Studie

Depressionen: Schlaflos durch Antidepressiva?

Berlin - 05.07.2018, 07:00 Uhr

Eigentlich sollen Psychopharmaka auch dabei helfen, zur Ruhe zu kommen. Klagen Patienten über durchwachte Nächte unter Antidepressiva, sollten Apotheker hellhörig werden. (c / Foto: Imago)

Eigentlich sollen Psychopharmaka auch dabei helfen, zur Ruhe zu kommen. Klagen Patienten über durchwachte Nächte unter Antidepressiva, sollten Apotheker hellhörig werden. (c / Foto: Imago)


Schlaf und Psyche hängen eng zusammen. Und Patienten mit psychischen Problemen erhoffen sich von ihrer Behandlung unter anderem, nachts wieder Ruhe zu finden. Laut einer aktuellen Studie können Psychopharmaka auch das Gegenteil bewirken. So wurden unter den fünf meistverordneten Antidepressiva Schlaflosigkeit als Nebenwirkung berichtet.

„Das kann Sie müde machen“ – dieser Satz begleitet häufig die Apothekenberatung zu Psychopharmaka. Wen depressive Gedanken nachts wach halten, für den wäre dieser Nebeneffekt sogar förderlich. Doch bei einigen Patienten könnte das Gegenteil der Fall sein, wie eine aktuelle Studie zeigt. Den Ergebnissen zufolge, die in der Fachzeitschrift „Fortschritte Neurologie-Psychiatrie“ erschienen sind, verursachen insbesondere Antidepressiva häufig Schlafstörungen und auch Albträume.

Schlafstörungen bei drei Viertel der Psychopharmaka

Bei dieser Analyse haben die Autoren zunächst anhand des Arzneiverordnungsreports 2016 die Psychopharmaka identifiziert, die in Deutschland am häufigsten verordnet werden. Dann haben die Wissenschaftler die entsprechenden Fachinformationen ausgewertet, ob die Arzneistoffe Schlafstörungen, Schlaflosigkeit oder Albträume und sonstige schlafbezogene Störungen wie etwa Restless-Legs-Syndrom verursachen.

In 78 Prozent der 64 untersuchten Fachinformationen war mindestens eine unerwünschte Arzneimittelwirkung aufgelistet, die den Schlaf beeinträchtigt. Bei etwa einem Fünftel der Psychopharmaka wurden schlafbezogene Bewegungsstörungen berichtet. Schlafbezogene Atmungsstörungen oder Hypersomnien zentralnervösen Ursprungs waren selten – zu 6 beziehungsweise 5 Prozent – aufgeführt. Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen wurden nicht gefunden.

Citalopram: Schlaflosigkeit „sehr häufige" Nebenwirkung

Den Fachinformationen zufolge, war jedes zweite untersuchte Medikament potenziell mit Schlaflosigkeit verbunden. Insbesondere bei den Antidepressiva scheint diese Nebenwirkung häufiger vertreten zu sein. So finden sich in den Fachinformationen der fünf verordnungsstärksten Wirkstoffe Citalopram, Venlafaxin, Mirtazapin, Sertralin und Amitriptylin Schlaflosigkeit als unerwünschte Arzneimittelwirkung. Bei Citalopram, der am häufigsten verschriebenen Substanz, wurde darüber „sehr häufig“ – also bei 10 bis 100 Prozent der Fälle – berichtet. Auch das enantiomerenreine Escitalopram ist betroffen. Außerdem traten Albträume oder ungewöhnliche Trauminhalte in den Produkttexten aller fünf Arzneimittel auf.

Schlafbezogene Nebenwirkungen ernst nehmen

Bei der Behandlung mit Antidepressiva handelt es sich um eine langfristige Therapie, die mehrere Monate bis Jahre dauern kann. Eine schlechte Verträglichkeit beeinträchtigt die Therapieadhärenz. In der Beratung sollten Apotheker neben einer möglichen Gewichtszunahme oder sexuellen Dysfunktionen auch die Auswirkungen auf den Schlaf im Hinterkopf behalten. Klagt ein Patient etwa über durchwachte Nächte unter Citalopram, ist dieses Symptom vielleicht nicht nur auf seine Grunderkrankung zurückzuführen.

Da ein guter Schlaf auch zur psychischen Stabilisierung beiträgt, sollten Apotheker Medikamenten-assoziierte Schlafstörungen Ernst nehmen und gegebenenfalls mit dem Verordner über einen Substanzwechsel sprechen. Zwar steht bei näherer Betrachtung in fast allen Fachinformationen zu Antidepressiva eine schlafbezogene Nebenwirkung. Patienten reagieren jedoch individuell auf die verschiedenen Substanzklassen, weshalb ein Switch dennoch hilfreich sein kann.

Schlafmittel: fester Schlaf mit Albträumen?

Auch Schlafmittel können unerwünschte Begleiterscheinungen mit sich bringen, die Patienten nicht erwarten. So können fast alle verschreibungspflichtigen Substanzen Albträume verursachen. Bei dem meistverordneten Wirkstoff Zopiclon treten diese sogar „häufig“, also bei 1 bis 10 Prozent der Patienten, auf.

Es ist allgemein bekannt, dass Benzodiazepine und Z-Substanzen nur kurzfristig angewendet werden sollen, weil sie abhängig machen können. Und auch das Nebenwirkungsprofil spricht dafür, lieber früher als später zu einem medikamentenfreien Schlaf zurückzukehren. Denn verschreibungspflichtige Hypnotika beeinflussen ohnehin schon die Schlafphasen und können dadurch die nächtliche Erholung beeinträchtigen. Kommen dazu noch Albträume, verstärken diese das Gefühl, schlecht geschlafen zu haben.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Abolute Abhängigkeit von Seroquel

von Mario KOller am 24.01.2019 um 20:24 Uhr

HalloSabrina.Danke dir.Ich versuche noch einpaar Tage zu überleben aber mein Leben geht zu Ende.Die Tabletten machen mich fix und fertig.
Vom Arbeitsamt aus wollen sie das ich wieder arbeiten.Die spinnen total das lasse ich nicht zu.

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Auch schlaflos

von Merwe B am 06.01.2019 um 22:06 Uhr

Auch ich habe Probleme mit dem Schlaf zeitgleich mit der Einnahme von AD bekommen.
Bereits vor neun Jahren erhielt ich zunächst Fluoxetin. Probleme mit dem Einschlafen und Durchschlafen waren eigentlich zuvor eine Seltenheit trotz Depression. Seit Einnahme dann gefühlt mehr Wachsein als Schlaf, sehr häufige bewusste Wachphasen und sehr intensive Albträume. Damals habe ich die Therapie schließlich nach drei Monaten abgebrochen.
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Seit kurzem erhalte ich zusätzlich Seroquel und das macht es nur noch schlimmer, da ich davon noch am Einschlafen gehindert werde (davon kribbeln mir die Arme wie verrückt).
Es fällt mir sehr schwer, bei meiner starken Depression diese Medikation weiter zu befolgen, da ich mich mittlerweile zu gar nichts mehr imstande fühle dank Erschöpfung.

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AW: Auch schlaflos

von Katrin am 02.04.2019 um 13:16 Uhr

Hi Merwe, ich habe gerade Sertralin abgesetzt, habe davor auch ein Jahre lang 50mg Sertralin genommen. Anfangs habe ich es Abends genommen, da konnte ich dann zwar einschlafen, war aber jede Nacht spätestens um 2.30h wach, und das war's dann mit dem Schlaf. Habe dann angefangen das Sertralin statt Abends gleich morgens nach dem Aufwachen zu nehmen - und von dem Tag an waren die Schlafprobleme weg. Vielleicht probier das mal? LG

Schlafwachrythmus durch Trimipramin irrelevant durcheinander

von Koller Mario am 10.12.2018 um 13:42 Uhr

Wegen Schlafstörungen unter einer vorher nicht bekannten Schlafapnoe würde mir Trimipramin verabreicht mit schwersten gravierenden unmenschlichen Nebenwirkungen.Es hat meinen Einschlafmechanismus zerstört.Ich bin jetzt abhängig von sedierenden Psychopharmaka.Sprich ich durchlebe die Hölle als lebender Toter.Alles zerstört durch dieses Mistdreck Medikament wenn man es als solches bezeichnen kann.Mein Leben ist nur noch eine Farce.Der Pharma Industrie gehört verboten Psychoparmaka nur unter strengster Auflage erlaubt zu produzieren.Ich bekomme nun Neuroleptika damit ich überhaupt schlafen kann.Diese Arzneimittel so der grösste Arzneimittelskandal des 20.Jahrhunderts seit dem Conterganskandal.!!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Schlafwachrythmus durch Trimipramin

von Sabrina Hehli am 21.01.2019 um 12:06 Uhr

Hallo

Ich fühle mit dir. Mir wurde Surmontil seit letztem April 2018 verschrieben. Ich nahm durchschnittlich 15 Tropfen davon. Maximal mal 40. Das Medikament hat meinen Schlafrhythmus total zerstört. So bekam ich das Medikament, da ich an massiven Schlafstörungen litt durch die Depression. Ich habe das Medikament nun innersten 1 Woche abgesetzt. Ich hatte schon 2 3 Nächte, wo ich wieder richtig tief und erholsam geschlafen habe, wenn auch nur 2 bis 3 h. Doch solch einen Tiefschlaf hatte ich während des Medis nicht mehr, auch wenn ich dank dem Surmontil 7h schlafen konnte mit Unterbruch. Ich fühle sehr mit dir..

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