Prozess um Bottroper Apotheker

Zyto-PTAs schweigen – Vater zeigt offenbar Mitleid

Essen - 14.12.2017, 15:30 Uhr

Die als Zeugen geladenen PTAs des beschuldigten Zyto-Apothekers verweigerten allesamt die Aussage. (Foto: HFD)

Die als Zeugen geladenen PTAs des beschuldigten Zyto-Apothekers verweigerten allesamt die Aussage. (Foto: HFD)


Vater des Apothekers bei Gedenk-Andacht

„Nein“ sagte auch die 40 Jahre alte PTA Kathrin W. auf die Frage, ob sie Aussagen machen möchte. Nachdem auch der 29-jährige frühere Abteilungsleiter Marc F. mit demselben Anwalt als Zeugenbeistand den Gerichtssaal betrat, gab es erneut Einspruch von Seite der Nebenkläger: Dass derselbe Rechtsanwalt als Zeugenbeistand mehrerer Zeugen auftritt, verstoße womöglich gegen das Berufsrecht, erklärte ein Nebenklagevertreter. Ein Kollege schloss sich an. Es sei eine interessante Frage, wer den Anwalt bezahle, erklärte er. Doch für die Einhaltung des Berufsrechts sei der Zeugenbeistand selbst verantwortlich, argumentierte Hidding. Außerdem lägen keine objektiven Tatsachen vor, die Interessensüberschneidungen nahelegten, betonte der Richter – und lies fortfahren.

„Nein, möchte ich nicht“, erklärte so schließlich auch der PTA Marc F., bevor er gesenkten Blickes den Zeugenstand verlies. Die 33-jährige PTA Anna S. betrat betont sicheren Schritts den Gerichtssaal. „Ich möchte keine Angaben machen“, erklärte sie. Ähnlich ihre frühere Kollegin Marina G. „Ich möchte nicht aussagen“, sagte die 32-Jährige.

Spannend wurde es, als die 48-jährige PTA Alexandra H. ohne Zeugenbeistand den Gerichtssaal betrat. Anders als ihre Kollegen hatte sie gegenüber der Polizei Angaben gemacht. Doch nachdem der Richter sie aufgeklärt hatte, „dass man auf die Idee kommen könnte, dass auch die Mitarbeiter in diesem Labor möglicherweise ‚mitgemacht haben‘“, entschied sie sich womöglich um. „Dann würde ich gerne die Aussage verweigern, ich sag nichts“, erklärte H.

Bewegende Momente bei einer Gedenk-Andacht

Doch der letzte Termin vor Weihnachten endete mit einer anderweitigen Überraschung. Die Nebenklägerin Heike Benedetti ergriff die Gelegenheit, einen Vorfall vom gestrigen Donnerstag zu schildern: Bei einer Andacht in Bottrop, die Betroffene statt der monatlich stattfindenden Demo organisiert hatten, sahen sie auf den hinteren Bänken der Kirche einen älteren Herrn.

„Eine Bekannte kam auf die Idee, diesen Mann nach vorne zu holen“, erklärte Benedetti. „Er tat mir sehr leid, weil er sehr betroffen und bedrückt aussah“, sagte sie vor Gericht. Neben Kerzen seien bei der Andacht auch Kärtchen verteilt worden, die mit den Worten „Mut machen“ bedruckt waren. Sie habe für den Herrn eine mitgenommen und sie ihm gegeben, erklärte die Nebenklägerin – er habe sich bei ihr bedankt.

Nach der Andacht sei es zu einer weiteren Begegnung gekommen, erklärte Benedetti. „Schönen Dank, dass Sie hier waren“, habe sie dem Mann gesagt. „Schönen Dank, dass ich hier sein durfte“, habe der Mann erklärt – und gegenüber einem größeren Kreis von Betroffenen betont, dass ihm sehr leid täte, was ihnen widerfahren sei. „Dieser Herr war der Vater“, erklärte Benedetti vor Gericht. Zyto-Apotheker Peter S. zeigte hierbei keine größeren Regungen, seine Verteidiger waren über die Aussagen hingegen sichtlich überrascht.

Vater soll auch vor Gericht aussagen

Nach der Weihnachtspause wird der Vater des Angeklagten, der wie seine Mutter gleichfalls Apotheker ist, die Gelegenheit zur Aussage bekommen: Für den 15. Januar lud die Strafkammer die Eltern als Zeugen. Wenn sie jedoch schriftlich erklären, dass sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund der Verwandtschaftsbeziehung Gebrauch machen, müssten sie nicht vor Gericht erscheinen, erklärte Hidding. Auch weitere frühere Mitarbeiter von Peter S. sind im Januar geladen – so der frühere kaufmännische Leiter Peter S., der den Fall aufgrund seiner Auswertungen von eingekauften und verkauften Wirkstoffmengen mit ins Rollen gebracht hat.

Nach Verhandlungsende bestätigten weitere Nebenkläger das gestrige Ereignis – und zeigten sich über die emotionale Begegnung mit dem Vater des Angeklagten sehr berührt. Sie hoffe, dass sein Sohn „vielleicht nochmal drüber nachdenkt, doch noch auszusagen“, erklärte Benedetti auf Nachfrage. Bislang schweigt er.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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