Exportbeschränkungen

EU-Gesundheitsminister sprechen über Parallelimporte

Berlin - 25.05.2018, 11:15 Uhr

Bei einem Treffen in Bulgarien sprachen die EU-Gesundheitsminister über die Parallelimporte bei Arzneimitteln. (Foto: VAD)

Bei einem Treffen in Bulgarien sprachen die EU-Gesundheitsminister über die Parallelimporte bei Arzneimitteln. (Foto: VAD)


Ende April trafen sich im bulgarischen Sofia alle EU-Gesundheitsminister zu einem Gedankenaustausch über internationale gesundheitspolitische Themen. Nach Informationen von DAZ.online standen dabei auch die Parallelimporte im Fokus: Es ging darum, dass immer mehr Länder mit relativ niedrigen Arzneimittelpreisen gezwungen sind, Exportquoten für Arzneimittel einzuführen, weil andere Länder ganze Arzneimittelbestände aufkaufen.

Der Handel mit Arzneimitteln zwischen den einzelnen EU-Staaten nimmt zu. Hierzulande gilt sogar die Verpflichtung für Apotheker, dass mindestens 5 Prozent des Umsatzes mit importierten Arzneimitteln bestritten werden müssen. Schon seit Jahren steht die Importquote aber in der Kritik: Inzwischen haben sich sogar Kassen und Apotheker gemeinsam dafür ausgesprochen, die Quote abzuschaffen. Aus Sicht der AOK Baden-Württemberg handelt es sich hierbei um „Planwirtschaft und Marktdirigismus“, die Apotheker haben auch Sicherheitsbedenken.

Außerdem gibt es inzwischen Medienberichte, dass die massenhaften Exporte nach Deutschland in anderen Ländern, wie etwa Rumänien und Bulgarien, für Engpässe sorgen. Einem Bericht des Recherchenetzwerkes Correctiv aus dem vergangenen Jahr zufolge landet fast die Hälfte aller exportierten Arzneimittel in Europa in Deutschland. Und: In Rumänien soll es inzwischen eine lange Liste nicht lieferbarer Arzneimittel geben. Für jedes zweite Präparat auf dieser Liste soll ein Parallelimporteur eine Importzulassung besitzen.

Bei dem Treffen der EU-Gesundheitsminister am 22. und 23. April in Sofia kam dieser Missstand zur Sprache. DAZ.online liegt ein Nachbericht aus dem Bundesgesundheitsministerium zu dem Treffen vor, den das Ministerium inzwischen unter anderem an den Gesundheitsausschuss des Bundestages geschickt hat. In dem Bericht heißt es zum Thema Parallelimporte: „Die bulgarische  Präsidentschaft hat hier insbesondere die Schwierigkeiten angesprochen, die Mitgliedstaaten mit niedrigen Arzneimittelpreisen aufgrund des Parallelexports haben. Parallelexporte können aufgrund von Preisunterschieden zu Verknappung in der Arzneimittelversorgung  führen.“

Unterschiedliche Meinungen zur EU-Nutzenbewertung

Weiterhin heißt es in dem Bericht, dass inzwischen einige Mitgliedstaaten „in unterschiedlichem Ausmaß“ von Ausfuhrbeschränkungen Gebrauch machen, um den Export von wichtigen Arzneimitteln einzuschränken. Bulgarien, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, ist offenbar der Meinung, dass solche Instrumente auch weiterhin nötig sind: „Nach Einschätzung der Präsidentschaft brauchen die Mitgliedstaaten diese Instrumente, um Lieferengpässe bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln im eigenen Land verhindern zu können.“

Dem Bericht zufolge sprachen die Gesundheitsminister auch über die von der EU-Kommission geplante verpflichtende EU-Nutzenbewertung. Zur Erinnerung: Die Kommission hatte vor einigen Wochen einen Richtlinienentwurf veröffentlicht, nach dem für Arzneimittel und einige Medizinprodukte eine Nutzenbewertung auf EU-Ebene eingeführt werden soll. Die Beschlüsse sollen für alle Länder verpflichtend sein. Der Bundestag hatte daraufhin eine Subsidiaritätsrüge beschlossen.

Bei den EU-Gesundheitsministern scheint die Meinung zu dem Kommissionsentwurf offenbar unterschiedlich zu sein. Im BMG-Bericht heißt es: „Hier zeigten sich die unterschiedlichen Bewertungen zwischen den Ländern, die wie Deutschland und Frankreich bereits ein ausgebautes und gut funktionierendes HTA-System (HTA=Health technology assessment) haben, und denjenigen, deren Systeme noch im Aufbau sind. Die überwiegende  Zahl der Mitgliedstaaten kritisierte die verpflichtende Teilnahme der Mitgliedstaaten an der medizinischen Nutzenbewertung und die Verpflichtung, die Ergebnisse zu übernehmen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.