Daten der Treuhand Hannover

Apotheken-Umsatzplus durch Marktwachstum und Umverteilung

Rostock - 19.10.2017, 16:00 Uhr

Frank Diener: Weil einige Apotheken schließen, wächst bei anderen der Umsatz. (Foto: tmb)

Frank Diener: Weil einige Apotheken schließen, wächst bei anderen der Umsatz. (Foto: tmb)


Eine Apotheke setzte im ersten Halbjahr im Durchschnitt 3,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum um. Doch ein Teil des Zuwachses stammt von geschlossenen Apotheken. Die neuesten Daten der Treuhand Hannover präsentierte Dr. Frank Diener am gestrigen Mittwoch.

Im ersten Halbjahr 2017 stieg der durchschnittliche Nettoumsatz einer Apotheke in Deutschland um 3,3 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr des Vorjahres. Dabei wuchs der GKV-Umsatz um 3,5 Prozent und der Umsatz mit Selbstzahlern um 2,5 Prozent. Diese und weitere Wirtschaftsdaten der Apotheken präsentierte der Generalbevollmächtigte der Steuerberatung Treuhand Hannover, Dr. Frank Diener, am gestrigen Mittwoch beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern in Rostock. Diener erklärte, die Lage der Apotheken erscheine damit besser, als sie ist. Die Umsatzverteilung verschiebt sich zu immer größeren Apotheken, weil sich die Umsätze auf weniger Apotheken verteilen und insbesondere kleine Apotheken schließen. Die typische Apotheke liege inzwischen in der Größenklasse von 1,75 bis 2,0 Millionen Euro Umsatz.   

Analyse der Umsatzdaten

Diener hat mit einer Modellrechnung abgeschätzt, wie sich die Schließungen auswirken. Mit der Annahme, dass die seit 2008 geschlossenen Apotheken jeweils 75 Prozent des Durchschnittsumsatzes des Schließungsjahres hinterlassen haben, wurden seit 2008 etwa 2 Milliarden Euro Umsatz auf andere Apotheken umverteilt. Allein im Jahr 2017 würden demnach etwa 360 Millionen Euro zusätzlich umverteilt. Der Anstieg des Nettoumsatzes beruht daher auch auf dieser Umverteilung und nicht nur auf dem Marktwachstum.

Diener berichtete weiter, dass die Umsatzeffekte der besonders hochpreisigen Artikel in den Jahren 2016 und 2017 gegenüber 2015 abgenommen hätten. Nur etwa die Hälfte der jüngsten Umsatzzuwächse beruhe auf Mehrumsätzen mit Hochpreisern, 2015 waren es noch mehr als zwei Drittel.  

Keine Hochrechnung für das ganze Jahr

In der Durchschnittsapotheke in Mecklenburg-Vorpommern stieg der Umsatz im ersten Halbjahr nach Angaben von Diener um 4,9 Prozent, also deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt. Der Wareneinsatz sei allerdings um 5,6 Prozent gestiegen, also mehr als der Umsatz. Durch die im ersten Halbjahr nur um 1,3 Prozent gestiegenen Personalkosten blieb ein deutlicher Zuwachs von 7,4 Prozent beim Betriebsergebnis. Doch diese Daten würden keine Hochrechnung für das zweite Halbjahr erlauben. Denn ab Juni greift der neue Tarifvertrag. Für das gesamte Jahr 2017 erwartet Diener Zuwächse beim Umsatz und Gewinn für die Durchschnittsapotheke in ganz Deutschland, aber nicht so stark wie im ersten Halbjahr.  

Effekte der EU-Versender 

Zum Effekt der ausländischen Versender verwies Diener auf die Anzahl der GKV-Rezepte. Wenn Patienten abwandern, müsste das dort erkennbar sein. Doch alle negativen Entwicklungen in einzelnen Monaten seit dem EuGH-Urteil seien durch die jeweils unterschiedliche Zahl der Arbeitstage im Vergleich zum Vorjahr zu erklären. Nach Einschätzung von Diener ist das Wachstum des gesamten Rx-Umsatzes bisher größer als die Abwanderung zum Versand. Allerdings warnte Diener vor den langfristigen Effekten. Bei einer unelastischen Nachfrage dauere es lange, bis sich Umsätze verlagern, aber dann seien die Umsätze dauerhaft verloren. Die Erfahrungen mit OTC-Arzneimitteln würden dies bestätigen.  

Ausblick 

Insgesamt konstatierte Diener den Apotheken eine gute Branchenlage. Doch die Marktspreizung zwischen kleinen und großen Apotheken setze sich weiter fort und die Verunsicherung sei groß. Für die Personalgewinnung riet Diener den Apothekern ihre Websites auf diese Zielgruppe zu optimieren. Bewerber seien die einzigen, die wirklich auf die Website einer Apotheke sehen, so Diener. Hinsichtlich der Digitalisierung empfahl Diener, den Kontakt zu Patienten und Ärzten mehr zu beachten. Die Apotheker seien sehr gut bei der Digitalisierung der eigenen Abläufe, aber bei der Beziehung zu den Patienten seien die Ärzte derzeit sehr aktiv.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wir werfen für alle sichtbar mit Zahlen um uns....ohne Not

von Christiane Patzelt am 19.10.2017 um 19:22 Uhr

Das war für mich EINER der Gründe, der Treuhand Hannover den Rücken zuzukehren. Dieses anlasslose Herauspoltern der Umsatzzahlen, die außer meiner Finanzbehörde und meinem Steuerberater nix angehen. Ich finde das unangemessen, ist es doch jedes Kaufmanns Geschick überlassen, wie geschäftsglücklich er ist! Und die Apotheker, die ja keine Kaufmänner sein wollen, naja...die können gerne ihre Umsatzzahlen ans schwarze Brett der GKVen schreiben -- ich brauch das nicht!

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