- DAZ.online
- News
- Politik
- Bund und Land NRW sehen ...
„Behördenversagen“
Bund und Land NRW sehen trotz Zyto-Urteil keinen weiteren Handlungsbedarf
Der Vorsitzende Richter beim Landgericht Essen hatte in seinem Urteil gegen den Zyto-Apotheker Peter S. den Fall auch als „Geschichte des Behördenversagens“ bezeichnet: Bei der Apothekenüberwachung sei die Verantwortung so aufgeteilt, dass sie am Ende niemand trage. Bundes- und Landesgesundheitsministerium wollen trotzdem nicht aktiv werden. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach will die Zyto-Herstellung hingegen in Kliniken verlagern.
Nachdem er den Bottroper Zyto-Apotheker wegen Unterdosierungen und Kassen-Betrugs zu zwölf Jahren Haft verurteilt und ein lebenslanges Berufsverbot ausgesprochen hatte, nahm der Vorsitzende Richter Johannes Hidding sich am vergangenen Freitag noch die Aufsichtsbehörden vor. Der Apotheker hätte nicht so lange so handeln können, wenn es eine wirksame Apothekenkontrolle gegeben hätte, sagte er. „Die Geschichte dieses Kriminalfalls ist auch eine Geschichte des Behördenversagens“, erklärte der Richter.
Auch die zuständige Amtsapothekerin hatte als Zeugin vor Gericht ausgesagt, dass es in den letzten Jahren nicht eine einzige wirksame Kontrolle der Apotheke von S. gegeben habe – als Grund wurden unter anderem Unklarheiten nach der Änderung der Apothekenbetriebsordnung genannt. Doch bei der Apothekenkontrolle seien alle Verwaltungsebenen beteiligt gewesen, sagte Hidding. „Die Verantwortung ist so aufgeteilt, dass sie am Ende niemand trägt.“
Mehr zum Thema
Urteil des Landgerichts Essen
Zwölf Jahre Haft und Berufsverbot für Bottroper Zyto-Apotheker
Zwölf Jahre Haft für Peter S.
Zyto-Prozess geht in Revision zum Bundesgerichtshof
Für das Arzneimittelgesetz (AMG) ist in Deutschland der Bund zuständig, die Überwachung ist in Länderhand. Auf die Frage, wie angesichts des Bottroper Skandals sowie des Richterspruchs die Apothekenüberwachung gesetzlich reformiert werden soll, sieht das Bundesgesundheitsministerium (BMG) keinen Handlungsbedarf. Die Apothekenüberwachung „richtet sich nach den bereits existierenden bundesweiten Vorschriften des Arzneimittelgesetzes“, schreibt das Haus von Minister Jens Spahn.
Danach müssen sich die zuständigen Behörden davon überzeugen, dass die einschlägigen Vorschriften beachtet werden. „Die jeweilige Behörde hat unter Berücksichtigung möglicher Risiken in angemessenen Zeitabständen und in angemessenem Umfang sowie erforderlichenfalls auch unangemeldet Inspektionen vorzunehmen“, erklärt eine Sprecherin. Dabei könne sie Auskünfte verlangen und Unterlagen über die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln einsehen – sowie Proben entnehmen. „Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, die Sache der Staatsanwaltschaft zuzuleiten, wenn sich bei der Überwachung des Arzneimittelverkehrs der Verdacht einer Straftat ergibt“, sagt sie.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.