Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

15.04.2018, 08:00 Uhr

Sollten da etwa so manche eine Erkenntnis gehabt haben? (Andi Dalferth)

Sollten da etwa so manche eine Erkenntnis gehabt haben? (Andi Dalferth)


12. April 2018

Endlich tut sich da mal was: Die Landesgesundheitsbehörden von Hessen und vom Saarland möchten das gesamte Vertragssystem der Krankenkassen im Arzneimittelbereich reformieren. Die beiden Länder wollen der im Juni tagenden Gesundheitsministerkonferenz empfehlen, die Rabattverträge für lebenswichtige Arzneimittel zu hinterfragen und nur noch Mehrfachvergaben für Generika zuzulassen. Das wären endlich mal konkrete Reaktionen auf Lieferengpässe! Mein liebes Tagebuch, lebenswichtige Arzneimittel haben in Rabattverträgen nichts zu suchen. Und wenn man vorschreibt, dass es nicht nur einen Lieferanten für ein Rabattarzneimittel geben darf, sondern mindestens zwei oder drei, wäre die Gefahr von Lieferengpässen enorm reduziert. Die Tagung der Gesundheitsministerkonferenz dürfte auch wegen weiterer Forderungen aus den Ländern äußerst spannend werden. Denn alle Landesgesundheitsbehörden sprechen sich für die Einführung von Stationsapothekern in Krankenhäusern aus. Und die Länder wünschen sich rasch ein zweites E-Health-Gesetz, Schwerpunkt sollte die Einführung einer elektronischen Patientenakte sein, darüber hinaus die digitale Vernetzung der Heilberufler und eine bessere Kommunikation von Ärzten und Apothekern. Da tut sich ein riesiges Aufgabenpaket auf. Mein liebes Tagebuch, unser neuer Bundesgesundheitsminister sollte sich da schon mal in den Forderungskatalog einlesen, statt mit anderen Themen rumzukaspern. Da wartet Arbeit auf ihn, die in sein Ressort fällt.  


In den vergangenen Monaten hielt sich unsere ABDA mehr als vornehm zurück, wenn es darum ging, über Reformen an der Apothekervergütung zu sprechen. Da hat es sich zwar eine Arbeitsgruppe zum Thema „Honorar“ schon seit Jahren hinter verschlossenen Türen gemütlich gemacht, nach außen drang allerdings nichts Verbindliches. Aber das könnte sich bald ändern, drohte der Referent des ABDA-Hauptgeschäftsführers, Ralf Denda, auf der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern an: „Wir können uns bald auf Diskussionen einlassen“, tönte er. Mein liebes Tagebuch, was, jetzt schon? Wie schön ist das denn! Und was er noch in Meck-Pomm verriet: Ja, die ABDA hat sich intensiv mit dem Honorargutachten auseinandergesetzt. Und er plauderte munter über die eklatanten Schwachpunkte des Gutachtens – letztlich präsentierte er allerdings keine neuen inhaltlichen Argumente, sie sind aus den Analysen, die DAZ und DAZ.online veröffentlichte, bekannt. Das Bemerkenswerte ist nur: Ein ABDA-Mitarbeiter spricht darüber. Und er rühmte die ABDA-Strategie, die sich auf das große Schweigen zum Gutachten stützte. „Es ist uns gelungen, das Gutachten nicht aufzuwerten und es aus der öffentlichen Wahrnehmung rauszunehmen“, meinte Denda und ließ dabei die massiven Reaktionen von Krankenkassen und einigen anderen Systembeteiligten mal eben geräuschlos unter den Tisch fallen. Man sieht und hört nur, was man sehen und hören will. Er prognostizierte jedenfalls, dass das Gutachten in der politischen Arbeit in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich keine Rolle mehr spielen werde. Mein liebes Tagebuch, sein Wort in Gottes Ohr! Noch haben wir dreieinhalb Jahre vor uns. Und wie geht’s nun weiter? Klar, Rx-Versandverbot wird weiter verfolgt. Und von den Entwicklungen in diesem Bereich hänge es ab, wie es mit den Forderungen zur Honorierung weiter gehe. Die Richtung sei: Sicherung des bestehenden Honorierungskonzeptes und zusätzliche honorierte Dienstleistungen. Und, hört, hört: Die ABDA ist hier intern schon weit, ließ er vage durchblicken. Und dann gab’s noch ein paar Anmerkungen zur Hilfstaxe. Kurz gefasst: Alles nicht so einfach, auch nicht die Kündigung der Hilfstaxe, weil unterschiedliche Kündigungsfristen für Zytozubereitungen und für klassische Rezepturen zu beachten seien. Und klar: Kündigungen würden zu neuen Verhandlungen führen. Ach mein liebes Tagebuch, wer hätte das gedacht. Aber für neue Verhandlungen brauche man neue Daten als Verhandlungsgrundlage, man dürfe nicht mit alten Forderungen kommen. Deswegen sammle die ABDA jetzt auch Daten. Mein liebes Tagebuch, warum werden erst jetzt neue Daten gesammelt? Schon 2012 hatte die Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbands beschlossen, die Hilfstaxe zu kündigen. War wohl damals nicht so ernst gemeint, oder? Irgendwie zum Haareraufen. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Liebes Tagebuch......

von Heiko Barz am 16.04.2018 um 11:39 Uhr

Das E-Rezept ist faktisch ein folgenschweres Produkt der Digitalisierungswollust. Dass die KKassen dieses Produkt mit Freuden erwarten und immer wieder dessen Wichtigkeit betonen, sollte für uns entscheidend sein und nachdenklich stimmen.
Die direkte Einflußnahme der KKassen auf die Bestimmung, wer diese E-Rezepte aus der Arztpraxis zu erhalten habe, wird ja dadurch immer deutlicher, dass auf die zu kommenden und nach Meinung der KKassen unausweichlichen Selektivverträge mit parasitären Auslands- AM- Versendern immer hingewiesen wird. Diesem ständigen und unsinnigen "Bretterbohren" müßten sich doch unsere teuer und hochbezahlten Führungsriegen endlich mal mit kraftvollen Argumenten entgegenstellen.
Aber still ruht der apothekenpolitisch unsortierte Pharma-See!
Die langfristig apothekenvernichtenden Versäumnisse dieser "Führungsriege" müssen hier zum Beweis nicht detailliert aufgeführt werden.

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Spahn

von Karl Friedrich Müller am 15.04.2018 um 19:29 Uhr

Fordert Beitragssenkungen von den KK. Sie würden auf dem Geld sitzen.
Wie wäre es, mal unser Honorar zu erhöhen?
Pflege? Das ewige Thema?
Spahn ist ein Blender, leider, auf Effekthascherei aus.
Schade

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... und der Rest (jetzt ohne emojies)

von Gunnar Müller, Detmold am 15.04.2018 um 14:11 Uhr

@der Senf vom AOK-Politikchef
Und was ist eigentlich „digital“ am allzu analogen Päckchenpacken, analogen Versenden, analogen Ausliefern und analogen Zustellen von immer noch analogen Medikamenten?
Zudem noch mit einer zweidimensionalen, vorsintflutlichen „Beratung“ in Form gedruckter Infohinweise?
Ich empfehle: einfach mal nachdenken…
Oder anders ausgedrückt: Herr, lass‘ Hirn regnen…
@TeleSchwester Agnes
Vielleicht sollte auch die Ärzteschaft erst mal über die inhaltliche Ausrichtung dieses Dienstes nachdenken statt dem Aktionismus zu huldigen:
Welche Anfragen (akut/chronisch/Azerbation/neuer Befund/Rezept /Krankschreibung/Überweisung...) sollen bearbeitet werden, von welchen Patienten (z. B. Erstkontakt oder bekannter Chroniker), von wem (Agnes oder Arzt) und wie (sofort Arzt oder erst „nach Prüfung“? Prüfung wovon?) ?
@ABDA:
Ist doch alles demokratisch…
Oder doch nur ein Verein nach Gutsherren– und -damen Art? Und nicht zu vergessen: mit Maulkorbzwang…

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Alles ausser ABDA ...

von Gunnar Müller, Detmold am 15.04.2018 um 13:56 Uhr

@Dienstleistungen
Ich hätte da ja welche:
Außerordentliche Dienstleistungen im Rahmen der Versorgung der Patienten Z. B.
Nachfragen bei Ärzten, 2 Euro je 5 Minuten
Einholung von Genehmigungen bei Krankenkassen, 10 Euro je Antrag
Aber verschone mich die ABDA mit ihren Impfungen! Wozu bin ich eigentlich Apotheker geworden - und nicht Arzt…
@Schmitz/Bellartz
Schon erstaunlich, dass der HGF seinem ehemaligen Kommunikationschef bescheinigt, keine Kontakte zum BMG gehabt zu haben ...

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"Zuständigkeiten"

von Dr.Diefenbach am 15.04.2018 um 13:06 Uhr

Ach so,das zur Qualität mancher Satzungen:Es war zu hören,dass ein NICHT mehr im Amt agierender ehemaliger(!!!'j Vorsitzender eines Landesverbandes wesentlich mit einer aktuellen(!!!)Sitzungsführung des Haushaltsausschusses beauftragt war.Und eine weitere ehemalige Vorsitzende da auch noch mitmischte.Jetzt hat "man"schnell die Satzung geändert.Was sind denn das für Sachen??

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El Pato

von Dr.Diefenbach am 15.04.2018 um 12:45 Uhr

Ich stelle hier mal offen die Frage ob diese salopp ausgegebenen Beträge,finanziert aus unseren Beiträgen,noch etwas mit treuhänderischem Umgang zu tun haben.Allmählich reicht diese elende closed Shop Aktivität.in unserem Stand wird offenbar alles entschuldigt,wenn irgendeiner in irgendeiner Funktion irgendwas macht.Und sei es noch so kritisch zu hinterfragen Mein Eindruck ist mehr denn je,dass die Hauptamtlichkeit in Berlin sehr"souverän"vor sich hin agiert,man ist ja vertraglich abgesichert. Und wenn ich vorab zur Kenntnis nehme,dass auch der nächste ABDA Haushalt wieder steigt,dann bin ich wütend dass wir ,ich schließe mich da nicht aus,uns jedes Jahr aufs Neue mit wolkenartigen Vorstellungen einseifen lassen.Wann wird unser Konstrukt einer Grunderneuerung unterzogen ?Die 34 er Sachlage mit den Hauptamtlichen "davor" ist nicht mehr den Anforderungen gerecht.Wir machen doch eh alles neu.2030.Wieso bleibt die Satzung eigentlich unangetastet?

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