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Halle/Sachsen-Anhalt
Wie ein Pfarrer den ersten weltweiten Arznei-Versandhandel gründete
Eine Ausstellung in Halle beleuchtet zurzeit die Hintergründe der ersten internationalen Versandapotheke. Von einem Waisenhaus in Halle aus, in dessen Gebäude sich heute noch eine Apotheke befindet, belieferte sie vor rund 300 Jahren weltweit Kunden. Dazu gehörten russische Zaren, wie auch nordamerikanische Siedler. Der Gründer, ein pietistischer Theologe, verstand es geschickt, den Medikamentenexport mit seinen missionarischen Zielen zu verbinden.
„Heil“ bedeutet bekanntlich nicht nur Gesundheit, sondern auch Erlösung und Ganzwerdung im religiösen Sinne. Diese Doppelbedeutung könnte den Theologen und Pädagogen August Hermann Francke (1663–1727) im Jahr 1704 zu folgende Zeilen inspiriert haben: „Arzeneyen in weit entlegenen Ländern […] vertreiben, so ist im geringsten nicht zu zweiffeln, daß durch dieselbige allenthalben der allerbequemste Eingang in die Gemüther und gleichsam eine Thür, die Seelen Gott zu zuführen, erlanget werden könnte“.
Apotheke von Beginn an Teil der Franckeschen Stiftungen
Am Anfang des Weges zum weltweiten Arznei-Versandhandel stand zunächst Franckes Idee vom Bau eines Waisenhauses im Jahr 1698 – ohne dafür finanzielle Mittel zur Hand zu haben. Mithilfe von Spenden und unerschütterlichem Gottvertrauen gelang es ihm, das Gebäude binnen zwei Jahren fertig zu stellen. Doch das sollte erst der Beginn seines Wirkens sein. In Jahrzehnte andauernder Bautätigkeit errichtete der fromme Gründervater eine revolutionäre Schulstadt um das Zentrum des Waisenhauses herum: Die Franckeschen Stiftungen. Zuweilen lebten hier bis zu 3000 Menschen und arbeiteten an einer christlich-pietistischen Gesellschaftsreform. Francke beflügelte dabei stets sein bibelfester Glaube, wie auch ein Gespür für lukrative Wirtschaftsunternehmungen.
So plante er von Anfang an eine Apotheke als „erwerbenden Betrieb“ mit ein. Die rasch florierende Offizin sicherte nicht nur das weitere Wachstum der Anstalten, sondern ermöglichte es Francke zugleich, die Bewohner kostengünstig mit Arzneimitteln zu versorgen. Bedürftige zum Beispiel erhielten von Anfang an unentgeltlich Medikamente in einer wöchentlichen Sprechstunde. Bald lag die Zahl der Versorgten bei mehr als 1000 Menschen pro Monat. Das brachte den Theologen vermutlich auf die Idee, den Heilmittelversand mit seinen gesellschaftlichen Reformzielen zu verbinden. In seinem „Großen Aufsatz“, schrieb er sechs Jahre später seine Gedanken zum internationalen Export von Arznei und Seelenheil nieder.
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