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Auftritt im Gesundheitsausschuss
Gesundheitspolitiker beschweren sich über EU-Gesundheitskommissar
Einmal im Jahr besucht der EU-Gesundheitskommissar den Gesundheitsausschuss des Bundestages, um über aktuelle und geplante Gesetzesvorhaben auf nationaler und EU-Ebene zu diskutieren. Beim heutigen Besuch des Litauers Vytenis Andriukaitis ging es in erster Linie um die heftig kritisierte Einführung einer europäischen Nutzenbewertung (HTA-Verfahren). Die Abgeordneten wollten vom Kommissar wissen, ob und wie der vorgelegte EU-Richtlinienentwurf geändert werde. Doch laut Union und Grünen machte Andriukaitis überhaupt keine gute Figur im Parlament.
Der Konflikt rund um die geplante Einführung der europäischen Nutzenbewertung geht in die nächste Runde: Vor einigen Monaten hatte das EU-Kommissariat für Gesundheit völlig überraschend einen Richtlinienentwurf vorgelegt, der die Vereinheitlichung der Nutzenbewertungen für Arzneimittel und viele Medizinprodukte in einem sogenannten HTA-Verfahren (Health Technology Assessment) vorsieht. Der Entwurf sieht weitgehende Änderungen vor: Die auf EU-Ebene getroffenen Beschlüsse zum Nutzen sollen verpflichtend in den EU-Ländern übernommen werden. Dem Bundestag gefiel das gar nicht: Fraktionsübergreifend erarbeitete die Politik eine sogenannte Subsidiaritätsrüge, die beschlossen und an die EU-Kommission geschickt wurde.
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Am heutigen Donnerstag bot sich den Parlamentariern erstmals die Möglichkeit den EU-Kommissar für Gesundheit in Person zu den Plänen zu befragen – auch um zu erfahren, ob die Beschwerde aus Deutschland ernst genommen werde. Doch der Auftritt löste bei einigen Gesundheitspolitikern Ernüchterung aus. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich sagte nach der Sitzung gegenüber DAZ.online: „Ich bin eigentlich ein Anhänger des Prinzips des europäischen HTA-Verfahrens. Schließlich bietet es mehr Rechts- und Planungssicherheit für die Hersteller; für die Bewertung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen haben wir eine breitere wissenschaftliche Basis und die Therapien innerhalb der EU werden ein Stück weit aneinander angeglichen.“
Hennrich weiter: „Leider nur ist Herr Andriukaitis kein Stück weit auf unsere Fragen und Sorgen rund um den Richtlinienentwurf eingegangen, was mich schon sehr enttäuscht.“ Hennrich erklärt, dass man dem Kommissar nochmals die vier Hauptbedenken mitgeteilt habe: „Da geht es erstens um die aus unserer Sicht fehlende Rechtsgrundlage – die EU greift aus unserer Sicht an dieser Stelle unberechtigterweise ins Gesundheitswesen ein. Zweitens wehren wir uns dagegen, dass die Nutzenbewertungen obligatorisch sind und kein Opt-Out möglich ist. Drittens soll auch die Nutzenbewertungsmethodik über einen Rechtsakt eingeführt werden – wir erfahren so keine Details darüber. Und viertens ist völlig offen, wie das Abstimmungsverfahren bei den Bewertungen ausgestaltet werden soll.“ Hennrich sagte, dass der EU-Kommissar „keinen dieser Punkte entkräften“ konnte.
Schulz-Asche: Kein erträgliches Gespräch
Ärger gibt es auch bei den Grünen. Auch die Grünen-Fraktion hatte sich der Subsidiaritätsrüge vor einigen Wochen angeschlossen. Und auch Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Arzneimittel in der Grünen-Fraktion, würde eine stärkere Europäisierung der Nutzenbewertungen von Arzneimittel grundsätzlich begrüßen: „In der EU ist Gesundheitspolitik Sache der Länder. Nichtsdestotrotz macht es Sinn, Harmonisierungen und Vereinheitlichungen dann herbeizuführen, wenn alle Versicherten und Patienten in Europa davon profitieren. Grundsätzlich unterstützen wir deshalb zum Beispiel die Idee einer europaweiten Nutzenbewertung, aber bei der Umsetzung muss dann eben ganz genau darauf geachtet werden, dass die Details auch kompatibel mit unserem Gesundheitssystem sind. Deshalb freue ich mich, dass Herr Andriukaitis heute zu Gast im Gesundheitsausschuss war, um diese Details zu diskutieren.“
So wie der CDU-Politiker Hennrich ist aber auch Schulz-Asche nicht zufrieden mit dem, was ihr am heutigen Donnerstag im Gesundheitsausschuss an Antworten geboten wurde: „Leider war das Gespräch nicht sehr erträglich. Viele strittige Punkte sind noch offen. Um am Ende aber erfolgreiche europäische Initiativen, auch im Gesundheitsbereich, zu haben, die dann auch von allen Mitgliedstaaten getragen werden, wird die Kommission auf die Bedenken der Länder viel intensiver eingehen müssen, als das bisher und heute der Fall war.“
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