Tag der Männergesundheit

Benigne Prostata-Hyperplasie: Hilft da auch was Pflanzliches?

Frankfurt am Main - 03.11.2017, 07:00 Uhr

Beim Kürbis werden die getrockneten Samen arzneilich verwendet. (Foto: Schlierner / stock.adobe.com)

Beim Kürbis werden die getrockneten Samen arzneilich verwendet. (Foto: Schlierner / stock.adobe.com)


Sägepalmenfrüchte und Brennnesselwurzel: die Studienlage

Sägepalmenfrüchte: Die Früchte der im Südosten der USA beheimateten Sägepalme enthalten vor allem freie und veresterte Fettsäuren, Phytosterole wie β-Sitosterol und dessen Glucosid, längerkettige Fettalkohole und Polysaccharide. Das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) hat im November 2015 einem Dickextrakt mit dem Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) von 7 bis 11:1, der unter Verwendung des Auszugsmittels Hexan hergestellt wird, in den Dosierungen 320 mg/Tag und zweimal 160 mg/Tag den „Well-established Use“  zuerkannt und damit die Wirksamkeit dieses Extrakts aufgrund der guten Studienlage als belegt bestätigt. Bei dem Extrakt handelt es sich um den Wirkstoff des französischen Präparats Permixon®, mit dem die meisten Studien durchgeführt wurden. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Studienlage findet sich im Final Assessment Report, der, wie alle Publikationen des HMPC, frei auf der Homepage der EMA zugänglich ist. Die Studie von Debruyne [2002] wird im Report als besonders bedeutend für die Zuerkennung des „Well-established Use“ angegeben: 542 BPS-Patienten wurden ein Jahr lang entweder mit Permixon® oder mit Tamsulosin behandelt. Die Verbesserung des IPSS und der Uroflowmetrie-Parameter war in beiden Gruppen äquivalent. Leider steht das Präparat in Deutschland nicht zur Verfügung, es wird in Frankreich, der Schweiz, Italien, Portugal und Polen vertrieben. Die Extrakte der bei uns erhältlichen Phytopharmaka bewegen sich im DEV-Bereich von 7,5 bis 14,3:1 und werden mit Ethanol 90 Prozent oder 96 Prozent hergestellt, so dass sie nicht mit dem Hexan-Extrakt vergleichbar sind. Der HMPC-Report merkt an, dass den ethanolischen Extrakten aufgrund der schwächeren Studienlage lediglich der Status „Traditional Use“ zuerkannt werden konnte.

Brennnesselwurzel: Die Wurzel der auf der Nordhalbkugel sehr weit verbreiteten Brennnessel enthält als charakteristische Inhaltsstoffe β-Sitosterol und andere Phytosterole und deren Glykoside, Lektine, das Cumarin Scopoletin, Fettsäuren und Polysaccharide. Das HMPC hat Ende 2012 der Brennnesselwurzel und ihren Extrakten lediglich den Status „Traditional Use“ zugebilligt, da es insgesamt zu wenige Studien gibt, die zudem sehr heterogen und qualitativ unzureichend sind. Nur zwei qualitativ gute und kontrollierte klinische Studien mit einer größeren Patientenzahl und einer Studiendauer von mindestens sechs Monaten sind vorhanden. Leider sind die erhaltenen Ergebnisse widersprüchlich: In der Studie von Schneider [2004], die als Verum das Präparat Bazoton® uno (DEV 7,1 bis 14,3:1; Auszugsmittel: Methanol 20 Prozent; einmal 459 mg/Tag) verwendete, wurde ein signifikanter, aber nur sehr kleiner Effekt auf den IPSS beobachtet, in der Uroflowmetrie und bezüglich der Restharnmenge ergab sich kein Unterschied. Die zweite Studie [Safarinejad, 2005], in der der verwendete Brennnesselwurzel-Extrakt leider nicht spezifiziert ist, konnte eine sehr ausgeprägte, positive Wirkung auf den IPSS und signifikant günstige Effekte in der Uroflowmetrie, auf die Restharnmenge sowie auf das Prostata-­Volumen zeigen.

Kombination aus Sägepalmenfrüchten und Brennnesselwurzel: Die Kombination aus Sägepalmenfrüchte- und Brennnesselwurzel-Extrakten in Prostagutt® forte (160 mg Dickextrakt aus Sägepalmenfrüchten, DEV 10 bis 14,3:1, Auszugsmittel Ethanol 90 Prozent und 120 mg Trockenextrakt aus Brennnesselwurzeln, DEV 7,6 bis 12,5:1, Auszugsmittel Ethanol 60 Prozent) ist in vier kontrollierten klinischen Studien mit mindestens sechsmonatiger Behandlungsdauer in der Dosierung zweimal 160 mg/120 mg/Tag gut ­untersucht. In zwei Studien [Metzker, 1996, und ­Lopatkin, 2005] wurde gegen Placebo verglichen, in den anderen beiden Studien gegen Finasterid [Sökeland, 1997] bzw. Tamsulosin [Engelmann, 2006]. In allen Untersuchungen verbesserte sich der IPSS, in den meisten auch die sekundären Parameter (Uroflowmetrie, Restharnmenge). Das Phytopharmakon war in seiner Wirksamkeit den chemisch-synthetischen Arzneistoffen nicht unterlegen. 



Dr. Ilse Zündorf, Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


Prof. Dr. Robert Fürst, Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt, DAZ-Autor
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