„Behördenversagen“

Bund und Land NRW sehen trotz Zyto-Urteil keinen weiteren Handlungsbedarf

Karlsruhe - 13.07.2018, 10:20 Uhr

Weder in Berlin beim BMG noch in Düsseldorf sieht man bezüglich der Apothekenüberwachung akuten Handlungsbedarf. (b / Foto: dpa)

Weder in Berlin beim BMG noch in Düsseldorf sieht man bezüglich der Apothekenüberwachung akuten Handlungsbedarf. (b / Foto: dpa)


Lauterbach will Zyto-Herstellung in Kliniken

Der Skandal und die  Apothekenüberwachung sind auch Thema im Bottroper Stadtrat. Die dortige Fraktion der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) zeigt sich in einer Pressemitteilung mit dem Strafmaß für Peter S. zufrieden – und verweist gleichzeitig auf die Probleme bei der kommunalen Apothekenaufsicht. „Wir haben hier schon vor geraumer Zeit Akteneinsicht genommen und waren über das Vorgefundene mehr als unzufrieden“, sagt Fraktionsvorsitzende Marianne Dominas.

Bislang übernahm aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung der Kreis Recklinghausen die Apothekenüberwachung für Bottrop. Aufgrund des Skandals lösten die Gemeinden dieses Konstrukt nun auf und installierten jeweils eigene Amtsapotheker. Dies habe sich in Gesprächen mit der Verwaltung „als zwingend notwendig“ herausgestellt, schreibt die ÖPD Bottrop. „Aber es bleibt dabei, dass es weitere Gesetzesänderungen geben muss und wir kommunal auch darauf achten müssen, ob die neu konzipierte Apothekenaufsicht nun wirksam genug ist, um solche kriminellen Aktivitäten in Zukunft zu verhindern“, sagt Dominas. „Wir mussten erkennen, dass die Apothekenaufsicht in unserer Stadt versagt hat, aber wir haben bislang keinerlei Anhaltspunkte für eine vorsätzliche schuldhafte Verstrickung innerhalb der Verantwortlichen in der Stadtverwaltung.“

Ihre Partei hält es darüber hinaus für zweckmäßig, dass die Zyto-Herstellung nur noch Universitäts-Kliniken erlaubt sein soll, „um die Möglichkeit einer persönlichen Bereicherung von Vornherein auszuschließen“. Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hatte sich schon im vergangenen Jahr für eine exklusive Herstellung in der Klinik ausgesprochen. „Dort herrscht ein Mehr-Augen-Prinzip, dort sind die Beschäftigten keine Selbstständigen, die Millionen-Gewinne damit machen, sondern Angestellte“, sagte er zur Herstellung in Kliniken. „Im Falle einer Übertretung wären sie auch anklagbar wegen Korruption.“ Dafür sprächen auch wichtige Qualitätsargumente.

Gegenüber dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag wiederholte er dies nun. „Das würde die Kontrollen erleichtern sowie die Anreize für Fehlverhalten senken“, sagte der SPD-Fraktionsvize am Mittwoch. Aufgrund der hohen Krankenhausdichte sei weiterhin eine lokale Produktion möglich. „Es gibt keine lukrativere Apotheke, als jene, die Chemotherapien herstellt“, sagte Lauterbach. Dass der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) diese „Einkommensperlen“ nicht schließen will, sei nachvollziehbar. Nach der Sommerpause wolle er im Gesundheitsausschuss des Bundestags dieses Thema diskutieren. Um verlorenes Vertrauen wiederherzustellen, sei das Wichtigste, dass sich die Apotheker überlegen, wie viel Selbstkontrolle möglich ist, sagte Lauterbach. „Ich würde mir wünschen, dass wir vonseiten der Apothekerkammer entsprechende Vorschläge präsentiert bekommen.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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