Zweifelhafte Zahlen

Nutzen zwei von drei Deutschen Versandapotheken?

Stuttgart - 22.08.2017, 16:30 Uhr

Versandapotheken stellen gerne ihre Bedeutung für die Arzneimittelversorgung heraus. (Foto: BVDVA)

Versandapotheken stellen gerne ihre Bedeutung für die Arzneimittelversorgung heraus. (Foto: BVDVA)


Im Zuge der Versandverbots-Debatte betonten Versandapotheken mehrfach, dass ein großer Teil aller Deutschen ihre Dienste nutzen. Doch handelt es sich tatsächlich um jeden zweiten Bundesbürger – oder sogar rund zwei Drittel, wie es nun heißt?

„Dass bereits über zwei Drittel der Deutschen Medikamente online kaufen, ist ein klares Signal, dass die Digitalisierung und moderne Vertriebskanäle in der breiten Öffentlichkeit angekommen sind“, erklärte der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA), Christian Buse, am heutigen Dienstag in einer Pressemitteilung. Doch stimmt es tatsächlich, dass mehr als 50 Millionen Deutsche schon bei DocMorris, Sanicare oder Co. eingekauft haben?

Der Verband beruft sich bei den Aussagen auf eine Studie, über die auch DAZ.online berichtet hatte: Laut der US-Beratungsfirma MarkMonitor hätten laut Umfragen in zehn Ländern international durchschnittlich 29 Prozent aller Befragten im Internet Arzneimittel eingekauft, in Deutschland seien es jedoch 61 Prozent gewesen. Dabei war dem BVDVA offenbar ein Fehler unterlaufen – es müsse nicht „über zwei Drittel“ heißen, erklärte ein Pressesprecher auf Nachfrage, sondern „rund zwei Drittel“. Doch korrigiert wurde nur die Online-Fassung auf der Webseite, eine berichtigte Version der Pressemitteilung verschickte der Verband zunächst nicht.

„Natürlich nicht repräsentativ“

Doch auch die rund 60 Prozent sind zweifelhaft – so wurden in Deutschland nur rund 200 Personen befragt. Der MarkMonitor-Bericht erklärt zwar, dass durch Berücksichtigung des Alters, des Geschlechts und der Region in den untersuchten Ländern sichergestellt worden sei, dass es sich um „national repräsentative Zielgruppen“ handele – doch bei nur 200 Versuchsteilnehmern darf dies bezweifelt werden. „Natürlich sehen wir die Umfrage nicht als repräsentativ an“, erklärt der Pressesprecher des BVDVA auf Nachfrage.

Dennoch teilte der Verband die Zahlen in seiner Pressemitteilung mit – auch, dass 83 Prozent der Deutschen ihren Online-Apotheken vertrauen würden. Denn: Die Umfrage spiegele „einen Trend wider, den wir aber im Alltag überall hören und spüren“, erklärt der Sprecher gegenüber DAZ.online. „Die Menschen bestellen mehr und mehr ihre Medikamente online, lassen sich dort beraten, wissen die Diskretion und am Ende den Service, alles nach Hause geliefert zu bekommen, zu schätzen.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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