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10. April 2018
Update im Datenklau-Prozess: ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz war im Zeugenstand, um über die Geschäftsbeziehungen zwischen der Bellartz-Agentur ElPato, zu der Apotheke adhoc gehört, und der ABDA Rede und Antwort zu stehen. Und was hat er gesagt, mein liebes Tagebuch? Die Agentur habe insgesamt 2,5 Mio. Euro erhalten – die Agentur habe die ABDA-Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Schmitz bestätigte, dass die Nebentätigkeit von Bellartz, also die Agentur, genehmigt war. Allerdings habe er, Schmitz, nicht gewusst, in welchen Umfang. Interessante Aussage, oder? Immerhin räumte der ABDA-Hauptgeschäftsführer ein, dass man bei der ABDA eine solche Vereinbarung heute wohl nicht mehr treffen würde – „üblich“ sei es jedenfalls nicht. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, und eigentlich war so etwas auch schon vor zehn Jahren nicht üblich – außer vielleicht bei der ABDA. Interessenskonflikte, die sich ausgewirkt hätten, habe es aus Schmitz’ Sicht nicht gegeben – tja, mein liebes Tagebuch, das könnte man auch anders sehen. Eine solche Aussage zeigt doch wieder einmal, wie sehr es auf die Perspektive ankommt. Einsilbig wurden Schmitz’ Antworten, als der Richter zu den konkreten Tatvorwürfen kam: War Apotheke adhoc besser informiert als andere Medien? War Bellartz gut aus dem BMG informiert? Hatte Bellartz Kontakte ins Ministerium gepflegt? Hatte Schmitz etwas von einer Synopse zum ApBetrO-Änderungsentwurf gewusst? Schmitz jeweils: „Nein“. Mein liebes Tagebuch, und wir dachten immer, die ABDA wisse alles.
Die PZN muss aufs Rezept, schreibt das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz vor: Ab 1. April müssen die Vertragsärzte diese Nummer aufs Rezept drucken – das soll Rückfragen der Apotheken in den Praxen ersparen. Prinzipiell eine sinnvolle Sache, mein liebes Tagebuch, die Verordnung wird dadurch eindeutig. Meint man. Und dann kommen nun Rezepte in der Apotheke an, in denen die PZN nicht mit dem verordneten Arzneimittel übereinstimmen? Wie geht das denn? Die Software-Firma verrät’s: Der Arzt kann den Text-Aufdruck händisch modifizieren und dabei wird die PZN nicht automatisch angepasst. Auweia. Das dürfte doch eigentlich nicht möglich sein, oder? Der Arzt würde freilich gewarnt, so die Software-Firma, wenn er eine Änderung vornehme. Aber übernehmen müsse er die Warnung nicht. Was nützt da die ganze schöne Datenverarbeitung, mein liebes Tagebuch? Und was bedeuten fehlerhaft ausgestellte Rezepte für die Apotheke? Retax, weil Ärzte schlampen? Laut Auskunft des LAV Ba-Wü bedeutet eine unklare Verordnung für die Apotheke: Rücksprache mit dem Arzt, und dann Korrektur der PZN mit Handzeichen und Datum. Bei Hochpreisern sollte die Apotheke vorsichtshalber auf eine Korrektur durch den Arzt drängen. Und wenn die PZN nicht aufgedruckt ist? Dann dürfen die Apotheken die Rezepte dennoch beliefern, ohne Retaxgefahr, so der LAV. Denn in den gültigen Lieferverträgen ist die PZN nicht gefordert.
Auch wenn es nicht sein Zuständigkeitsbereich ist: Die Debatte, die der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn über „Recht und Ordnung“ losgetreten hat, ist so verkehrt nicht: Er macht sich in einem Interview mit der Schweizer „Neue Züricher Zeitung“ Gedanken, wie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat verloren ging. Einige seiner Ministerkolleginnen und -kollegen kritisierten Spahn für seine Äußerungen, er solle sich lieber um andere Dinge kümmern. Aber Zuspruch erhielt er überraschenderweise vom Ex-Minister Gabriel, der ihm in einem Gastkommentar im Berliner Tagesspiegel teilweise zustimmt. Die Debatte sei richtig, mein Gabriel, doch Spahn schweige zu den Ursachen. So ist Gabriel überzeugt, dass den Bürgerinnen und Bürger nicht nur im Bereich der inneren Sicherheit ein präsenter Staat wichtig sei, sondern auch in anderen Bereichen. Zu den Aufgaben eines präsenten Staates gehöre auch die „angemessene Daseinsvorsorge“, meint Gabriel und ergänzt: „Wenn 20 Prozent der deutschen Gemeinden weder eine Schule, einen Hausarzt, eine Apotheke noch einen Laden oder auch nur eine Bushaltestelle haben, dann gehört das für die dort lebenden Menschen auch zum ‚Staatsversagen‘. Kein Wunder also, wenn ganze Landstriche die AfD zur stärksten politischen Kraft machen, weil nach Finanzamt, Amtsgericht, geburtshilflicher Abteilung nun auch das ganze Krankenhaus geschlossen werden soll.“ Mein liebes Tagebuch, hat Gabriel nachgedacht oder sieht er so manches – fern von einem Ministerstuhl – anders? Hat er etwa erkannt: Die Förderung der Rx-Versands trägt langfristig dazu bei, dass Apotheken vom Land verschwinden. Hallo, wie ist das mit dem präsenten Staat?
6 Kommentare
Liebes Tagebuch......
von Heiko Barz am 16.04.2018 um 11:39 Uhr
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Spahn
von Karl Friedrich Müller am 15.04.2018 um 19:29 Uhr
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... und der Rest (jetzt ohne emojies)
von Gunnar Müller, Detmold am 15.04.2018 um 14:11 Uhr
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Alles ausser ABDA ...
von Gunnar Müller, Detmold am 15.04.2018 um 13:56 Uhr
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"Zuständigkeiten"
von Dr.Diefenbach am 15.04.2018 um 13:06 Uhr
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El Pato
von Dr.Diefenbach am 15.04.2018 um 12:45 Uhr
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