“, heißt es. Anders als bei Medizinern sei die Ausbildung zum Heilpraktiker „kurz und weitgehend unreguliert“ – das Etikett „staatlich anerkannt“ könne bei Patienten leicht einen falschen Eindruck erwecken. 

Politiker uneins über das weitere Vorgehen

Aufgrund mehrerer Todesfälle nach der Behandlung durch einen Heilpraktiker in Brüggen-Bracht im vergangenen Jahr hatten Gesundheitspolitiker aller Bundestags-Fraktionen Reformen gefordert, doch die bisher durchgesetzten Änderungen waren von Patientenschützern als nicht ausreichend bewertet worden. Über die weiteren Schritte gibt es bislang keinen Konsens.

„Wir brauchen eine deutschlandweit einheitliche, verbindliche Ausbildung oder ein Studium“, erklärte Eugen Brysch, Vorstand der deutschen Stiftung Patientenschutz, auf Nachfrage – ähnlich wie es auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann gefordert hatte. „Basis hierfür müssen klar definierte Lehr- und Studienpläne sein“, betonte Brysch.

„Ich sehe keinen Bedarf für einen weiteren Ausbildungsberuf zum Heilpraktiker, der durch eine bundesweit einheitliche Fachausbildung ins Leben gerufen würde“, erklärte hingegen der CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke, der auch Vorsitzender des Marburger Bundes sowie der Ärztekammer Nordrhein ist. „Da könnte man ja auch gleich Arzt werden“, erklärte er. „Was wir brauchen, sind gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Schutz von Patienten in den Mittelpunkt stellen und sowohl invasive Maßnahmen als auch die Behandlung von Krebserkrankungen vom derzeit zulässigen Tätigkeitsumfang von Heilpraktikern ausschließen.“ Henke hatte beim Deutschen Ärztetag im Mai hierzu auch einen Antrag eingebracht, der diese Ziele gleichfalls fordert.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Münsteraner Kreis

von Stefan Gräfe am 16.09.2017 um 18:30 Uhr

Fehler werden in jedem Beruf gemacht. Der Münsteraner Kreis muß erst mal darlegen, in welcher Relation Behandlungsfehler der HPs zu denen der Ärzte stehen. Untersuchungen sprechen bei den Ärzten von ca. 1% bis 20%. Das mögen nicht immer valide Untersuchungen sein, die Größenordnung ist aber besorgniserregend! Wie sieht es bei den HPs aus?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Münsteraner Kreis

von Dr. Gregor Huesmann am 21.08.2017 um 17:34 Uhr

Wo kann man die Resolution unterschreiben?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Münsteraner Kreis

von awmrkl am 04.09.2017 um 20:22 Uhr

http://www.muensteraner-kreis.de/unterstuetzer.html

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.