Praxis

Arzneimittel für Tiere – was muss die Apotheke beachten?

Stuttgart - 13.10.2017, 10:30 Uhr

Bei Arzneimitteln für Tiere gibt es einige Besonderheiten. (Foto: Karl Große / stock.adobe.com)

Bei Arzneimitteln für Tiere gibt es einige Besonderheiten. (Foto: Karl Große / stock.adobe.com)


Tierarzneimittel spielen in den meisten Apotheken eher eine untergeordnete Rolle. Dennoch kommen sie vor. Allerdings gelten dabei zum Teil andere gesetzliche Vorgaben als bei Humanarzneimitteln, zum Bespiel beim Umgang mit Rx-Präparaten sowie bei Rezepturen. Wir haben die wichtigsten zusammengefasst.

Es gibt eine ganze Reihe von Arzneimitteln, die sind für die Katz. Und zwar im wörtlichen Sinne – oder für den Hund oder andere Tiere. Da Tierärzte im Gegensatz zu Humanmedizinern das Dispensierrecht besitzen und zudem Gartencenter und Tierfachgeschäfte ein breites Sortiment an freiverkäuflichen Mitteln anbieten, kommen Tierarzneimittel in den meisten Apotheken verhältnismäßig selten vor. Nichtsdestotrotz spielen sie eine Rolle, und dann gilt es, die gesetzlichen Regelungen zu kennen, die zum Teil von denen bei Humanarzneimitteln abweichen.

Grundsätzlich wird auch bei Arzneimitteln für Tiere unterschieden in freiverkäufliche, apothekenpflichtige und rezeptpflichtige Präparate. Für freiverkäufliche Arzneimittel gibt es im Rahmen der Zulassung keine rechtlichen Einschränkungen bei der Abgabe.

Apothekenpflichtige Tierarzneimittel dürfen nur in der Apotheke abgegeben werden. Dokumentationspflichten gibt es dabei nicht. Handelt es sich um ein apothekenpflichtiges Arzneimittel für ein Lebensmittel-lieferndes Tier, benötigt der Tierhalter immer eine Rechnung, aus der die Art, Menge, Datum und Chargenbezeichnung hervorgehen, damit er hierüber den notwendigen Nachweis zum Erwerb des Arzneimittels gemäß § 57 Abs. 2 AMG („Stallbuch“) führen kann. Zu beachten ist dabei, dass das jeweilige Arzneimittel für die Art und die Indikation, für die es eingesetzt werden soll, auch zugelassen sein muss.  

Lebensmittel-liefernde Tiere

Für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, gelten bei einer Arzneimitteltherapie besonders strenge Regeln. Sie greifen immer dann, wenn die betreffende Art grundsätzlich auch zur Lebensmittelgewinnung herangezogen wird, also zum Beispiel bei Schweinen, Rindern, Schafen, Pferden, Bienen und Speisefischen. Die Zweckbestimmung, die der Tierhalter selbst seinem Tier gibt, ist unerheblich für die Einstufung. Demnach wird auch ein wie ein Hund gehaltenes Minischwein (Minipig) als Lebensmittel-lieferndes Tier angesehen, da es zur Tierart  „Schwein“ gehört.

Lediglich für Pferde, als Heimtier gehaltene Kaninchen und Brieftauben gibt es eine gesetzliche Ausnahme. Ein Pferdehalter kann ein Pferd beispielsweise durch eine Tierhaltererklärung mittels seiner Unterschrift im Equidenpass von der Lebensmittelgewinnung ausschließen. Die Erklärung ist unwiderruflich und bleibt auch bei Besitzerwechsel bestehen.

Apothekenpflichtiges außerhalb der zugelassenen Indikation

Was aber tut man, wenn das jeweilige Arzneimittel für die Art und die Indikation, für die es eingesetzt werden soll, nicht zugelassen ist? Bei nicht-Lebensmittel-liefernden Tieren ist das schon möglich. Es wird allerdings dringend empfohlen, das Ganze vom Tierarzt fachlich absichern zu lassen. Im Schadensfall kann nämlich eine Fehlberatung und damit ein Verstoß gegen § 20 ApBetrO geltend gemacht werden kann.

Bei Lebensmittel-liefernden Tieren ist die Anwendung eines nicht für die jeweilige Tierart zugelassenen Arzneimittels ohne tierärztliche Verordnung verboten. Liegt kein Rezept vor, dürfen apothekenpflichtige Tierarzneimittel – und das gilt auch für Homöopathika – nur für die Tierart und die Indikation eingesetzt werden, für die sie zugelassen sind. Die sogenannte Umwidmung ist dem Tierhalter laut § 58 AMG untersagt. Bekommt man das in der Apotheke mit, ist die Abgabe zu verweigern. Auf tierärztliche Verordnung ist der Off-Label-Use kein Problem. 

Darf man Humanarzneimittel einsetzen? 

Und was ist mit apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln, die für Tiere eingesetzt werden? Bei Lebensmittel-liefernden Tieren ist die Sachlage einfach: Ohne ärztliche Verschreibung ist das nicht erlaubt. Das gilt auch für apothekenpflichtige, homöopathische Humanarzneimittel. Bei anderen Tieren ist das nicht ganz einfach. Einerseits ist das Recht zur Umwidmung eines apothekenpflichtigen Humanarzneimittels zur Anwendung bei Tieren nach § 56a Abs. 2 AMG dem Tierarzt vorbehalten, andererseits ist die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel auch nicht explizit verboten – jedoch nur unter der Prämisse, dass angemessen beraten wird. Allerdings können nicht alle Humanarzneimittel bedenkenlos bei Tieren eingesetzt werden. Daher lautet auch hier die Empfehlung, den Tierhalter an den Tierarzt zu verweisen. Apothekenpflichtige homöopathische Arzneimittel, die eigentlich für Menschen gedacht sind, können unter dem Vorbehalt einer sachgerechten Beratung abgegeben werden. Erfolgt die nicht, haftet im Schadensfall der Apotheker. Eine Dokumentation ist nicht erforderlich. 

Dokumentations und Aufbewahrungspflichten: Was gilt bei Rx?

Verschreibungspflichtige Tier- und Humanarzneimittel dürfen für Tiere nur auf tierärztliche Verschreibung oder gegen Vorlage des Tierarztausweises abgegeben werden. Hier kommen allerdings umfassende Dokumentationspflichten auf die Apotheke zu (§ 19 ApoBetrO).  

Dokumentiert werden müssen:

  • Bei Wareneingang: Name und die Anschrift des Lieferanten, die Art und die Menge des Arzneimittels einschließlich der Chargenbezeichnung und das Datum des Erwerbs, zum Beispiel anhand des Lieferscheins.
  • Bei der Abgabe: Name und Anschrift des Tierhalters und des verschreibenden Tierarztes, der Bezeichnung und der Menge des Arzneimittels einschließlich der Chargenbezeichnung und dem Datum der Abgabe auf dem Rezeptdoppel oder einer Rezeptkopie. Wenn keine Chargenbezeichnung vorliegt (Rezeptur), wird das Herstellungsdatum notiert. 

Holt der Tierarzt das Arzneimittel selbst unter Vorlage seines Tierarztausweises ab, wird die Abgabe auf einer Kopie des Ausweises entsprechend dokumentiert. 

Achtung: Bei Verschreibungen für Lebensmittel-liefernde Tiere reicht es nicht, eine Kopie des Rezepts anzufertigen. Bei diesen muss ein Duplikat vorliegen. Dem Tierhalter gibt man das Original der Verschreibung mit der Dokumentation der Abgabedaten inklusive der Chargenbezeichnung wieder mit. Eine weitere Durchschrift hat zudem der Tierarzt in seinen Unterlagen.

Wenn Humanarzneimittel für Tiere angewendet werden, muss der Tierarzt die sogenannte Umwidmungskaskade beachten. Das gilt auch, wenn Tierarzneimittel Off-label, also in einer nicht zugelassenen Indikation oder bei einer nicht zugelassenen Tierart, eingesetzt werden. Die Apotheke hat diesbezüglich keine Prüfpflicht. 

Umwidmungskaskade

Für die Umwidmung, also die Verwendung eines Arzneimittels für eine andere Tierart oder Indikation, schreibt das Tierarzneirecht eine „Umwidmungskaskade“ vor:

  1. Zunächst muss ein anderes Medikament verwendet werden, das zwar für die jeweilige Tierart, aber nicht für das Anwendungsgebiet zugelassen ist, wenn dieses auch einen therapeutischen Effekt verspricht. Bei Lebensmittel-liefernden Tieren ist die entsprechende Wartezeit einzuhalten.
  2. Ist ein solches Medikament nicht vorhanden, kann ein für eine andere Tierart zugelassenes eingesetzt werden. Die Wartezeit wird auf mindestens 28 Tage für essbare Gewebe, 7 Tage für Eier und 7 Tage für Milch festgesetzt. Bei Pferden gilt eine Wartezeit von 6 Monaten, wenn sie mit Arzneimitteln aus der sogenannten „Positivliste" (VO(EG)1950/2006) behandelt werden
  3. Ist ein Medikament nach (2) nicht verfügbar, darf ein in Deutschland zugelassenes Humanarzneimittel oder ein in einem anderen EU-Land oder EWR-Land zugelassenes Tierarzneimittel eingesetzt werden. Die Wartezeitregelung erfolgt wie unter Punkt 2. Ein Import von Humanarzneimitteln aus dem Ausland zur Verwendung bei Tieren ist seit der 14. AMG-Novelle vom 29. Oktober 2005 nicht mehr zulässig.
  4. Sind auch nach Punkt 3 keine Medikamente verfügbar, darf ein vom Tierarzt selbst oder von einer Apotheke hergestelltes Arzneimittel eingesetzt werden.

Mindestens einmal im Jahr müssen laut ApBetrO die Ein- und Ausgänge und der Bestand verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die bei Tieren angewendet wurden, kontrolliert werden. Abweichungen sind zu dokumentieren. Die Unterlagen müssen laut § 22 ApBetrO in der Apotheke mindestens bis ein Jahr nach Ablauf des Verfalldatums, jedoch nicht weniger als fünf Jahre lang aufbewahrt werden. 

Sonderregelungen bei Rezeptur und Botendienst

Regelungen, die von denen bei Humanarzneimitteln abweichen, gibt es auch bei Rezepturen für Tiere. So dürfen Rezepturen aus apotheken- oder verschreibungspflichtigen Stoffen ebenfalls nur unter Beachtung der Umwidmungskaskade hergestellt werden, das heißt, wenn kein passendes Tier- oder Humanarzneimttel verfügbar ist. 

Auch für Zubereitungen aus apothekenpflichtigen Stoffen muss ein Rezept vorgelegt werden, Dokumentation ist allerdings nicht vorgeschrieben. Bei Rezepturen mit Rx-Wirkstoffen gelten die üblichen Dokumentationspflichten. Statt der Chargenbezeichnung wird das Herstellungsdatum vermerkt. Rezepturen mit apotheken- oder verschreibungspflichtigen Stoffen dürfen nur für Einzeltiere oder einen Bestand verordnet und müssen an den Tierhalter abgegeben werden. Eine Verordnung als Praxisbedarf ist nicht zulässig.

Für Zubereitungen, die nur freiverkäufliche Stoffe enthalten, brauchen Tierhalter kein Rezept. Diese dürfen auch für Tierärzte hergestellt werden.

Apotheken- oder verschreibungspflichtige Stoffe dürfen nicht an Tierhalter oder Tierärzte abgegeben werden. 

Versandhandel vielleicht, Botendienst nein

Für nicht-Lebensmittel-liefernde Tiere dürfen apotheken- und verschreibungspflichtige Tierarzneimittel versandt werden. Entscheidend ist dabei allerdings der Zulassungsstatus des Arzneimittels, nicht das Tier, für das es verwendet wird. So gibt es beispielsweise Tierhomöopathika, die unter anderem auch bei Lebensmittel-liefernden Tieren zugelassen sind. Diese sind für den Versandhandel tabu. DocMorris beispielsweise verschickt grundsätzlich keine Rx-Tierarzneimittel.

Botendienst ist mit apotheken- und verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln nicht erlaubt. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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