Broschüre zum Rx-Versandverbot

Der Apothekenmarkt aus der Sicht von DocMorris

Berlin - 06.09.2017, 14:10 Uhr

Broschüre zum Versandhandel: Die EU-Versandapotheke DocMorris verschickt an Bundestagskandidaten derzeit eine Informationsbroschüre zum Versandhandels-Konflikt. (Foto: DAZ.online)

Broschüre zum Versandhandel: Die EU-Versandapotheke DocMorris verschickt an Bundestagskandidaten derzeit eine Informationsbroschüre zum Versandhandels-Konflikt. (Foto: DAZ.online)


DocMorris erklärt Rezeptur-Ausnahmen

Spannend wird es noch einmal im letzten Drittel des Papiers. Dort beschreibt DocMorris unter anderem, dass die Übergabe von Medikamenten an der Haustür sicher sei – die Übergabe an Kinder sei ausgeschlossen, weil auf den Paketen stehe, dass nur Erwachsene die Sendung empfangen dürfen. Die Zusteller seien an diese Vorgabe gebunden. Gegenüber DAZ.online bestätigte aber ein Sprecher des Logistikkonzerns DHL, dass die Postboten sich gerade nicht an diese Aufdrucke auf den Paketen halten sollen. Man könne in einem solchen „Massen-Geschäft“ schlicht nicht gewährleisten, dass kundenindividuelle Vorgaben entlang der Prozesskette berücksichtigt werden. Vielmehr könnten die Versender eine Extra-Leistung buchen, bei dem der Zusteller das Alter des Empfängers verifizieren muss. DocMorris selbst wollte sich nicht dazu äußern, ob man diese Extra-Dienstleistung gebucht habe.

Auch interessant ist die Aussage von DocMorris zum Thema Rezeptur-Anfertigung. „Auch DocMorris fertigt bis auf wenige Ausnahmen Rezepturen an“, schreibt das Unternehmen in seiner Broschüre. Welche Ausnahmen der EU-Versender meint, wird nicht beschrieben. Kunden sollten Details dazu mit dem Telefonservice abklären. Mehrfach hatten Kammern und Verbände der Apotheker DocMorris vorgeworfen, Rezepturwünsche abzuweisen.

Polit-Promis gegen das Rx-Versandverbot

Gewagt ist auch die Aussage in der Broschüre, dass Versandapotheken mehr Pflichten als stationäre Apotheken haben. Als Beispiele nennt das Unternehmen die Pflicht, dass Medikamente binnen zwei Tagen beim Besteller sein müssen oder dass Versender eine kostenlose Zweitzustellung ermöglichen und ein Kundeninformationssystem haben müssen.

Immer wieder tauchen in dem Dokument auch Zitate aus Medienberichten auf, die sich kritisch mit dem Rx-Versandverbot befassen. DocMorris zitiert beispielsweise einen Bericht des „Manager Magazins“, in dem die ABDA-Unterschriftenaktion angegriffen wurde, da sie eine „nationalistische Rhetorik“ habe. Andere Überschriften lauten „Wie im 19. Jahrhundert“ (Handelsblatt), „Zum Schaden der Patienten“ (Spiegel) oder „Gänzlich absurd“ (Heilbronner Stimme). Auf den letzten Seiten der Broschüre zitiert DocMorris außerdem prominente Gegner des Verbotes, darunter Brigitte Zypries, Sigmar Gabriel, Christian Lindner oder AOK-Chef Christopher Hermann. Die Quellen dieser Zitate nennt die Versandapotheke aber nicht.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Reaktion

von Florian Becker am 07.09.2017 um 15:26 Uhr

Die meisten der "Argumente" in dieser DocM Werbebroschüre dürften relativ einfach als Scheinargumente zu entlarven sein.
Fragt sich nur, ob sich in der ABDA-Öffentlichkeitsarbeit jemand die Mühe machen wird, darauf zu reagieren.
Eigentlich sollte das selbstverständlich sein.. Leider kann man sich angesichts der Erfahrungen aus der Vergangenheit alles andere als sicher sein, dass das auch passiert.
Es wäre aus meiner Sicht aber absolut sträflich, diese Beeinflussung der Bundestagskandidaten unbeantwortet zu lassen. Denn bis zum Beweis des Gegenteils werden die alles was da steht für bare Münze nehmen!
Und nein, lustige Postkarten sind DARAUF keine adäquate Antwort!!

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Lieferung in 2 Tagen? Haha. Süß.

von Wedel Wink am 06.09.2017 um 21:06 Uhr

Wow - 2 Tage? Hier - in einem Gebiet mit "sehr geringer" Apothekendichte - braucht man maximal 1 Tag unter widrigen Bedingungen. Kühli, BTM, Verbund, Lieferung Botendienst - ihr kennt das ja.
Alles, was so viel länger braucht sind meisten entweder Defekte, Maßanfertigungen oder Herstellerbezüge. Mich würde sehr interessieren, wie dort die "ach so tollen 2 Tage" eingehalten werden wollen.
Nepresol forte? Simsalabin, wir haben da noch was im Keller!
Ridaura? Och guck, gestern erst einen Bananenkarton voll gefunden.
Belsana Strümpfe? Zuuuufällig in genau dieser Größe vorrätig.

Und da hier auf dem Land die Apotheken besser zusammen arbeiten, sich Botendienste teilen, um auch die abgelegenen Dörfer zu erreichen, ist die Immobilität schwerkranker Personen meines Erachtens nach kein Argument für die Versendung per Post.

Aber billiger ist das für die Kassen bestimmt. Denn wie soll man "Pharmazeutische Bedenken" ohne Patientengespräch anbringen? Auch ein "Cito - Notdienst" wird man aller Wahrscheinlichkeit nach vergeblich suchen.

Ich würde gerne sagen "Macht doch - ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt." - Aber dazu hänge ich viel zu sehr an meinem Job und an meinen lieb gewonnenen Kunden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Lieferung in 2 Tagen? Haha. S

von Christian Becker am 07.09.2017 um 7:24 Uhr

"Denn wie soll man "Pharmazeutische Bedenken" ohne Patientengespräch anbringen?"

Ich frage mich sowieso, wie das bei den Versendern läuft. Wir haben so viele Kunden, die nur dies oder nur jenes wollen und denen man das auch nicht ausreden kann, selbst bei unproblematischen Medikamenten (Metformin z.B.) - wie gehen die Versender damit um? Schicken die einfach irgendeinen Rabattartikel? Oder halten die sich auch nicht an die Rabattverträge?

Schon wieder die aggressiven Holländer!

von Heiko Barz am 06.09.2017 um 18:19 Uhr

Und was macht die ABDA Sphinx ? Hält sie wieder nur ihre 3 Affen bereit als schlüssige Entgegnung dieser Brüstierung der deutschen Apothekerschaft. Ich glaube nicht, dass das "Merkelsche Prinzip" des ruhigen Aussitzens die richtige Argumentation gegen die erneute Provokation aus Holland ist.

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