Cannabis-Legalisierung

FDP: Der Joint aus der Apotheke

Berlin - 22.06.2018, 14:40 Uhr

Kanada legalisiert Cannabis. Vorbildlich, findet die FDP. Die stellvertretende Bundesvorsitzende
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärt erneut, dass Konsumenten ihr Marihuana im Falle einer Legalisierung aus der Apotheke erhalten sollen. (Foto: Imago)

Kanada legalisiert Cannabis. Vorbildlich, findet die FDP. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärt erneut, dass Konsumenten ihr Marihuana im Falle einer Legalisierung aus der Apotheke erhalten sollen. (Foto: Imago)


In dieser Woche hat der Senat in Kanada entschieden, Cannabis zu legalisieren. Für die FDP-Bundestagsfraktion hat diese Entscheidung Vorbildcharakter, denn sie fordert in Deutschland ebenfalls das Ende der Prohibition. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann bestätigt nun Ihre Wahlkampf-Aussage, dass auch Apotheken Cannabis an Konsumenten abgeben könnten. 

Am vergangenen Dienstag fiel eine drogenpolitisch interessante Entscheidung:  Kanada gibt den Konsum von Cannabis frei. Richtig so, findet die FDP-Bundestagsfraktion. In einer Mitteilung erklärt die stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Die mutige Entscheidung des Abgeordnetenhauses und des Senats von Kanada, Cannabis zu legalisieren, beendet ein jahrzehntelanges unnützes Verbot.“

FDP: Kontrolliertes Kiffen mit Apothekenware

Nach Ansicht der Freien Demokraten ist die Verbotspolitik auch in Deutschland gescheitert. „Selbst der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert inzwischen die Freigabe von Cannabis. Diese würde nicht schaden, sondern im Gegenzug dazu führen, dass durch einen kontrollierten Verkauf von Cannabis in lizenzierten Shops bzw. Apotheken Konsumenten vor giftiger Mischware geschützt würden“, so Strack-Zimmermann.

Medizinalhanf

Cannabis auf Rezept

Wie diese „lizenzierten“ Geschäfte aussehen sollten, haben die Liberalen bisher nicht konkretisiert. Die Idee, dass Cannabis im Falle einer Legalisierung in Apotheken erhältlich sein soll, verfolgt die FDP konsequent seit dem Wahlkampf. So erklärte Strack-Zimmermann wenige Tage nach dem Einzug in den Bundestag gegenüber DAZ.online: „Warum nicht die Apotheken? Es wäre eine zusätzliche Umsatzquelle für die Apotheke und der Kunde wüsste, dass die Qualität stimmt, zumal die Apotheke Cannabis im medizinischen Bereich bereits abgeben darf.“

Drei Oppositionsparteien gegen Cannabis-Verbot

Inzwischen haben die Freien Demokraten ihre Vorstellungen zur Cannabis-Freigabe in einem Antrag formuliert. „Als ersten Schritt hat die FDP im Bundestag ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis beantragt. Hierzu wird es am 27. Juni 2018 eine öffentliche Anhörung geben“, erklärt der Hauptantragsteller und drogenpolitischer Sprecher, Dr. Wieland Schinnenburg, anlässlich der Legalisierung in Kanada in einer Pressemeldung.

Bei der Expertenanhörung in der kommenden Woche wird es nicht nur um den Antrag der Liberalen, sondern auch um die Initiativen der Grünen und Linken gehen. Dabei haben drei Fraktionen unterschiedliche Vorstellungen, wie mit Cannabis künftig umgegangen werden soll. Die Grünen im Bundestag haben ein Cannabis-Kontrollgesetz entworfen, das Konsum und Lieferkette regeln soll. Die Linken fokussieren sich in ihrem Antrag auf die Entkriminalisierung von Cannabis.

Grüne und Linke für Cannabis-Shops

Weder die Grünen noch die Linken betrachten die Apotheke als die geeignete Abgabestelle für Marihuana. So schlagen etwa die Linken vor, sogenannte Cannabisclubs einzurichten, bei denen für die Mitglieder angebaut wird. Nur Volljährige hätten Zugang und der Vorstand müsse seine Sachkunde für den Anbau von Cannabis nachweisen können. Der drogenpolitische Sprecher der Linken, Niema Movassat, erklärte dazu gegenüber DAZ.online: „Was einen Verkauf von Cannabis durch Apotheken ohne Rezept angeht: Da bin ich skeptisch. Apotheken sollten kein Drogentreffpunkt werden. Außerdem halten sich auch Kinder und Jugendliche in Apotheken auf.“

Auch die Grünen finden, dass es für den Jugendschutz besser ist, wenn Cannabis nicht in Apotheken verkauft wird. „Die kontrollierte Abgabe soll unter strengen Auflagen zum Jugendschutz in Cannabisfachgeschäften stattfinden. Kinder und Jugendliche hätten dazu keinen Zugang, das ist ein Vorteil gegenüber der Abgabe in Apotheken. Die Bedingungen von Cannabisfachgeschäften würden sich am Apothekenrecht orientieren“, begründete die drogenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Dr. Kirsten Kappert-Gonther gegenüber DAZ.online.

Mortler: „Legalisierungsdebatte ist schlicht und einfach falsch“

Die Union und die AfD haben bisher konsequent an der Cannabis-Prohibition festgehalten. Auch die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) erneuerte im Vorfeld des Weltdrogentags am 26. Juni ihre Haltung in einer Pressemeldung: „Die ständige Debatte um die Legalisierung führt in die falsche Richtung. Sie suggeriert gerade den Jüngeren, Cannabis sei eine ungefährliche Substanz – das ist schlicht und einfach falsch!“

SPD als Zünglein an der Waage

Ob die Cannabis-Legalisierung in dieser Legislaturperiode eine Chance hat, hängt unter anderem von den Sozialdemokraten ab. In der ersten Debatte Ende Februar zeigten sich die gesundheitspolitische Sprecherin Sabine Dittmar und der drogenpolitischer Sprecher Dirk Heidenblut offen gegenüber einer Lockerung des Verbots. Dittmar erklärte zudem gegenüber DAZ.online, dass sich bei der SPD etwas „bewege“. Wenn die SPD-Bundestagsfraktion die kommende Abstimmung allerdings nicht als Gewissensentscheidung freigibt, wird es voraussichtlich keine Mehrheit für eine Cannabis-Freigabe geben.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

BLÜTEN Standart

von Marius ortg am 17.08.2018 um 12:52 Uhr

Wenn man aus den Hanfpflanzen Stecklinge herstellt. In der gleichen Nährlösung, Gleiche Lichtmenge, Gleiche Erntezeit werden die Wirkstoffinhalte minimale Abweichungen haben. So eine Produktion ist sehr teuer. Damit wird ein sehr zuverlässiges Produkt hergestellt.
Auch bei den Medikamenten gibt es Schwankungen. Diese Wirkstoffe werden auch immer unterschiedlich von Körper aufgenommen. Was hat der Mensch heute getrunken und gegessen.
Das sind doch todschlagargumente.

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@Daniel Teuber: Dritte Option: Cannabisextrakt-Fertigarzneimittel

von Andreas P. Schenkel am 20.07.2018 um 13:28 Uhr

Herr Teuber, Sie haben recht mit Ihrer Beschreibung des Kostenübernahme-Problems, man kann das Verhalten der GKV nur mit Obstruktion gegenüber dem Gesetzgeber beschreiben.

Auch Ihre Ausführungen zu Patienten, die nur durch eine oder wenige spezifische Cannabisblüten-Sorten eine Heilung oder Linderung ihrer Gebrechen erfahren, sind zweifellos richtig. Allerdings sind die pharmazeutischen Blüten als solche nur so einigermaßen hinsichtlichtlich des THC- und CBD-Gehalts charakterisiert (wir meiden hier das Wort "standardisiert") und keineswegs ist derzeit zu gewährleisten, dass stets die selbe Zusammensetzung an Sekundärstoffen, insbesondere eine zumindest hohe zweistelle Anzahl an Terpenen, in jeder Charge oder gar jedem Erntejahr in den Blüten enthalten ist. Insofern halte ich die Zuschreibung einer pauschal besseren Wirksamkeit der Blüten gegenüber den definierten Einzelsubstanzen THC und CBD (welche ja doch die Hauptwirkstoffe der Cannabisblüten darstellen) für sehr fragwürdig, denn hier kommt es erheblich auch auf die jeweilige Indikation an. Pauschale Aussagen hierzu sind derzeit ohnehin nicht möglich, da über viele Jahre nur THC- und CBD-haltige Arzneimittel verabfolgt werden konnten und, wie von Ihnen dargelegt, die Forschung nur äußerst eingeschränkt bis kaum darstellbar möglich war.

Die Lösung wird über kurz oder lang die Synthese beider Arzneitherapie-Arten sein: Die Zubereitung mehrerer Fertigarzneimittel aus Extrakten mit spezifischen THC- und CBD-Gehalten und eng spezifizierten Terpen-Fingerprints oder gar Terpen-Spezifikationen mit Einzelgehalt-Schranken. So hätte auch der einzelne Patient in (hoffentlich) naher Zukunft die stetige Gewähr gleichbleibender Zusammensetzung und auch Wirksamkeit.

Die heutige Verabreichung von Pflanzenteilen mit hochwirksamen Inhaltsstoffen erinnert jeden zeitgenössischen Pharmazeuten an Pharmazie des Spätmittelalters bzw. der Frühneuzeit: Keineswegs nutzlos, jedoch anachronistisch. Ein pharmazeutischer Fortbildungsreferent sagte jüngst sinngemäß, der Gebrauch der Cannabisblüten sei in etwa so, als bevorzuge man zur Behandlung der Herzinsuffizienz die nicht ungefährliche Zubereitung eines Tees aus den Blättern der Fingerhut-Pflanze anstatt der Einnahme einer gehaltsstandardisierten einnehmbaren Arzneiform.

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Wie wäre es stattdessen mit Cannabis-Clubs?

von Andreas P. Schenkel am 24.06.2018 um 23:24 Uhr

Die Apotheke ist der richtige Ort für die Abgabe von medizinischem Cannabis, wobei meiner Meinung nach als Regelfall das standardisierte Tetrahydrocannabinol, das von uns in eine Arzneiform eingearbeitet wurde, zur Anwendung kommen sollte und die Cannabisblüten einen weitaus selteneren Sonderfall darstellen mögen.

Nebenbei: Etwas mehr Evidenz wäre nicht schlecht, vor allem wohl auch für die Verordner, aber die gibt es eben nicht über Nacht, wenn das Kraut über Jahrzehnte so sehr (sicherlich zu Unrecht) verteufelt wurde und selbst die universitäre Forschung nur unter großen Mühen darstellbar war.

Aber Cannabis zu Genusszwecken sollte aus prinzipiellen Gründen vom medizinischen Gebrauch, dargestellt über Arzt und Apotheker, strikt abgetrennt sein. Cannabis-Patienten verabreicht man ihre Medizin nicht zum Spaß, sondern zur Linderung teils extremer Leiden. Falls sich die Gesellschaft, vertreten durch die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, zu einer Legalisierung des Konsums entschlösse, ließe sie hierbei die Apotheken als Abgabestelle hoffentlich außen vor.

Vorteilhafter empfände ich die Gestattung des Konsums ausschließlich in den Räumen zu errichtender Cannabis-Clubs mit Mitgliedschaft und Zutrittskontrolle. Damit wären auf schwermetallverseuchten Brachen gezogene Cannabispflanzen und gestreckte Ware sehr viel unwahrscheinlicher als heute und der Konsum fände in einem sicheren Rahmen statt, was ich wichtig fände, da ja in seltenen Fällen der Konsum auch schon mal bei prädisponierten Konsumenten zu Psychosen führen kann, was dann im Idealfall dann leichter auffällt.

Prohibition, egal bei welcher Substanz, ist immer zweischneidig, und der Hinweis von Frau Mortler, dass Cannabis-Gebrauch auch Risiken birgt, ist im Bewusstsein vieler Freigabe-Befürworter wohl eher nicht so richtig präsent. Auch der Cannabis-Verkauf in der Apotheke zu Konsumzwecken würde möglicherweise eine so nicht zutreffende Risikofreiheit suggerieren und sollte auch deshalb unterbleiben.

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AW: Wie wäre es stattdessen mit Cannabis-

von Daniel Teuber am 26.06.2018 um 22:25 Uhr

Die Blüten sollten eine geringere Rolle spielen?
Standardisiertes Dronabinol versorgt einen wesentlich kleineren Patientenkreis mit ausreichender Linderung als es bei den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Blüten möglich wäre. Cannabis enthält mehrere Hundert Wirkstoffe, die größtenteils kaum erforscht sind, aber die Wirkung einer Sorte ausmachen.
Auch seit der Gesetzesänderung findet hierzulande kaum Forschung statt. Es lohnt sich nunmal nicht aus ökonomischen Gründen. Dazu kommt, dass Dronabinol als Rezeptursubstanz vom Hersteller in Fachkreisen massiv beworben wird, während die Blüten mit hanebüchenen Argumenten in ein schlechtes Licht gerückt werden.
Ich selbst bin Cannabis-Patient und bekomme zum Glück die Blüten. Da ich schon mehrere Sorten ausprobiert habe, kann ich mich nur in den Kanon der Patienten einreihen, die auf Blüten schwören. Nicht alles hängt vom THC- und CBD-Gehalt ab. Es gibt beispielsweise Sorten, die eher aktivierend wirken, den Geist anregen usw., während andere Sorten das genaue Gegenteil bewirken; und zwar völlig unabhängig vom THC- und CBD-Gehalt.
Hier spielen u. a. die Terpenprofile der Blüten eine Rolle, die komplexe Verbindungen mit dem THC eingehen.
Wer standardisiertes THC möchte, soll es auch bekommen. Die 1. Wahl des Mediziners sollten jedoch die Blüten sein. Natürlich müssten sich die meisten Ärzte zunächst fortbilden, um die Wirkungsprofile der unterschiedlichen Sorten ermitteln zu können.
Vor diesem Hintergrund ist es übrigens für Patienten mit Kostenübernahme der KK eine Zumutung, den Antrag auf Kostenübernahme bei jeder Sorte erneut stellen zu müssen. Es kann nunmal etwas dauern, bis man die richtige Sorte entdeckt hat.

JAAA!!!!!!!!!!!!!!!!!

von JAAAAAAAA!!!!!!!!!!!!!!!!! am 24.06.2018 um 0:08 Uhr

JA!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

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AW: JAAA

von Nergis am 11.07.2018 um 23:34 Uhr

Made my night

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